Bezirksgericht Baden
Rechthaberei kommt Chihuahua-Herrchen teuer zu stehen

Wer nicht hören will, muss zahlen: Ein Chihuahua-Besitzer, der vor dem Bezirksgericht Baden stand, kommt Rechthaberei und Sturheit teuer zu stehen.

Rosmarie Mehlin
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Der Chihuahua-Halter muss über 1000 Franken für Gerichts- und Verfahrenskosten bezahlen. (Symbolbild)

Der Chihuahua-Halter muss über 1000 Franken für Gerichts- und Verfahrenskosten bezahlen. (Symbolbild)

Keystone

Es war noch dunkel, morgens um 7.30 Uhr an jenem Dezembertag 2016. Wie oft auf den täglichen Frühspaziergängen mit seinem Chihuahua begegnete Herr König der Frau Schmid (Namen geändert) und ihrem Riesenschnauzer. Sie führte ihren Maxi-Vierbeiner an der Leine, er liess seinen Mini frei laufen. «Ich brauche nie eine Leine, er gehorcht mir aufs Wort. Aber die Begegnung mit Frau Schmid war jedes Mal ein Spiessrutenlaufen», erklärte König vor dem Bezirksgericht Baden. Dort war der toughe 72-Jährige gelandet, weil er einen Strafbefehl nicht akzeptiert hatte.

Das Treffen zwischen König und Schmid, respektive Mini und Maxi, war an jenem Morgen unfriedlich verlaufen. Der Chihuahua sei – laut Frau Schmid – bellend auf ihren Riesenschnauzer zugerannt, und der habe zurückgebellt. «Das stimmt überhaupt nicht», polterte König, sein Hund habe überhaupt nicht gebellt. Vielmehr sei er – zweifellos aus Angst – kurzzeitig in den Nebel hinein davongesaust. «Ich habe den Riesenschnauzer daraufhin einen ‹verdammten Sauköter› genannt.» Dass König die «Schlötterli» mit einer Geste unterstrich, war ihm schlecht bekommen: Der Maxi biss zu.

König musste seine blutende Hand im Spital behandeln lassen. Wegen einfacher Körperverletzung erstattete er Strafanzeige bei der Polizei; Frau Schmid ihrerseits eine solche, weil König sie bedroht habe. Dem involvierten Polizisten gelang es jedoch, die beiden Kontrahenten zur Vernunft zu bringen: Beide zogen ihre Anzeigen zurück. Der Polizeirapport aber nahm seinen Weg zur Staatsanwaltschaft, wo eine Assistenzstaatsanwältin hinter dem Vorgefallenen eine Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz witterte: Weil König seinen Hund «wissentlich und willentlich frei laufen liess, obwohl er ihn infolge der Dunkelheit nicht beaufsichtigen und kontrollieren konnte» wurde das Chihuahua-Herrchen per Strafbefehl zu 80 Franken Busse plus Gebühr und Auslagen zu – summa summarum 309.40 Franken – verknurrt.

60 Kilo schwer und mehr

Er habe seit 50 Jahren Hunde. «Es waren immer grosse Tiere, 60 Kilo schwer und mehr. Den Chihuahua habe ich von meiner Tochter ‹geerbt›», erklärte er Einzelrichter Peter Rüegg. Beleidigt erwähnte er, Frau Schmid habe sich nach dem Biss nie nach seinem Befinden erkundigt, und fügte triumphierend an, dass sie «jetzt mit einer Peitsche spazieren geht, weil sie den Brocken ja kaum halten kann».

Rüegg hielt fest, dass die Staatsanwältin wohl etwas übereifrig reagiert habe, dass er als Richter nun aber ein Urteil gemäss geltendem Recht fällen müsse. Demnach habe König nicht gegen das eidgenössische Tierschutz-, sondern gegen das kantonale Hundegesetz verstossen. Genau genommen gegen Paragraf 5: «Hundehaltende sind verpflichtet, ihren Hund jederzeit unter ihrer Aufsicht und Kontrolle zu halten.»

«Gehe bis ans Bundesgericht»

Rüegg legte Herrn König nahe, die Einsprache zurückzuziehen. «In dem Falle würde ich die Gerichtskosten auf 200 Franken reduzieren.» Wahrlich ein wahres Schnäppchen. Doch König pfiff schnöde darauf, klopfte mit der Faust energisch auf den Tisch und tat im Brustton absoluter Überzeugung kund: «Ich lasse das nicht auf mir sitzen, gehe damit bis ans Bundesgericht.»

So verkündete der Richter denn nach kurzer Pause das Urteil: Freispruch von der Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz, schuldig des Verstosses gegen das Hundegesetz. In Anbetracht des geringfügigen Verschuldens nahm Rüegg von einer Bestrafung Umgang. Aber seine Rechthaberei und Sturheit kommt Herrn König mit 800 Franken Gerichts- sowie 300 Franken Verfahrenskosten plus Auslagen und Gebühren teuer zu stehen: Wer nicht hören will, muss eben zahlen...