Spreitenbach
Ruhe und Kraft – damit ist man im Bogenschiessen erfolgreich

Jacqueline Künzle vom Bogenschützen-Club Spreitenbach erklärt, was sie an dieser vermeintlich einfachen Sportart so fasziniert.

Fabio Baranzini
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«Wenn du schiesst, gibt es nur den Bogen und dich»: Jacqueline Künzle vom Bogenschützen-Club Spreitenbach.

«Wenn du schiesst, gibt es nur den Bogen und dich»: Jacqueline Künzle vom Bogenschützen-Club Spreitenbach.

Fabio Baranzini

Seit etwas mehr als zwei Jahren haben die Bogenschützen des BSC Spreitenbach ein neues Zuhause. Am Ende des Industriegebiets in Spreitenbach befindet sich eine Wiese, auf der sie ihre Zielscheiben aufgestellt haben.

Auf der rechten Seite des Platzes liegt die Limmat, auf der linken die A1. Die Autobahn direkt neben dem Trainingsplatz – stört das nicht die Konzentration, die im Bogenschiessen absolut zentral ist?

«Daran haben wir uns längst gewöhnt. Wenn ich am Schiessen bin, nehme ich die Autobahn überhaupt nicht mehr wahr», sagt Jacqueline Künzle, die seit mehr als 30 Jahren aktive Bogenschützin und seit gut 25 Jahren Mitglied des BSC Spreitenbach ist.

«Wenn du als Bogenschütze erfolgreich sein willst, dann musst du alles um dich herum komplett ausblenden können. Wenn du schiesst, gibt es nur den Bogen und dich. Alles andere ist egal», beschreibt Jacqueline Künzle.

75 bis 80 Prozent des Erfolgs eines Bogenschützen mache die mentale Stärke und die innere Ruhe aus, ist sie überzeugt. Der Rest ist Material und Technik.

Bogen ist ein Hightech-Gerät aus Carbon

Und wer sich diese beiden Elemente des Bogenschiesssports von Jacqueline Künzle erklären lässt, der erkennt schnell: Hinter dieser vermeintlich einfachen Sportart mit Pfeil und Bogen steckt viel mehr. Beginnen wir beim Material.

Jacqueline Künzle schiesst mit einem sogenannten Compound-Bogen. Im Vergleich zu den traditionellen Langbögen, die auch heute noch aus Holz sind, ist ihr Bogen ein absolutes Hightech-Gerät aus Carbon.

Auch bei den Pfeilen gibt es ganz unterschiedliche Modelle, die je nach Bogenart und Bogenstärke gewählt werden. Geschossen wird mit Handschuhen oder sogenannten Tabs. Teilweise kommen auch Armschützen zum Einsatz.

Um den Bogen korrekt zu benutzen, braucht es viel Übung. Das wird einem spätestens dann bewusst, wenn man erfährt, dass der Bogen zwischen drei und fünf Kilogramm wiegt. Und um den Bogen zu spannen, muss ein Gewicht von rund 25 Kilogramm gezogen werden.

Erst dann ist eine saubere Schussabgabe möglich. Die Kraft ist also auch ein wichtiges Element im Bogenschiessen. Insbesondere in Kombination mit einem sicheren und ruhigen Stand. Schliesslich ist das Ziel, das die Bogenschützen avisieren, nur wenige Zentimeter gross. Da darf der Arm nicht zittern bei der Schussabgabe.

Bis zu 1000 Schüsse pro Tag

Bogenschiessen ist eine Sportart, die insbesondere in Asien sehr beliebt ist. In den angesehenen Bogenschiess-Schulen trainieren die Athleten jeden Tag viele Stunden. Bis zu 1000 Schüsse geben sie pro Tag ab.

Zum Vergleich: So viele Pfeile schickte Jacqueline Künzle zu ihren besten Zeiten pro Woche auf den Weg. Damals trainierte sie drei- bis viermal pro Woche während zweier bis drei Stunden. So brachte sie es an die nationale Spitze.

Viele Jahre gehörte sie zu den Top 5 des Landes und konnte unter anderem auch zwei Schweizer-Meister-Titel feiern. Heute schiesst sie nicht mehr ganz so häufig, aber immer noch regelmässig.

Die Spezialdisziplin von Jacqueline Künzle ist das 3D-Bogenschiessen. Im Gegensatz zum klassischen Hallenbogenschiessen, bei dem die Schützen in einer Reihe nebeneinander stehen und auf eine Zielscheibe in fixer Entfernung schiessen, ist das 3D-Schiessen abwechslungsreicher.

«Wir sind im Wald unterwegs und müssen insgesamt 28 Posten absolvieren. Die Distanz variiert dabei zwischen 5 und 54 Metern. Auch die Ziele sind unterschiedlich. Mal sind es Zielscheiben (Field), mal sind es Kunststofftiere (3D)», erklärt Jacqueline Künzle.

Mit dem BC Baden zwei Vereine in der Region

Beim BSC Spreitenbach kann man alle Disziplinen trainieren. Vom 3D-Schiessen übers Feldschiessen bis hin zum klassischen Hallenschiessen (9 Meter für Kinder und 18 Meter für Erwachsene) und den sogenannten Fita-Turnieren, bei denen auf Distanzen zwischen 30 und 90 Metern geschossen wird.

50 Mitglieder zählt der BSC Spreitenbach im Moment. In der Region gibt es mit dem BC Baden noch einen zweiten Verein, bei dem man den Umgang mit Pfeil und Bogen erlernen kann.
Auch nach über 30 Jahren ist Jacqueline Künzle noch immer fasziniert vom Bogenschiessen. Vor allem von der Ruhe.

«Bogenschiessen ist einerseits akustisch ein sehr ruhiger Sport und andererseits gibt er mir auch sehr viel Ruhe», sagt sie. «Zudem hat Bogenschiessen auch eine gewisse Anmut in der Bewegung und in der Haltung. Kommt hinzu, dass auch das Gesellige nicht zu kurz kommt. Das ist für mich ein sehr wichtiger Aspekt.»