Baden
Rechte zieht Schulden- und Ausgabenbremse und will Steuerfuss einfrieren

Der Stadtrat bekommt es mit der neuer Motion «Ausgaben- und Schuldenbremse» unter dem Titel «Die Stadt Baden auf dem Weg in eine schuldenfreie Zukunft» zu tun.

Roman Huber
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10,5 Mio. Franken betrug der Ertragsüberschuss der Stadt Baden im Jahr 2015. Damit liessen sich bei 1% Zins und einer Abschreibung auf 35 Jahre Investitionen von 230 Mio. Franken abschreiben und verzinsen. Bei 2% Zins wären es nur noch 190 Mio.

10,5 Mio. Franken betrug der Ertragsüberschuss der Stadt Baden im Jahr 2015. Damit liessen sich bei 1% Zins und einer Abschreibung auf 35 Jahre Investitionen von 230 Mio. Franken abschreiben und verzinsen. Bei 2% Zins wären es nur noch 190 Mio.

Philippe Ramseier und Mitunterzeichnende haben am 29. Juli 2014 eine Motion für eine Schulden- und Ausgabenbremse unter dem Titel «Die Stadt Baden auf dem Weg in eine schuldenfreie Zukunft» eingereicht. Sie wurde im März 2015 – auf Antrag des Stadtrates – überwiesen. Die Vorlage, die der Einwohnerrat im März behandelte, wurde versenkt. Den bürgerlichen Parteien war die Bremse zu dürftig, die Linksparteien lehnten eine Bremse generell ab.

Damals kündigte Motionär Philippe Ramseier (FDP) bereits einen zweiten Anlauf an. Zusammen mit den Mitunterzeichnenden Mark Füllemann (FDP, Präsident der Finanzkommission), Karim Twerenbold (CVP) und Daniel Glanzmann (SVP) hat er nun eine neue Motion eingereicht. Unter dem Titel «Für eine nachhaltige und gesunde Finanzpolitik in der Stadt Baden» beauftragen sie den Stadtrat, eine Ausgaben- und Schuldenbremse auszuarbeiten. Sie soll sicherstellen, dass die gesetzlichen Abschreibungen der Investitionen und die Verzinsung des Fremdkapitals ohne Steuererhöhung möglich sind. Anders ausgedrückt: Die Summe von Abschreibungen und Zinsen auf dem Fremdkapital müssen mit dem Ertragsüberschuss der laufenden Rechnung gedeckt werden können. Und nochmals anders ausgedrückt: Eine Steuerfusserhöhung gibt es nicht.

Massive Folgen für Investitionen

In Zahlen heisst das: Bei einer Abschreibung einer Investition von 1 Mio. Franken über 35 Jahre (3,5%) und einem aktuellen Hypothekarzinssatz von 1 Prozent ergibt sich für eine investierte Million ein jährlicher Aufwand von 4,5 Prozent oder 45 000 Franken. Der Ertragsüberschuss der Gesamtrechnung 2015 betrug 10,5 Mio. Franken. Damit kann laut der Forderung der Motionäre die Stadt Baden eine Schuldenlast von total 233 Millionen finanzieren (Abschreibungen und Zinsen). Bei den bereits bewilligten Investitionen im Umfang von 120 Mio. Franken (Kurtheater, Schulhausplatz usw.) bleibt also noch ein maximaler Spielraum von 110 Mio. Franken für weitere Investitionen. Das wiederum bedeutet, dass unter den derzeitigen Verhältnissen allein schon das Sekundarstufenzentrum diesen Spielraum ausfüllt. Folglich wären keine weiteren Investitionen mehr möglich, was heisst, dass im konkreten Fall die Sanierung der Burghalde 1 vorerst gar nicht ausgeführt werden könnte.

Baden: Entwicklung der Schulden pro Einwohner in Franken.

Baden: Entwicklung der Schulden pro Einwohner in Franken.

