Als Mediziner stehen für mich die Gesundheit von Mutter und Kind im Zentrum. Da liegt die Schmerzgrenze bei 45 Jahren. Sollte eine Schwangerschaft medizinisch unbedenklich sein, könnte man darüber reden. Aber eine solche Befruchtung wäre nur mit einer Eizellenspende möglich, was in der Schweiz immer noch verboten ist.
Sie sagen «noch verboten». Würden Sie die Eizellenspende im Kinderwunschzentrum anbieten, wenn sie legal wäre?
Wenn ich medizinisch dahinterstehen kann, dann ja. In der Schweiz gibt es aber auch ein Gesetz, das besagt, die Eltern müssen statistisch gesehen die Volljährigkeit ihrer Kinder noch erleben können. Generell muss man sich bewusst sein, dass sich die Lebensläufe der Frauen verändert haben. Heute machen sie Karriere und bekommen dann Kinder, warum sollten wir ihnen die Chance auf eine Mutterschaft nicht geben?
Aber bei einer Eizellenspende wäre das Kind genetisch gar nicht mit der werdenden Mutter verwandt, warum also nicht adoptieren?
Es wäre verfehlt, das leibliche Kind rein auf die Genetik zu reduzieren. Eine werdende Mutter liebt ihr Kind genauso, wenn es fremde Gene hat, weil es vom ersten Moment an in ihr heranwächst.
Wenn die Gene keine Rolle spielen, kann ich mir dann im Kinderwunschzentrum ein Mädchen mit blauen Augen und schwarzen Haaren wünschen?
Das ist naiv und entspricht höchstens unserer heutigen Shoppingmentalität: Man geht hin und wählt aus. Vom Baby-Shoppingcenter ist die Medizin noch weit entfernt und das wäre für mich ethisch nicht vertretbar. Allerdings macht die Medizin unweigerlich Fortschritte und die Gesellschaft in 20, 30 Jahren wird über die ethische Vertretbarkeit sprechen müssen. Wichtig ist es, dass diese Diskussion in einem offenen Klima geführt wird.
Was ist mit dem Wunsch nach einem Jungen oder Mädchen?
In der Schweiz ist das verboten, weil es zu einem Ungleichgewicht führen kann. In Indien oder China sieht man, welche Probleme so ein Ungleichgewicht auslöst. Deshalb bin ich persönlich auch gegen diese Selektion.
Inzwischen lassen sich beim Fötus unzählige Erbkrankheiten feststellen, werden im Kinderwunschzentrum fehlerhafte Föten getötet?
Passen Sie auf mit Ihrer Wortwahl. «Töten» hat einen Beigeschmack, als würde man jemanden mit dem Messer erstechen. Wir lassen einfach nicht zu, dass sich solche Föten entwickeln können.
Einverstanden, aber ein Fötus ist ein menschliches Wesen, das sich nicht wehren kann.
Wissenschaftlich betrachtet ist ein Fötus ab dann ein menschliches Wesen, wenn Hirnaktivitäten einsetzen. Das ist in der zwölften Woche der Fall. Für mich ist das eine akzeptable Grenze.
Dann werden Sie am 9. Februar die private Abtreibungsfinanzierung ablehnen?
Ja, denn man verhindert keine einzige Abtreibung, nur weil die Kosten nicht mehr von der Grundversicherung übernommen werden. Man vergrössert höchstens das Leid jener Frauen, die ohnehin schon in einer schwierigen Situation sind. Meine Aufgabe als Mediziner ist es, der notleidenden Person zu helfen.
Sie scheinen an den Hippokratischen Eid der Ärzte mehr zu glauben als an die Jungfräulichkeit der Jungfrau Maria.
Interessant (lacht). Sie sprechen den Glauben an. Ich neige dazu, solche Fragen wissenschaftlich zu betrachten. Als Mediziner sage ich, das ist nicht möglich.
Sie sind jetzt 67 Jahre alt und eigentlich pensioniert. Weshalb jetzt noch mit dem ganzen Kinderwunschzentrum weiterziehen?
So weit ist es ja bis zum Täfernhof nicht. Aber am neuen Ort werden wir wesentlich mehr Platz haben, vor allem für die Privatsphäre der Paare. Und technologisch gehören wir dann zu den führenden Kinderwunschzentren der Schweiz.
Und persönlich?
Persönlich fühle ich mich immer noch topfit. Und wenn ich von heute auf morgen meine Chirurgen-Hände nicht mehr gebrauchen dürfte, wäre das, als ob man einem Violinisten die Geige nimmt.