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Im Weiher des Badener Kurparks gerieten am Wochenende zwei Schneegänse-Küken in den Sog der Umwälzanlage und starben. Der verantwortliche Werkhof fand keine Überreste. Die AZ machte sich selbst ein Bild – und wurde Zeuge, wie ein drittes Küken starb.
Es ist ein blendend schöner Samstagnachmittag. Richard Linder aus Wettingen verbringt ihn im Badener Kurpark. Er spaziert entlang des Weihers, geniesst den Anblick der fünf frisch geschlüpften Schneegänseküken, die sich um ihre Mutter drängen.
Doch die fröhliche Stimmung schlägt jäh in Aufregung um: Zwei Küken schwimmen zum Überlauf am Rand des Weihers, wo das Wasser in die Umwälzanlage zur Reinigung gezogen wird. Sie verschwinden unter dem Blech – und tauchen nicht mehr auf. «Es zog recht stark», sagt Linder. Die Mutter ruft vergeblich nach ihren Jungen.
Auch andere Leute haben die Szene beobachtet. Man ruft die Polizei, die den Werkhof aufbietet. Dieser ist verantwortlich für die Tiere, braucht für deren Haltung eine Bewilligung des Veterinäramts. Hier beginnen sich die Versionen der Geschichte zu unterscheiden. Während Linder sagt, es sei während des ganzen Nachmittags kein Werkhof-Mitarbeiter aufgetaucht, sagt Thomas Stirnemann, Werkhofleiter, es sei umgehend jemand ausgerückt. Im Betriebsraum hinter dem Weiher, der die Umwälzanlage beherbergt, habe man keine toten Küken gefunden. Auch keine Spuren. Stirnemann kann sich das Verschwinden der Tiere nicht erklären, wie er der AZ am Montag sagte.
Ein Augenschein am Mittwochmorgen vor Ort zeigt: Die Jungtiere sind in der Umwälzanlage gestorben. Das vom Überlauf angesogene Wasser fliesst durch eine Röhre in ein Becken in den abgeschlossenen Betriebsraum hinter dem Weiher. Darin schwimmt viel Dreck – und eines der toten Küken. Der Kadaver ist noch ganz, wenige Gefiederfetzen hängen daran. Roberto Gartner, Leiter des Teams, das sich unter anderem um den Weiher kümmert, vermutet, dass das Jungtier in der Röhre zwischen Überlauf und Becken ertrank.
Während Gartner dem AZ-Reporter die Anlage zeigt, gerät ein drittes Küken in den Sog und stirbt. Gartner fischt es aus dem Wasser. Es ist ein wenig grösser als sein totes Geschwister, das Gefieder noch flauschig und weich. Gartner ist erschüttert: «Das tut auch mir weh.»
Werkhofleiter Stirnemann sagt zu den Vorfällen: «Sie waren uns eine Lehre.» Das Ganze sei dumm gelaufen, könne jetzt aber nicht mehr passieren. Als Sofortmassnahme stellte Gartner den Überlauf ab. Dafür öffnete er Abflüsse im Boden des Weihers, um den Wasserkreislauf zu gewährleisten.
Das bringt mehr Arbeit mit sich: Fische können eingesogen werden, die er im Becken der Umwälzanlage wieder rausfischen müsste. Auch wird der Dreck an der Weiheroberfläche nicht abtransportiert. Nach einer Woche muss das System wieder umgestellt werden. Der Werkhof überlegt sich nun, ein Blech vor die Überläufe zu montieren.
Von einem ähnlichen Todesfall in der Vergangenheit haben Stirnemann und Gartner keine Kenntnis. Bisher fand auf dem Weiher kein Familienleben statt. Normalerweise nähme man den Schneegänsen die Eier weg, sagt Stirnemann. Man wolle keine Population. Dieses Jahr habe man es aber verpasst. Gartner hingegen sagt, man habe der Mutter die Eier extra gelassen. Man habe die Familie gewollt. Ob die Mutter die Eier nächstes Jahr wieder ausbrüten darf, ist noch offen.
Auch bestand beim Werkhof offenbar Unklarheit über die Anzahl der Jungtiere. Stirnemann und Gartner waren der Ansicht, es seien drei Küken geschlüpft. Auf dem Bild, das Linder der AZ schickte, sind jedoch fünf zu erkennen. Eines wurde laut Linder am Samstag von einer Krähe getötet.
Linder sagt, viele Leute hätten gelitten, als sie die Szene im Kurpark beobachteten. Er findet: «Wer schon Tiere hält, sollte dafür auch Verantwortung übernehmen.»