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Die Schulhausplatz-Baustelle fordert die Anwohner heraus: Sie stören sich nicht nur am Lärm, sondern bemängeln, dass ihre Anliegen zu wenig ernst genommen werden.
Seit Sommer 2015 wird auf einer der meist befahrenen Kreuzungen der Schweiz gebaut. Ende Jahr soll der Schulhausplatz in Baden neu gestaltet sein. Die Auswirkungen bekommen alle zu spüren: Fahrzeuglenker, Velofahrer, Fussgänger. Doch wie steht es um die Anwohner? Eine Umfrage zeigt: Der Lärm stellt eine hohe Belastung dar. Dabei wird auch Kritik an den Projektverantwortlichen laut.
Eine Anwohnerin, die mit ihrer Familie am Schlossberg wohnt, bemängelt das Projektmanagement. «Der Lärm an sich ist nicht das Hauptproblem», sagt sie. Vielmehr hat sie mit der ungenügenden Kommunikation zu kämpfen. So seien die Anwohner zu Beginn der Bauarbeiten kaum oder zu spät über lärmintensive Arbeiten informiert worden. Das ist der Fall, wenn beispielsweise Beton mittels Hochdruckwasserstrahl abgetragen oder der Spitzhammer eingesetzt wird. «Dies, obwohl die Lärmschutzrichtlinie des Bundes einen klaren Rahmen vorgibt», sagt sie.
Aus diesem Grund hat die Anwohnerin die Verantwortlichen im letzten Jahr um eine frühzeitige Ankündigung gebeten. «Während den lärmintensiven Arbeiten ist es unmöglich, sich in der Wohnung zu unterhalten. Würden wir regelmässig und zeitig benachrichtigt, könnten wir das Haus in den intensiven Bauphasen verlassen», sagt sie. Zwar habe man erreicht, dass die Bauleitung die Anwohner nun ein- bis zweimal im Monat per E-Mail über die Bauarbeiten informiere. «Doch dies geschieht nach wie vor nach einer ‹Salamitaktik›.»
Was entgegnen die Verantwortlichen dieser Kritik? Marcel Voser, Gesamtprojektleiter des Kantons, sagt, dass in der Regel immer frühzeitig informiert werde – sowohl über den Stand der aktuellen als auch der künftigen Arbeiten. Dies geschehe jetzt via E-Mail, weil es in der Anfangsphase Probleme mit der Verteilung über den Postweg gegeben habe. Was die lärmintensiven Bauarbeiten betrifft, sei eine genaue Vorhersage über die jeweilige Dauer der Arbeitsetappen nicht möglich. Deshalb werde ein Zeitfenster angegeben: «Wir versuchen, dieses so präzise es geht, zu definieren.» Das sei aber aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten wie etwa der Betonqualität sehr schwierig.
Weiter stört die Anwohnerin, dass lärmintensive Arbeiten auch vor sieben Uhr morgens – vor der genehmigten Zeit – stattfinden würden. «Weisen wir die Verantwortlichen darauf hin, wird uns nicht geglaubt.» Also müsse man Videosequenzen einreichen, um das Gegenteil zu beweisen. «Ich wünschte, wir müssten uns nicht immer rechtfertigen», sagt sie. Sie würde es schätzen, wenn die Anliegen der Anwohner ernstgenommen würden.
Gesamtprojektleiter Voser erwidert: «Wir nehmen alle Meldungen ernst und klären sie umgehend ab.» Die über 70 Mitarbeiter auf der Baustelle würden um 6 Uhr starten und seien genaustens instruiert, welche Arbeiten in welchen Zeitfenstern ausgeführt werden dürfen. «Sollte sich mal eine Person nicht daran halten, möchten wir uns dafür entschuldigen.» Die Bauleitung und die Bauunternehmung seien vor Ort, weshalb es wichtig sei, dass die Anwohner sie anrufen. «So kann sofort interveniert werden.»
Eine Anwohnerin, die an der Mellingerstrasse im «Falken»-Gebäude über der Baustelle wohnt und ebenfalls nicht mit Namen genannt werden will, sagt: «Der Lärm war im letzten Jahr kaum auszuhalten.» Doch nun seien die Auswirkungen «erträglicher» geworden – obwohl man nie wissen könne, was am nächsten Tag passiere. Zudem ist sie der Meinung, dass sich die Kommunikation zwischen Verantwortlichen und Anwohnern gebessert hat: «Unsere Beschwerden werden angehört und nicht mehr unter den Teppich gekehrt.» Dem stimmt auch eine Frau zu, die an der Oberen Gasse wohnt: «Man zeigt Verständnis.» Trotzdem verschweigt sie nicht, dass es «verrückt» sei, was den Anwohnern zugemutet werde, wenn lärmintensive Bauarbeiten durchgeführt werden. «Es wird gebaut von früh bis spät, manchmal auch an Wochenenden und in der Nacht.» Die tagelange Beschallung sei fast nicht auszuhalten.
Eine zweite Anwohnerin am Schlossberg ist sich bewusst: «Wenn wir in der Stadt wohnen, müssen wir Lärm und Feinstaub in Kauf nehmen.» Zu Beginn der Bauarbeiten habe man sich von den Verantwortlichen nicht ernst genommen gefühlt. Mittlerweile sei ein Schritt in die richtige Richtung erfolgt. Doch: «Auch wenn wir nun über lärmintensive Bauarbeiten informiert werden, wissen wir nicht, was auf uns zukommt.» Sie würde sich wünschen, dass man aufgeklärt würde, welche Möglichkeiten man habe, um die Lebensqualität trotz Bauerei zu erhalten. Damit meine sie nicht etwa Ohropax, die man kürzlich erhalten habe, sondern längerfristige Lösungen. «Es kann nicht sein, dass die Sache wichtiger ist als der Mensch.»
Marcel Voser nimmt dazu wie folgt Stellung: Für lärmintensive Arbeiten gebe es leider keine Alternativen. «Der Unternehmer hat mehrere Varianten geprüft, ob man den Lärm eindämmen kann.» Das sei jedoch unmöglich. «Eine längerfristige Lösung ist lediglich, die Arbeiten so rasch es geht abzuschliessen.» Dafür seien zusätzliche Maschinen für parallele Arbeiten eingesetzt worden. «Grundsätzlich ist es so, dass wir immer das Möglichste tun», sagt der Gesamtprojektleiter.
Zeit, um durchzuatmen, haben die Anwohner nicht: Vor wenigen Tagen wurden sie informiert, dass bis Sommer «punktuelle» Hochdruckwasserstrahlarbeiten sowie Arbeiten mit dem Spitzhammer geplant sind.