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Hansjörg Huser (SVP) hat zwei Jahre lang den Wettinger Einwohnerrat präsidiert. Nun zieht er sich aus der Politik zurück. Im Gespräch mit der Schweiz am Wochenende spricht er über Anstand, kürzere Sitzungen und verbesserungswürdige Zusammenarbeit.
Zehn Jahre sass Hansjörg Huser, unter den Wettinger Politikern «Gögi» genannt, für die SVP-Fraktion im Parlament, zwei davon als höchster Einwohnerrat. Seine Partei feierte ihn im letzten Fraktionsbericht überschwänglich für seine Arbeit als Einwohnerratspräsident: «Wir werden deine pointierten, trockenen, durchweg humorvollen Beiträge in unseren Fraktionssitzungen und nicht zuletzt auch bei der Führung der Einwohnerratssitzungen sehr vermissen.» Und: «Wir sind stolz darauf, mit dir in den vergangenen beiden Jahren einen Ratspräsidenten gestellt zu haben, der den Wettinger Ratsbetrieb so positiv geprägt hat.»
Herr Huser, würden Sie auch von sich sagen, dass Sie den Ratsbetrieb positiv geprägt haben, so wie es Ihre Fraktion schreibt?
Hansjörg Huser: Ich habe auf jeden Fall das Gefühl, das erreicht zu haben, was ich erreichen wollte: eine Prise Humor hineinzubringen, aber auch eine gute Kultur mit Anstand und Respekt zu etablieren. Ich habe nie als Chef mit der Keule von oben herab agiert, bei mir stand immer die Menschlichkeit im Vordergrund. Zu Beginn meiner Amtszeit gab es auch noch mehr Selbstdarsteller als jetzt. Als Präsident suchte ich einen Weg, um den Sitzungsablauf zu optimieren. Ich forderte kurze Voten, und dass sich die Einwohnerräte nur noch mitteilen, wenn sie auch etwas Neues zu sagen haben. Inzwischen äussern sich mehrheitlich die Fraktionspräsidenten, die spontanen Redner hingegen haben sich reduziert.
Gingen die Sitzungen vor Ihrer Amtszeit als Einwohnerratspräsident also noch länger? Viele der Sitzungen dauern ja gut und gerne drei Stunden.
Früher gab es vielleicht weniger Traktanden als heute, aber dafür längere Diskussionen. Das hat sich in den letzten zwei Jahren ebenfalls verändert, es gibt inzwischen viel mehr politische Vorstösse in Wettingen. Dieses Jahr waren es gefühlt mehr als normal. Es schien so, als ob gewisse Exponenten versuchten, überall und zu jedem Thema noch einen Vorstoss einzureichen. Das beschäftigt natürlich eine Verwaltung. Wenn der Gemeinderat den Auftrag an das betreffende Ressort erteilt hat, müssen diese die Vorstösse beantworten und einen Bericht dazu schreiben. Da wird die Verwaltung teilweise fast schon überbearbeitet.
Möchten Sie den Einwohnerrätinnen und -räten diesbezüglich einen Rat mitgeben?
Ich habe einmal – vielleicht auch etwas provokativ – in die Runde geworfen, dass Vorstösse doch vielleicht auch einmal zuerst mit dem Ratsbüro besprochen werden sollen, mit der Gemeindeschreiberin oder dem Präsidenten. Damit man gemeinsam darüber befinden kann, ob dieser überhaupt Sinn macht oder etwas Ähnliches nicht bereits eingereicht worden ist. Dass man eine Art Konsolidierung hinbringt bezüglich gewisser Themen.
Was hätten Sie im Rats- betrieb sonst noch gerne optimiert?
Auch wenn es in den letzten Jahren wirklich besser geklappt hat mit der Zusammenarbeit unter den Fraktionen, sehe ich auch hier Verbesserungspotenzial. Dass man wirklich mehr miteinander an einer Lösung arbeitet und nicht erst an einer Einwohnerratssitzung. Das zieht die Sitzungen unnötig in die Länge. An einer Nationalratsdebatte wird auch nicht alles vor allen ausgetragen, vieles wird bereits vorher diskutiert. Deshalb habe ich zum Beispiel im Vorfeld zur ersten Sitzung zum Budget 2020 im Oktober auch angeregt, dass sich Finanzvorsteher und Fraktionspräsidenten zusammensetzen und sich schon vor der Detailberatung über die Marschrichtung unterhalten.
Das hat aber offensichtlich nicht geklappt.
Nein, es ist an fehlender Zeit gescheitert. Trotzdem fände ich ein regelmässiges Treffen der Fraktionspräsidentinnen und -präsidenten einmal im Jahr hilfreich. Dies habe ich auch bei der Überarbeitung des Geschäftsleitungsreglements, das sich auf den Ratsbetrieb bezieht, eingebracht. Das befindet sich aber noch in der Vernehmlassung und wird voraussichtlich im September 2020 unter dem neuen Präsidenten dem Einwohnerrat vorgelegt.
Das würde noch mehr Zeitaufwand für die Fraktionspräsidenten bedeuten.
Es gab Gegenwehr in der Begleitgruppe zu verschiedenen Punkten im Geschäftsleitungsreglement. Aber ich bin mir sicher, eine solche Sitzung könnte für die Präsidentinnen und Präsidenten hilfreich sein, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Aber natürlich ist die Frage aufgetaucht: Braucht es das wirklich noch, haben wir nicht schon genug um die Ohren?
Wenn das im Reglement festgelegt würde, wäre das eine weitere Aufgabe für die Präsidenten.
Ja, aber ich ahne jetzt schon, dass es schwierig wird, ein regelmässiges Treffen vorzuschreiben. Es könnte aber bei der Problemlösung helfen und würde den einen oder anderen Vorstoss vielleicht auch unterbinden.
Sie haben als Ratspräsident auch viel Zeit mit der Überarbeitung diverser schon länger bestehender Reglemente verbracht.
Bis vor zwei Jahren war viel im operativen Bereich gemacht worden. Wir haben zum Beispiel das Tägi Sportzentrum und das Elektrizitäts- und Wasserwerk EW Wettingen privatisiert. Deshalb stand in den letzten beiden Jahren das Aufarbeiten von schon länger bestehenden Reglementen, wie zum Beispiel dem Friedhofs- oder Parkierungsreglement oder dem Kommunikationskonzept, im Vordergrund. Das Geschäftsreglement hat sich in 20 Jahren nicht gross verändert, aber das Rad hat sich ja trotzdem weitergedreht. So war es auch ein Wunsch des Einwohnerrats, dass sich das Ratsbüro wieder vermehrt um solche Anliegen kümmert. Aber wie es halt so ist in der Politik, sind das teilweise langwierige Prozesse. In den Begleitkommissionen zu den diversen Reglementen sitzen alle Parteien und damit fünf, sechs Personen mit verschiedenen Meinungen und politischen Interessen am Tisch.
Diese Zeit ist für Sie nun vorbei. Sie ziehen sich nach zehn Jahren ganz aus der Politik zurück. Was sind jetzt Ihre Pläne?
Ich habe zwar immer nebenbei noch Zeit für mich und meine Hobbys gefunden, habe Tennis und Golf gespielt, oder bin mit meiner Frau in den Bergen auf Wanderungen gegangen, möchte mich aber auch wieder vermehrt im Verein «Freunde Langmatt» und der Begleitkommission Koordination Alter in Wettingen einbringen. Und wofür ich mir jetzt auch wieder viel mehr Zeit nehmen kann, sind meine Freunde.