Kultur
Schwerer Schlag wegen Corona: Badener Musiklokal Prima Vista schliesst

Das legendäre Badener Kulturlokal Prima Vista um Toni Donadio schliesst. Die Übernahme durch Sohn Moreno und dessen Frau wird durch die Coronakrise verunmöglicht. Die Familie plant nun als Band eine Herbsttournee. Obwohl es Interessenten gibt, steht noch kein Nachfolger fest.

Ursula Burgherr
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Letztmals im leergeräumten «Prima Vista»: Toni und Madlen Donadio mit ihren Kindern Moreno und Dalia.

Letztmals im leergeräumten «Prima Vista»: Toni und Madlen Donadio mit ihren Kindern Moreno und Dalia.

Ursula Burgherr

«Am schmerzlichsten war es für mich als Musiker, als die Bühne mit der Motorsäge weggefräst wurde», erzählt Toni Donadio im gähnend leeren «Prima Vista». Überall liegen Kabel herum. Der Yamaha-Flügel ist verkauft. Die Schwarz-Weiss-Bilder von legendären Jazzgrössen, die an den orangen Wänden hingen, stapeln sich auf dem Bartresen.

Noch diesen Frühling war in dieser Zeitung zu lesen, dass Moreno Donadio mit seiner Frau Lena das Lokal aus den Händen von Eltern Madlen und Toni Donadio übernehmen sollte. Sie wollten daraus ein Eventlokal mit Bar machen, das nur an Wochenenden geöffnet ist. «Wir wären mit dem neuen Konzept im August an den Start gegangen», erzählt der 31-jährige Donadio junior. «Leider hat die Coronakrise unsere Pläne zunichte gemacht».

Über 2000 Konzerte in 15 Jahren

Das letzte Konzert im «Prima Vista» mit dem Jürg Metzger Quartet fand am 12. März statt. «Wegen des Lockdown mussten wir dann alle weiteren Events absagen», erzählt Madlen Donadio. Bis im Juni wären Konzerte und mehrere private Gesellschaften geplant gewesen. Derweil lief der Mietzins für das Lokal weiter.

Den Entscheid, das «Prima Vista» nicht weiterzuführen, fasste Moreno Donadio schliesslich im Frühsommer. «Ich beobachtete die Corona-Entwicklung akribisch weiter und sah, wie die Fallzahlen wieder anstiegen. Ich bin überzeugt, dass uns noch eine schwierige Phase bevorsteht», meint der freischaffende Musiker.

Dank gutem Einvernehmen mit dem Vermieter konnten die Donadios statt im Oktober bereits im Juni aus dem Mietvertrag aussteigen. «Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen.» Moreno ist sicher: «Wenn ich mit meiner Frau das Lokal in diesen unsicheren Zeiten übernommen hätte, wären wir in die roten Zahlen gerutscht.»

Über 2000 Konzerte organisierten die Donadios in ihrer 15-jährigen «Prima Vista»-Ära. Internationale und nationale Grössen wie Christina Jaccard, die Wynavalley Oldtime Jazzband, AZton, Häns’che Weiss traten auf. Als Donadio Family Band standen sie rund 150 Mal auf der Bühne. Sie planen nun eine gemeinsame Herbsttournee sowie ein Album. Traurig seien sie wegen der Schliessung nicht. «Es ist einfach anders gekommen», sagt Toni Donadio. Er sei zudem 64 und freue sich auch, etwas kürzerzutreten.

Publikum ist über das Ende geschockt

Moreno gibt wie seine Schwester Dalia in einem Teilzeitpensum Musikunterricht an Schulen. Beide sind zudem erfolgreich mit eigenen musikalischen Projekten unterwegs. Sie schauen positiv in die Zukunft. Geschockt über den Verlust des «Prima Vista» zeigt sich das Publikum. «Wir sind so traurig», schreibt ein Stammgast, «verstehen aber, wie schwierig die Zeiten für euch sind. Und ein Ende ist leider noch nicht abzusehen». Über 300 – teilweise bestürzte – E-Mails und SMS seien bisher eingetroffen. «Das hat uns sehr berührt», meinen die Donadios dankbar.

«Arbeitsplätze sind durch die Schliessung des ‹Prima Vista› keine verloren gegangen», versichert Toni Donadio. Die Köchin war bereits im Pensionsalter und ging zurück in ihr Heimatland Spanien. Alle anderen Kräfte, die in Spitzenzeiten im Einsatz waren, seien Studentinnen und Studenten im Stundenlohn gewesen. Wer in das leerstehende Lokal an der Mellingerstrasse 1 einzieht, ist noch offen. Gastronomie- und Dienstleistungsunternehmen haben aber ihr Interesse angemeldet.