Kaum auszudenken sind die Konsequenzen, wenn sich die Zinslandschaft bewegen würde: Bei 2 Prozent Zins käme der Spielraum bei 10,5 Mio. Franken Ertragsüberschuss noch auf 190 Mio. Franken zu liegen. Damit würde der Spielraum noch 70 Mio. Franken betragen, womit das Sekundarstufenzentrum vertagt werden müsste.

«Es fehlt ein griffiges Instrumentarium zum Masshalten bei den Ausgaben», erklärt Philippe Ramseier. Der Stadtrat schlug zwar in der Vorlage im März eine «Abbremszone» vor, wollte sich aber den finanzpolitischen Spielraum nicht einschränken lassen. Er begründete dies damit, dass mit einer zu restriktiven Ausgabenpolitik und Investitionstätigkeit öffentliche Aufgaben vernachlässigt oder gar gestrichen werden müssten.

Steuerfuss als Tabu-Thema

Konkret wollen Motionär und Mitunterzeichner folgenden Ansatz festgeschrieben haben: «Es muss garantiert sein, dass der Überschuss der laufenden Rechnung (ohne Abschreibungen und Zinsen) diesen Betrag immer decken kann, auch bei steigenden Zinssätzen.» Um investieren zu können, muss das Rechnungsergebnis also über null liegen. Umgekehrt: Bei einer schwarzen Null oder einem Aufwandüberschuss dürfte der Stadtrat im Budget keine Investitionen vorlegen. Selbst vom Einwohnerrat oder Stimmvolk im Vorjahr genehmigte Bauprojekte, die verschoben werden mussten, dürften nicht angegangen werden.

Bis 8500 Franken pro Kopf möglich

Damit die Forderung, Abschreibungen und Zinsen müssten ohne Steuerfusserhöhung durch den Ertragsüberschuss gedeckt sein, garantiert erfüllt werde, brauche es eine Abbremszone, heisst es in der Motion. Tritt die Rechnung in die Abbremszone, müsste der Stadtrat mit dem folgenden Budget die Ausgaben vermindern und Investition verschieben, damit die Abbremszone wieder verlassen wird, «ohne den Steuerfuss zu erhöhen». Für die Motionäre ist klar, dass alle Massnahmen eine gewisse Zeitspanne brauchen, bis sie wirken. Sie schlagen vor, dass die Abbremszone bei einer Pro-Kopf-Verschuldung der Stadt von 3500 Franken beginnen soll. «Das Gemeindeinspektorat empfiehlt dieses Maximum», so die Begründung im Motionstext. Bei einem Zinsanstieg müsste jedoch die Abbremszone neu evaluiert werden.

Die Grenze von 3500 Franken stellte der Stadtrat bereits in der Debatte im März infrage, stelle die Zahl doch eine Grösse dar, die für eine durchschnittliche Gemeinde gelten mag. Eine finanzstarke Stadt, die über einen hohen Anlagewert verfügt, verkraftet laut Stadtrat auch eine massiv höhere Pro-Kopf-Verschuldung. Bei der Stadt Baden sei laut Finanzspezialisten sogar eine Summe bis zu 8500 Franken tragbar über eine kurze Zeitspanne.

Wenn es um den Steuerfuss geht, erinnert der Stadtrat jeweils an sein Statement anlässlich der Einwohnerratsitzung vom Oktober 2008, als er das erste Budget mit dem von 100 auf 95 Prozent reduzierten Steuerfuss präsentierte. Der damalige Stadtammann Stephan Attiger betonte: «Der Stadtrat ist bereit, wenn nötig eine höhere Verschuldung vorübergehend einzugehen oder wenn nötig den Steuerfuss wieder anzuheben.» Doch davon wollen die bürgerlichen Parteien nichts mehr wissen, im Gegensatz zu den andern Parteien, die am liebsten schon jetzt den Steuerfuss erhöhen würden. Kommentar rechts