Wettingen
Runder Tisch nach Budgetdebakel: Wettingens Politik sucht nach Lösungen

Um ein erneutes Budgetdebakel zu verhindern, lud der Wettinger Gemeinderat ein zu einer offenen Debatte. So äussern sich die drei grössten Fraktionen des Einwohnerrats über den runden Tisch zum Budget 2021.

Andreas Fretz
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In der Gemeinde Wettingen soll gespart werden. Noch sind sich die drei grössten Fraktionen des Einwohnerrats aber nicht einig, wie das Budget aussehen soll.

In der Gemeinde Wettingen soll gespart werden. Noch sind sich die drei grössten Fraktionen des Einwohnerrats aber nicht einig, wie das Budget aussehen soll.

zvg

Vergangene Woche griff der Wettinger Gemeinderat zu einer aussergewöhnlichen Massnahme: Er lud sämtliche Fraktions- und Ortsparteipräsidenten an einen runden Tisch. Ziel: Ein erneutes Budgetdebakel verhindern (AZ vom 10. Juli). Denn sowohl das Wettinger Stimmvolk als auch der Aargauer Regierungsrat hatten die für 2020 geplante Steuererhöhung versenkt. «Aufgrund dessen, was in der Vergangenheit passiert ist, möchten wir nun frühzeitig die Kommunikation mit den Parteien fördern», begründete Gemeindeammann Roland Kuster (CVP) das Vorgehen.

Wie kam dieser runde Tisch bei den Präsidentinnen und Präsidenten der drei grössten Einwohnerratsfraktionen an? Christian Wassmer von der CVP sagt: «Wir schätzten den runden Tisch sehr. Er hat aufgezeigt, wie ernst der Gemeinderat die Bevölkerung nimmt. Er hat sich sehr gut vorbereitet und hat eine selbstkritische Analyse vorgenommen.»

«Erstmals hat der Gemeinderat eine Verzichtsplanung präsentiert, mit der wir uns einverstanden erklären.» - Christian Wassmer, Fraktionspräsident CVP.

«Erstmals hat der Gemeinderat eine Verzichtsplanung präsentiert, mit der wir uns einverstanden erklären.» - Christian Wassmer, Fraktionspräsident CVP.

Zur Verfügung gestellt

Mia Gujer von der Fraktion SP/Wettigrüen ergänzt: «Wir würden weitere ähnliche Sitzungen in diesem Rahmen begrüssen, auch bei anderen Themen.» Auch die SVP schätzte den Dialog, Fraktionspräsidentin Michaela Huser merkt aber an: «Nichtsdestotrotz gilt es, die Gewaltentrennung zu beachten. Es liegt beim Gemeinderat, ein Budget 2021 auszuarbeiten; uns seine Ideen und Massnahmen vorzuschlagen.»

Unterschiedliche Ansichten zur Verzichtsplanung

Die SVP war die einzige Fraktion, die das Budget 2020 mit der Steuererhöhung abgelehnt hatte. Und sie bleibt ihrer Linie treu: Angesichts der angespannten finanziellen Lage Wettingens gehe es nach wie vor darum, die Verzichtsdiskussion zu führen.

«Diese Verzichtsdiskussion hat die Fraktion SVP nun auch an diesem runden Tisch vermisst», sagt Huser. Bei den vorgeschlagenen Massnahmen fehle eine klare Stossrichtung. Sparpotenzial ausgemacht hatte der Gemeinderat bei einzelnen Beiträgen an private Institutionen und einzelnen Anlässen sowie bei einer grossen Zurückhaltung bei Neuanschaffungen und einer Optimierung des Rathausbetriebs.

«Eine Verzichts- diskussion hat die SVP-Fraktion nun auch an diesem runden Tisch vermisst.» - Michaela Huser, Fraktionspräsidentin SVP.

