Dass man Internet und ältere Leute niemals unterschätzen sollte, zeigt die Theatergesellschaft Wettingen mit «Rollator Online».
Premierenabend im reformierten Kirchgemeindesaal in Wettingen. Das Stück «Rollator Online» von Peter Locher erzählt die Geschichte eines vitalen Grüppchens von Senioren, die dank des neu installierten Computers in ihrer Lounge die Grenzen ihres Zuhauses ausloten und bewusst überschreiten. Themen wie: Zeitmanagement (14 Minuten Betreuung täglich müssen laut Heimleiter Meinrad Meisner genügen), Selbstbestimmung im Alter oder schwierige Lebensbiografien werden auf vergnügliche und respektvolle Art behandelt.
Beispiel Heimbewohner Ueli Zwicker (Stefan Meier): Er ist nicht dazu geboren, um den ganzen Tag über im Aufenthaltsraum der Residenz rumzusitzen. Viel lieber ist er dank seines mit Hupe und GPS ausgerüsteten Rollators unterwegs. Zu seinem Leidwesen bringt ihn die Polizei immer mal wieder zurück ins Altersheim. Dort führt Heimleiter Meinrad Meisner (Leo Jud) sein marktorientiertes Diktat. Wassergläser werden abgezählt, Kosten gespart, die Ausgangszeiten beschränkt, aber auch ein ziemlich alter Computer installiert.
Dank seiner pfiffigen Nachbarin Bettina Walser (Yvonne Berchtold) lernen Ueli und weitere Bewohner die damit zusammenhängenden Möglichkeiten kennen. Als «Internet-Panther» melden sie sich bei Facebook an und nehmen Kontakt auf zu anderen Altersresidenzen. Der Nährboden für eine kleine Revolution ist gelegt. Aber auch für die Erfüllung ganz persönlicher Wünsche. Die Panther machen sich beispielsweise auf die Suche nach der unbekannten Enkelin von Luzia Süssmund (Yolanda Buch) und entdecken die geheimen Machenschaften ihres Heimleiters, der mehr an seinen Fischen hängt als an den ihn umgebenden Menschen.
Die Regie führte auch dieses Jahr wieder ein Mitglied des Vereins. So wie dies seit Bestehen der Theatergesellschaft Wettingen Tradition ist. Zum wiederholten Mal war das Jeannine Török, die auch Vereinspräsidentin ist. Bei ihrer kurzen Ansprache vor Vorstellungsbeginn zeigte sie sich etwas nervös, da heute auch Peter Locher, der Autor des Stücks, im Publikum sass. Völlig unbegründet, wie ein Nachfragen bei Peter Locher zeigte. «Die Inszenierung ist gelungen und ich geniesse die Vorstellung», meinte er in einer der zwei Pausen. Darauf angesprochen, ob es ihn nicht auch nervös mache, sein Werk auf einer anderen Bühne zu sehen, winkte der Profi ab. Er sei meist die Ruhe selbst.
Die Idee zum Stück «Rollator Online» kam ihm quasi beim Aufwachen. Peter Locher bezeichnet sich selbst scherzend als «digitalen Dinosaurier». Begriffe und Inspirationen suche er mehrheitlich analog in Büchern und Zeitungsartikeln. Für sein aktuellstes Stück, welches 2018 in Buchs uraufgeführt wurde, recherchierte er intensiv im Alterszentrum und führte Gespräche mit Bewohnern und Pflegepersonal.
Nicht nur dem Autor gefiel die Inszenierung der Theatergesellschaft Wettingen. Auch das Publikum schien gut unterhalten zu sein, und nach einem etwas verhaltenen Start tauten die Schauspieler und Besucher immer mehr auf und zeigten dies mit Spielfreude und vielen Lachern.
Weitere Aufführungen: 24., 25., 26. Januar.