Killwangen
Schule führt jahrgangsübergreifende Klassen ein – Ammann wusste von nichts

Nach den Sommerferien werden die Kinder an der Primarschule Killwangen in jahrgangsübergreifenden Klassen unterrichtet. Gemeindeammann Werner Scherer wusste davon nichts.

Sabina Galbiati
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Alex Spichale

Eine unschöne Sache: Der Killwanger Gemeindeammann Werner Scherer (SVP) hat erst knapp drei Wochen vor den Sommerferien erfahren, dass nach den fünf Wochen Unterrichtspause, die Schulstruktur in Killwangen komplett umgestaltet wird. Erfahren hat er diese Tatsache nicht etwa von der Schulpflege oder dem Schulleiter, sondern rein zufällig.

Zusammengefasst: Nach den Sommerferien werden die erste bis dritte Klasse in drei jahrgangsübergreifende Klassen eingeteilt; die vierte und fünfte in zwei jahrgangsübergreifende Klassen; die Sechstklässler bleiben vorerst unter sich. Ab dem Schuljahr 17/18 werden auch sie zusammen mit der vierten und fünften Klasse in drei jahrgangsübergreifende Klassen eingeteilt.

«Ich bin erschrocken, als ich davon hörte», sagt Ammann Scherer. Natürlich würden Schulpflege und Schulleitung unabhängig vom Gemeinderat agieren und die Exekutive in diesem Sinne kein Mitspracherecht haben oder Entscheide fällen. «Aber man muss uns doch informieren, schliesslich hätte es sein können, dass sich Eltern auch an uns wenden, wenn sie Fragen haben oder verunsichert sind.»

Zuständiger Gemeinderat abwesend

Ob und wo die Kommunikation nicht funktioniert hat, kann sich Scherer nicht abschliessend erklären. Auch weilt der zuständige Gemeinderat, Walter Hubmann, derzeit in den Ferien, weshalb er ihn nicht fragen kann. «Ich bin mir aber sicher, er hätte den Gemeinderat längst informiert, wenn er von der Umstrukturierung der Schulklassen gewusst hätte.»

Schulpflegepräsidentin Lilian Zeindler kann ihrerseits kaum glauben, dass der Gemeindeammann bisher nichts wusste. «Der Gemeinderat sollte einen Protokollauszug von unserer Sitzung vom 7. Dezember bekommen haben.» In jener Sitzung stimmte die Schulpflege dem Antrag der Schulleitung zu, das altersdurchmischte Lernen auf allen Stufen einzuführen. Schulleiter Urs Bolliger bestätigt auf Anfrage, dass er den besagten Protokollauszug weitergeleitet habe.

Ob und wo danach der Fehler passierte, kann auch er sich nicht erklären. Ammann Scherer hat aufgrund der Anfrage des «Badener Tagblatts» mehrere seiner Gemeinderatskollegen gefragt, ob ihnen der Protokollauszug bekannt sei. «Sie haben mir gesagt, dass sie diesen Auszug nie gesehen hätten.»

Ist Panne gar symptomatisch?

An einer Infoveranstaltung Anfang Februar informierte die Schule zusammen mit der fachlichen Begleitung der Fachhochschule FHNW alle Eltern über die neue Schulstruktur. Auch Gemeinderat Patrick Bellini (CVP) hat einen Sohn im schulpflichtigen Alter. Allerdings ist dieser bereits in der sechsten Klasse und vom Systemwechsel nicht mehr betroffen. Daher war Bellini auch nicht an jener Infoveranstaltung. «Es kann aber auch nicht sein, dass das Gemeinderatsgremium nur von dieser Umstrukturierung erfährt, wenn einer der Räte zufälligerweise Kinder im entsprechenden Alter hat.»

Bellini, der auch das Ressort Gemeindeliegenschaften betreut, betont in dem Zusammenhang, dass die Kommunikationslücke zwischen Schulbehörde und Gemeinderat symptomatisch sei. «Ungeachtet des aktuellen Vorfalls braucht es eine Grundsatzdiskussion darüber, wie die beiden Gremien künftig besser miteinander kommunizieren können.» Es sei letzten Endes die Gemeinde, die unter anderem die Infrastruktur für die Schule finanziere. «Zudem könnte der Gemeinderat die Schulbehörde bei solchen Angelegenheiten wie der Umstrukturierung auch unterstützen, wenn beispielsweise besorgte Eltern sich mit Fragen melden.» Dazu müsse der Gemeinderat aber alle Fakten kennen, sagt Bellini.

Runder Tisch wird einberufen

Einig sind sich beide Seiten, dass wegen dieser Sache kein böses Blut entstanden ist oder jemand alleine Schuld an der Informationslücke hat. «Aber es braucht jetzt einen Schulterschluss zwischen Schulbehörde und Gemeinderat», so die Meinung von Scherer und Bellini. Gemeindeammann Scherer: «Es scheint, als ob das eine oder andere Missverständnis herrscht. Das werden wir umgehend klären. Ich werde einen runden Tisch einberufen und den Dialog suchen.» Zumal er an jenem Treffen vor wenigen Tagen ebenfalls vernommen hat, dass einige Eltern ihre Bedenken äusserten zum neuen System und sich von den Schulbehörden nicht ernst genommen fühlten. Bellini bestätigt diese Wahrnehmung. «Ich habe mich in meinem Bekanntenkreis erkundigt und erfahren, dass einige Eltern die Infoveranstaltung enttäuschend erlebt haben, es sei sehr theoretisch gewesen, Fragen habe man nicht mündlich stellen können, sondern nur auf Zettel schreiben, und die Antworten seien sehr allgemein ausgefallen.» Zudem würden einige von ihnen bezweifeln, ob es wirklich sinnvoll sei, Viert-, Fünft- und Sechstklässler in einer Klasse zu unterrichten.

Schulleiter Bolliger: «Selbstverständlich gibt es bei derartigen Veränderungen an einer Schule immer kritische Stimmen. Das ist verständlich.» Man sei deshalb an jenem Elternabend mit einem umfassenden Antwortteil auf die direkt und schriftlich am Abend geäusserten Fragen, Bedenken und Ängste der Eltern eingegangen. «Zudem haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass die Eltern sich mit ihren Befürchtungen und Fragen jederzeit an die Schule wenden können und sollen.» Einzelne Eltern hätten dieses Angebot wahrgenommen und sich mit Fragen bei der einen oder anderen Lehrperson gemeldet. «Die Schulleitung erhielt direkt nach der Elterninformation ein paar Rückmeldungen dazu, darunter auch kritische. Seither gab es ihr gegenüber keine Reaktionen mehr», sagt Urs Bolliger. «Wir sind aber nach wie vor offen und erreichbar für Eltern, die Fragen oder Bedenken haben.»

Schulpflegepräsidentin Lilian Zeindler bestätigt, sie habe persönlich keine Reaktionen von Eltern erhalten. «Wir hätten dies auf jeden Fall ernst genommen und an die Schulleitung weiterverwiesen.» Was den Vorschlag der klärenden Diskussion zwischen Gemeinderat, Schulpflege und Schulleitung betrifft, so zeigt sie sich offen. «Auch wir würden ein klärendes Gespräch begrüssen.»