Würenlos
Schulpflegepräsident nach Sexdate-Fall: «Graue Liste für zweifelhafte Lehrer wäre hilfreich»

Nach dem Fall des freigestellten Lehrers K. N. in Würenlos fühlen sich Schulbehörden bei Einstellungsverfahren vom Kanton alleine gelassen.

Roman Huber
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Im Würenloser Schulhaus Ländli 2 hatte der Lehrer K. N. bis vor Ostern unterrichtet. zvg

Im Würenloser Schulhaus Ländli 2 hatte der Lehrer K. N. bis vor Ostern unterrichtet. zvg

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Es ist diejenige Frage, die in den Online-Kommentaren zum Fall des Lehrers K. N. am häufigsten auftaucht: Wie konnte es in Döttingen und in Würenlos überhaupt zu seiner Anstellung kommen? Thomas Angst, Präsident der Kreisschulpflege der Oberstufe Unteres Aaretal erklärt: «Da es sich um eine befristete Anstellung handelte, haben die getroffenen Abklärungen (Arbeitszeugnis und Referenzauskunft) genügt.» Das Zeugnis habe zu keinerlei Zweifel Anlass gegeben. Ausgestellt wurde das Zeugnis durch die Schulleitung in Neuenhof.

Renate Baschek, Gesamtschulleiterin, erklärt dazu, dass Lehrer K. N. als Stellvertreter gestartet sei. Er sei als Fachlehrperson für einige Lektionen angestellt gewesen und habe keine Klasse geführt. «Es hat sich meines Wissens jedoch nichts ereignet, das zu einer Beanstandung von K. N. hätte führen können. Auch seine Unterrichtsführung wurde als in Ordnung beurteilt», sagt Baschek.

Als es um eine Verlängerung der Anstellung ging, forderte die Neuenhofer Schulleitung von ihm weitere Bestätigungsunterlagen aus Deutschland. «Weil er uns diese nicht vorlegen konnte, verzichteten wir auf eine Anstellung», fügt sie an.

Man spricht von Machtlosigkeit

Seitens Schulpflegen und Schulleitungen, die in der Regel die Anstellungsentscheide im Einvernehmen treffen, wird von einer gewissen Machtlosigkeit gesprochen, wenn Bewerbungen mit Gefälligkeits-Zeugnissen und lückenhaften Referenzen erfolgen. Man werde vom Kanton etwas alleine gelassen, sodass Fehleinstellungen leider nie ausgeschlossen werden können, heisst es wiederholt.

Beim Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) wehrt man sich gegen solche Vorwürfe. Für Neuanstellungen habe der Kanton die «Handreichung Personalführung an den Aargauer Volksschulen» erstellt. «Diese enthält unter anderem auch ein ausführliches Kapitel zur Personalgewinnung, in dem Instrumente zum Anstellungsprozess zur Verfügung gestellt werden», erklärt Sascha Katja Giger vom BKS.

«Die Schulpflegen sind angehalten, die Bewerbungen sorgfältig zu prüfen und vor einer Anstellung Referenzen einzuholen und sich einen Sonderprivatauszug aus dem Strafregister aushändigen zu lassen sowie im Zweifelsfall die Liste der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) zu konsultieren.»

Ob davon Gebrauch gemacht werde, dass weiss man aber beim BKS nicht. Eine Berufsausübungsbewilligung (Unterrichtsbefugnis), die der Kanton erteilt, gibt es seit 2008 nicht mehr. «Die Schulen vor Ort stellen Lehrpersonen an und müssen die notwendigen Abklärungen treffen», erklärt man beim BKS.

In Döttingen habe die Kreisschulpflege als Konsequenz nach der Freistellung die Schulleitung beauftragt, abzuklären, ob die betreffende Lehrperson auf die «schwarze Liste» gesetzt werden könne, erklärte Thomas Angst. Die Rückmeldung lautete, dass dies nicht möglich ist. Laut Kanton geht das nur, wenn eine strafrechtliche Verurteilung vorliege.

In der «Handreichung Personalführung», in der auch die Anstellungsverfahren sowie die entsprechenden Instrumente beschrieben sind, hält der Kanton aber zu diesem Punkt fest: «Lehrpersonen, deren Name auf der Liste über Lehrpersonen ohne Unterrichtsberechtigung der EDK stehen, dürfen nicht angestellt werden. Es erfolgt ein Eintrag in diese Liste nicht nur infolge sexualstrafrechtlichen Verhaltens. Auch andere Gründe können eine Lehrperson als für das Unterrichten ungeeignet erscheinen lassen.» Auch verjährte Delikte oder eingestellte Strafverfahren können zum Eintrag in die «schwarze Liste» führen, bei genügender Nachweisbarkeit auch ein laufendes Strafverfahren, heisst es weiter.

«Graue Liste» für Lehrpersonen

Schulbehörden erklären, dass sie eine «graue Liste» mit zweifelhaften Lehrpersonen begrüssen würden, auch auf die Gefahr hin, dass diese kaum mehr eine Anstellung finden würden. «Die Frage ist aber, wer wird als zweifelhafte Lehrperson betrachtet. Dies bedürfte einer genauen Definition durch den Kanton», sagt Thomas Angst. Eine «graue Liste» gibt es nicht, und laut BKS gedenkt der Kanton auch nicht, eine solche einzuführen, erklärt man in Aarau.

Aus Sicht von Angst würde es schon genügen, wenn Zeugnisse offen und ehrlich abgefasst würden: «Die einzig wirksame Möglichkeit wäre, dass in Arbeitszeugnissen solche Vorfälle erwähnt werden dürfen. Dies ist jedoch aus arbeitsrechtlichen und Datenschutzgründen wohl nicht denk- und machbar.» Angst ist überzeugt, dass auch die Privatwirtschaft dankbar wäre, man könnte in den Arbeitszeugnissen offener kommunizieren.