Neuenhof
Siedlung Webermühle in Neuenhof: der Ärger hinter den Baugerüsten

Astrid Fretz und Yannik Costa leben zurzeit in einer Wohnung ohne WC, Dusche und Küche. In der Siedlung Webermühle in Neuenhof werden die Blöcke West und Süd totalsaniert. Die Bewohner fühlen sich wie auf einem Campingplatz.

Tabea Baumgartner
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Der Westblock der Webermühle ist eingerüstet – das Werbeplakat im Vordergrund verspricht «Jetzt mehr Wohnraum». Für die betroffenen Mieter aber trifft momentan das Gegenteil zu. Fotos: Tabea Baumgartner

Der Westblock der Webermühle ist eingerüstet – das Werbeplakat im Vordergrund verspricht «Jetzt mehr Wohnraum». Für die betroffenen Mieter aber trifft momentan das Gegenteil zu. Fotos: Tabea Baumgartner

Ein Blick in eine Wohnung am Rande der Siedlung Webermühle: Die Küche ist jetzt ein leerer Raum mit einem Schimmelstreifen an der Decke. Im Wohnzimmer stehen dicht gedrängt Ersatzkochherd, Kühlschrank, Sofa und Fernseher.

Auf fliessendes Wasser, Toilette und Dusche in der Wohnung müssen die Mieter während vier Wochen verzichten. «Es ist fast wie auf dem Campingplatz», sagt Astrid Fretz, die seit einem Jahr in der Webermühle wohnt.

Das Bild des friedlichen Campierens in der eigenen Wohnung täuscht. «In unserer Ersatzdusche in einer leerstehenden Wohnung fehlte die Duschbrause; die Küche war staubig», teilt Fretz mit. Die Mieterpartei wurde von der Bauleitung erst am Mittwochabend vor Ostern darüber informiert, dass am Gründonnerstag eine Staubschleuse eingebaut werde.

Am Dienstagmorgen wurde das Gästebad herausgebrochen. Die böse Überraschung liess nicht lange auf sich warten: «Um 20 Uhr strömte plötzlich Wasser aus dem Bad in die Wohnung», berichtet Fretz. Sie habe den Pikett-Hauswart alarmiert, der nicht reagiert habe.

Die Bauleitung sei erst nach mehrmaliger Nachfrage vor Ort erschienen. «Ein solcher Rohrbruch kann passieren», sagt Costa. «Was uns wütend macht, ist, dass der Pikett-Hauswart den Hilferuf nicht ernst genommen hat und dass die Bauleitung sich zuerst weigerte, den Schaden sofort anzuschauen.»

Stellungnahme der Eigentümerschaft

Caroline Stössel, Mediensprecherin der Eigentümerschaft (Credit Suisse Real Estate Fund LivingPlus, ein Immobilienfonds der Credit Suisse AG) teilt mit, dass die zweite Etappe der Gesamtsanierung plangemäss im Februar gestartet sei. Alle betroffenen Mieter seien über den vorverlegten Start informiert worden. Die Provisorien für die fehlenden sanitären Anlagen seien den Mietern in funktionstüchtigem und sauberem Zustand übergeben worden und würden regelmässig gereinigt. Für Fragen während der Sanierung stehe die Wincasa Filiale Baden (Verwaltung) und die Bauleitung vor Ort zur Verfügung. Caroline Stössel erklärte, sie sei sich bewusst, dass die Situation für die Mieter während der Sanierung einschränkend sei. Die Eigentümerschaft werde sich daher darum bemühen, diese Zeit möglichst kurz zu halten. Auf den Fall des Wasserschadens in der Küche der genannten Mieterpartei sowie die weiteren Ereignisse in derselben Wohnung ging die Mediensprecherin nicht ein. Die Frage, ob die Nichtbehebung eines solchen Schadens dem «langfristigen Investment», an dem der Immobilienfonds interessiert sei (az vom 7. Juni 2012), entspreche, blieb unbeantwortet. Das Gleiche gilt für die Frage, ob ein gutes Verhältnis vonseiten des Vermieters zu den Mietern nicht im Interesse der Eigentümer liege. Ebenfalls unbeantwortet blieb die Frage, ob jene Mieter, die bereits gekündigt hatten und dennoch von der Sanierung betroffen seien, entschädigt werden. (tab)

Keine Massnahmen

«In der Küche tropfte seit Ende Februar Wasser von der Decke. Wir haben den Mangel umgehend bei der Bauleitung und bei der Verwaltung gemeldet», berichtet Costa. Die Verwaltung teilte mit, es handle sich hierbei um Kondenswasser. Massnahmen seien keine eingeleitet worden.

«Jeden Tag war die Küchenablage mit Wasser bedeckt. Das soll Kondenswasser sein?», wunderten sich die Mieter. «Ich will ja nicht die Verwaltung schikanieren, wenn ich einen Mangel melde», betont Costa. Eine Mauer leidet nachhaltig, wenn ein Wasserschaden nicht behoben wird.

Astrid Fretz und Yannik Costa sind nicht die einzigen Mieter, die sich von der Bauleitung und von der Verwaltung nicht ernst genommen fühlen. Bei Andrea Fastidio, der Ende Januar gekündigt hat, wurden kürzlich neue Fenster eingebaut.

Er habe den Rechtsschutz kontaktiert – dieser habe ihm mitgeteilt, dass er Anrecht auf Entschädigung habe, weil eine Sanierung innerhalb der Kündigungsfrist nicht erlaubt sei. Als Entschädigung habe die Verwaltung angeboten, dass er seine Wohnung nicht putzen müsse.

Dies, obwohl die Sanierungsarbeiten bei seinem Auszug noch bevorstehen. Zudem habe er nichts davon gewusst, dass die Gerüste bereits im Januar anstatt wie angekündigt im Februar aufgestellt würden.

Kommunikation funktioniert nicht

Am Mittwoch habe die Projektleitung von der Allreal Generalunternehmung AG zum Wasserschaden in der Küche von Costa und Fretz Stellung genommen. «Seit wir hier eingezogen sind, ist der Projektleiter der erste Mensch, der auf unsere Fragen eingegangen ist», sagt Fretz.

Die Kommunikation mit der Bauleitung und der Verwaltung funktioniere jedoch nicht, sagt Costa. Er habe die Verwaltung aufgrund der oben genannten Missstände mehrmals kontaktiert. «Die Verwaltung bewirtschaftet diese Siedlung als wären wir Milchkühe, die in erster Linie ihre Miete bezahlen sollen», sagt Costa.

«Normalerweise pflegt der Vermieter zum Mieter ein Kundenverhältnis.» Mit dem Konzept der sanierten Webermühle werde ein Wechsel der Klientel angestrebt. «Wenn sich der Klientel ändert und die Mieter höhere Zinsen bezahlen, ändern sich auch die Ansprüche», sagt Costa.

Viele Nachbarn würden sich nicht trauen, Reklamationen anzubringen – aus Angst davor, dass sie die Wohnung verlieren könnten oder weil sie nicht ausreichend über ihre Rechte informiert seien. «Ich will von der Verwaltung eine Stellungnahme zu diesen Ereignissen», sagt Costa. Er habe diese Forderung bei der Verwaltung deponiert.