Montagsporträt
Sie ist die Powerfrau im Aargauer Fussball: «Wenn man seine Sache gut macht, ist das Geschlecht kein Thema»

Frauen an der Spitze eines aargauischen Fussballvereins sind eine Seltenheit. Das runde Leder bestimmt aber das Leben von Priska Meyer. Sie ist Präsidentin des FC Fislisbach und damit eine von nur drei Damen an der Spitze eines regionalen Fussballklubs.

Nicola Imfeld
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Priska Meyer ist Präsidentin und Fussballerin zugleich.

Priska Meyer ist Präsidentin und Fussballerin zugleich.

Sandra Ardizzone

Sportanlage Esp: Die Sonne scheint auf den frisch gemähten Hauptplatz des FC Fislisbach. Der Rasen ist leicht verbrannt und vor den Toren sammelt sich Dreck. Neben der Ersatzbank jongliert FCF-Präsidentin Priska Meyer mit einem Ball. Sie wartet auf die Fotografin, die noch letzte Einstellungen vornimmt. Dann geht das Shooting los: Meyer macht einen Kopfball und strahlt.

Priska Meyer ist Präsidentin und Fussballerin zugleich. Sandra Ardizzone

Priska Meyer ist Präsidentin und Fussballerin zugleich. Sandra Ardizzone

Sandra Ardizzone

Frauen an der Spitze eines aargauischen Fussballvereins sind eine Seltenheit. In Turgi und Menzo Reinach führen zwar auch zwei Damen den regionalen Fussballklub – aber niemand von ihnen ist schon so lange im Amt wie Priska Meyer. Die 44-Jährige ist seit 1996 im Verein und hat vor vier Jahren das Präsidialamt übernommen.

Keine Fussball-Familie

Die gebürtige Fislisbacherin wuchs neben dem Fussballplatz auf. «Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen. Mein Vater bewirtschaftete damals ein Feld, das unmittelbar an den damaligen Fussballplatz Sommerhalde angrenzte.» Ihre Eltern seien keine Fussball-Fans gewesen, im Gegenteil: «Mein Vater regte sich immer fürchterlich auf, wenn die Fussballer beim Ballsuchen die Kulturen niedertrampelten», erzählt sie. «Ab und zu brachte er aber einen Ball mit nach Hause.» In ihren Teenager-Jahren entwickelte Meyer auf dem Bauernhof die Leidenschaft, für die sie heute vier bis fünfmal in der Woche ihre Feierabende opfert.

Neben den administrativen Aufgaben als Präsidentin spielt sie selber auch noch aktiv für die über 50-jährigen Senioren. Auch in der Seniorenliga ist sie als Frau praktisch alleine – nur ganz wenige ihrer weiblichen Fussballkolleginnen spielen noch in diesem Alter. «Wir trainieren einmal in der Woche und spielen meistens am Freitagabend», sagt Meyer, die als Topskorerin ihre Mannschaftskollegen in der abgelaufenen Saison zum Meistertitel schoss.

Neben dem Fussball ist die Power-Frau zu 100 Prozent bei der Gemeinde Mettauertal als Leiterin Finanzen angestellt. Meyer ist verheiratet mit Thomas, der ebenfalls beim FCF spielt und sich im Verein engagiert. Zusammen leben sie in der Sommerhalde, unweit der Sportanlage Esp. Auch in den Gremien des Aargauischen Fussballverbandes (AFV) sei sie voll integriert. Bei Treffen habe sie nie das Gefühl gehabt, als Frau diskriminiert zu werden. «Wenn man seine Sache gut macht, ist das Geschlecht kein Thema», sagt sie.

Auf die Fislisbacher Frauenabteilung ist Meyer besonders stolz. Mit Malin Gut und Lara Jenzer haben gleich zwei ehemalige Nachwuchsspielerinnen des FC Fislisbach den Sprung in Schweizer Nationalauswahlen geschafft. «Der Frauenfussball hat sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt. Als ich angefangen habe zu spielen, gab es nur wenige Teams. Heute haben immer mehr Vereine eine eigene Frauenmannschaft», so Meyer. In diesem Sommer bereitete ihr die Frauen-Sektion aber eher Kopfschmerzen als Freude. «Es war sehr schwierig, einen Trainer für die Frauen zu finden. Ich bin erleichtert, dass unser Sportchef nun eine Trainerin verpflichten konnte, nachdem er unzählige Absagen hinnehmen musste», sagt sie.

«Jeder ist gleichberechtigt»

Auch sonst hatte sie in diesem Sommer einiges zu tun. Nach der letzten Saison und dem Abstieg der 1. Mannschaft aus der zweiten in die dritte Liga startet am kommenden Wochenende das Projekt Wiederaufstieg. Dass dies kein leichtes Unterfangen wird, weiss Meyer: «In der Rückrunde hatten wir sehr viele verletzte Spieler.» Hinzu kamen Abwesenheiten infolge Ferien. Doch trotz Abstieg und der Tatsache, dass die Spieler der 1. Mannschaft keine Spesen und schon gar keinen Lohn erhalten, hat es kaum Abgänge gegeben. «Bei uns werden alle gleichbehandelt. Darum müssen auch die Spieler des Fanionteams Mitgliederbeiträge zahlen und an Vereinsevents mithelfen.»

Mindestens bis 2018 ist Priska Meyer noch Präsidentin des FC Fislisbach. Ob sie danach noch weitermacht, lässt sie offen. Ein ganz grosses Projekt will sie bis dahin noch verwirklichen: Der Sandplatz, welcher beinahe unbespielbar ist, soll einen Kunstrasen erhalten. «Ich hoffe, dass die neue Unterlage am 18. Oktober 2018 eingeweiht werden kann, dann feiert der FC Fislisbach sein 60-Jahr-Jubiläum.» Wetten, dass Priska Meyer sich nicht die Gelegenheit nehmen lassen würde, auf dem frisch verlegten Kunstrasen den ersten Ball ins Tor zu hämmern?