«Eine Verzichts- diskussion hat die SVP-Fraktion nun auch an diesem runden Tisch vermisst.» - Michaela Huser, Fraktionspräsidentin SVP.

ALEX SPICHALE

Anders als die SVP urteilt die CVP: «Erstmals hat der Gemeinderat eine Verzichtsplanung präsentiert, mit der wir uns einverstanden erklären, sind doch viele unserer Forderungen ein- geflossen», so Wassmer. SP/Wettigrüen wiederum kommt zum Schluss: «Die Präsentation des Gemeinderates hat gezeigt, was unsere Fraktion schon lange weiss: In Wettingen gibt es nicht mehr viel abzubauen. Viele Leistungen wurden bereits gestrichen und Gebühren erhöht. Trotzdem bleibt die Zahl unter dem Strich rot. Corona verleiht dem Budget 2021 auf der Einnahmeseite ebenfalls einen Dämpfer.»

«Wollen wir die Bevölkerung noch mehr verärgern?»

Der Gemeinderat hatte angekündigt: «Eine strenge und spürbare Verzichtsplanung könnte das Budget 2021 um rund 1 Million Franken entlasten.» Von der im Raum stehenden Lohnkürzung beim Personal distanziert er sich klar. Das sieht auch die CVP so: «Wettingen hat eine erwiesenermassen schlanke Verwaltung. Wir wollen wenige gute und kompetente Mitarbeitende, die fair entlöhnt werden.»

In diesem Punkt kontert die SVP: «In den letzten Jahren wurden mehrfach Stellen ausgelagert (Tägi, Werkhof, Entsorgung), dies wird in der Statistik nicht ausgewiesen. Würde dies ausgewiesen, wäre ein markanter Anstieg des Personalaufwands ersichtlich.»

«In Wettingen gibt es nicht mehr viel abzubauen. Viele Leistungen wurden bereits gestrichen und Gebühren erhöht.» - Mia Gujer, Co-Fraktionspräsidentin SP/Wettigrüen.

«In Wettingen gibt es nicht mehr viel abzubauen. Viele Leistungen wurden bereits gestrichen und Gebühren erhöht.» - Mia Gujer, Co-Fraktionspräsidentin SP/Wettigrüen.

Zur Verfügung gestellt

Die Abschaffung des Neujahrsapéros und die Anschaffung mobiler Blitzer hält die SVP für «nicht konstruktive Vorschläge». Huser fragt: «Wollen wir die Bevölkerung von Wettingen noch mehr verärgern?» Die SP wiederum fürchtet, dass in einer nächsten Abbaurunde Institutionen wie das Gluri-Suter-Huus, die Musikschule, Gemeindebibliothek, Tagesstrukturen und Jugendarbeit massiv betroffen sein werden. Der Gemeinderat betonte allerdings, dass er diese Aushängeschilder nicht antasten will.

Niemand spricht sich für Steuererhöhung 2021 aus

Am erforderlichen Schuldenabbau innerhalb einer Generation will die CVP festhalten, sie ist jedoch bereit, einmalig wegen der coronabedingten Ausfälle darauf zu verzichten. Für die SVP-Fraktion kommt eine Steuerfusserhöhung auch 2021 nicht in Frage. «In diesem Sinne ersucht die Fraktion SVP den Gemeinderat, uns ein ausgeglichenes Budget bei einem gleichbleibenden Steuerfuss vorzulegen», sagt Huser.

Selbst SP/Wettigrüen übt mit Blick auf 2021 Zurückhaltung, fordert aber: «Wir hoffen, dass mit dem runden Tisch ein nächster Schritt für eine Steuerfusserhöhung bis spätestens 2022 gemacht wurde. Momentan sehen wir dies als einzigen Lösungsweg, um die Gemeindefinanzen wieder ins Lot zu bringen.» Ein attraktives Wettingen hänge nicht von einem tiefen Steuerfuss ab, sondern von den Leistungen, die die Gemeinde bieten könne.