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Die Aargauer Ermittler hielten Nicolas V. für den Täter im Saunaclub-Mord von Neuenhof – doch die französischen Behörden liessen ihn laufen. Nun ist der Kriminelle in Frankreich wegen anderer Delikte verurteilt worden. Im Sommer kommt er nochmals vor Gericht.
Fast 13 Jahre sind vergangen seit dem grausamen Mord an Marco K. (†39): Im Januar 2007 wurde der Monteur aus Leibstadt in Neuenhof ermordet. Er war Mitinhaber des Saunaclubs Saturn. Sein Geschäftspartner Nicolas V. (55) geriet bald ins Visier der Aargauer Ermittler. Zwei rumänische Prostituierte belasteten ihn später schwer. Doch für die Tat wurde er nie vor ein Gericht gestellt.
Dabei hatten der damalige Badener Untersuchungsrichter genau dies vor. Nach der Verhaftung des rumänisch-französischen Doppelbürgers im Juni 2007 in Frankreich konnte der Untersuchungsrichter den Verdächtigen in der südfranzösischen Stadt Perpignan mehrmals vernehmen. Der Verdächtige bestritt die Tat.
Frankreich liefert seine Staatsbürger nicht aus, kann sie aber bei solchen Fällen selbst vor Gericht stellen. Im Jahr 2009 wurde deshalb das Untersuchungsverfahren samt Akten und Übersetzung den französischen Behörden übergeben. Nachdem er eine Gefängnisstrafe wegen Körperverletzung abgesessen hatte, kam Nicolas V. im März 2010 auf freien Fuss.
Nun aber befindet sich der Franzose, der wegen eines anderen Mordes 1987 in Frankreich schon einmal verurteilt worden ist, hinter Gitter. Recherchen der AZ zeigen: Nicolas V. ist von einem Gericht in Südfrankreich wegen Erpressung zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Staatsanwalt hatte zwölf Jahre gefordert. Der Kriminelle gehörte einer fünfköpfigen Bande an, die drei Wirte von Bars und Restaurants im südfranzösischen Badeort Canet-en-Roussillon zwischen 2015 und 2016 erpresst hat. Seine vier Kompagnons erhielten noch höhere Haftstrafen von 10 bis 15 Jahren.
Die Bande hatte ihre Opfer mit Morddrohungen eingeschüchtert. Ein Opfer erzählte vor Gericht, die Täter hätten ihm gedroht, seinen Sohn zu erschiessen. Innert weniger Monate zahlten die drei Wirte insgesamt mehr als 200'000 Euro. Ein Opfer ging im Januar 2016 zur Polizei, nachdem es erneut erpresst wurde und nicht mehr zahlen konnte. Die fünf Männer bestritten die Vorwürfe. Laut französischen Medien überlegen sie sich, die Urteile weiterzuziehen.
Der Prozess sorgte in der Region für Aufsehen. Als die fünf Angeklagten am ersten Prozesstag ins Gericht gebracht wurden, wurde die Strasse aus Sicherheitsgründen gesperrt. 30 schwer bewaffnete Polizisten sichern das Gerichtsgebäude. Nicolas V. wird nächsten Juni wegen eines bewaffneten Raubüberfalls nochmals vor Gericht gestellt. Er soll mit drei Mittätern den Manager eines Nachtclubs aus Canet-en-Roussillion in einer Sommernacht 2016 überfallen haben. Die Täter verprügelten den Mann und nahmen ihm die Einnahmen des Nachtclubs ab.
Der Fall des sogenannten Saunaclub-Mordes ist noch nicht abgeschlossen. «Nach unserem Kenntnisstand ist das Verfahren in Frankreich hängig», sagt Raphael Frei, Sprecher des Justiz- und Polizeidepartements. Das französische Justizdepartement hat gestern auf eine Anfrage nicht reagiert.
Die zwei Prostituierten, die zum Mord in Neuenhof als Hauptzeuginnen aussagten, wurden von Spanien an die Schweiz ausgeliefert. «Sie wurden im Aargau wegen Widerhandlungen gegen das Ausländergesetz verurteilt», so Fiona Strebel von der Aargauer Staatsanwaltschaft. Eine dritte rumänische Prostituierte aus dem Saunaclub wurde wegen Gehilfenschaft zu Menschenhandel und Förderung der Prostitution verurteilt.
Marco K. wurde am 25. Januar 2007 von seiner Ehefrau als vermisst gemeldet. Zwei Tage zuvor war er morgens noch bei seiner Arbeitsstelle in Endingen erschienen, ehe er am Nachmittag in den Saunaclub nach Neuenhof fahren wollte. Zwei Tage später fanden Spaziergänger den blutverschmierten Bademantel von K. sowie persönliche Gegenstände am Limmatufer in Neuenhof.
Am 21. Februar nahmen Gemeindearbeiter bei einem Grillplatz in einem Wald zwischen Neuenhof und Oberrohrdorf einen starken Verwesungsgeruch wahr. In der Nähe fanden sie herumliegende Kleider und stiessen auf einen frisch aufgeschütteten Erdhaufen. Darin befand sich der verscharrte verkohlte Leichnam des Vermissten. Er war erschossen worden.