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Umbau und Erweiterung des Kurtheaters lassen wegen des laufenden Beschwerdeverfahrens auf sich warten. Die Verzögerung hat auch ihre Vorteile, denn angesichts der knapper werdenden Stadtfinanzen kann dadurch der Baukredit nochmals genau geprüft werden, hat sich die SP gedacht: Sie beantragt eine Kürzung des Baukredits um 820 000 Franken.
«In dieser Situation haben wir die Möglichkeit gesehen, den gesprochenen Kredit von 820 000 Franken für wenige Zentimeter mehr Beinfreiheit unter den heutigen finanziellen Gegebenheiten neu beurteilen zu lassen», erklärt SP-Einwohnerrätin Karin Bächli als Erstunterzeichnende.
Im Motionstext wird sie noch deutlicher: «Der SP erscheint es als nicht mehr opportun, für sechs Zentimeter mehr Beinfreiheit 820 000 Franken auszugeben.»
Damit macht die SP mit ihrer Ankündigung von kürzlich (az vom 24. Mai) ernst und gelangt mit einer dringlichen Motion an den Stadtrat, «den Baukredit für den Umbau und die Erweiterung des Kurtheaters um 820 000 Franken zu kürzen, mit der Auflage, die Sitzreihen so zu belassen, wie sie heute sind».
Bei den 820 000 Franken handelt es sich exakt um denjenigen Betrag, den der Einwohnerrat an seiner Sitzung im November 2012 in einem Änderungsantrag der FDP zusätzlich zum Baukredit von 33,652 Mio. Franken beschlossen hatte.
Der Antrag kam damals knapp mit 23 Ja gegen 19 Nein durch. Damit würde eine Sitzreihe entfernt und die Beinfreiheit um sechs von heute 85 auf 91 Zentimer vergrössert.
Bauvorsteher Markus Schneider hatte zuvor erklärt, dass der Stadtrat aufgrund der Interessenabwägung entschieden habe, die Sitzabstände so zu belassen.
Die sich durch den Änderungsantrag ergebende Reduktion der Anzahl Sitze zieht allerdings eine wirtschaftliche Einbusse für das Kurtheater von jährlich 20 000 Franken nach sich. Die Bestuhlung muss bereits aus andern Gründen (feuerpolizeiliche Vorschriften) um 36 Plätze reduziert werden.
Weil im März 2013 das Stimmvolk über den Kredit von 34,72 Mio. Franken abgestimmt hat, erachtet es Stadtschreiber Marco Sandmeier als durchaus möglich, dass bei einer Überweisung der dringlichen Motion die Vorlage nochmals vor das Stimmvolk müsste.
Laut Bächli ist eine erneute Volksabstimmung aber nicht zwingend: Das Stimmvolk habe zwar Ja zum Kurtheater-Kredit gesagt, «aber sich nie explizit zu mehr Beinfreiheit geäussert».
Der Stadtrat hat die dringliche Motion noch nicht behandelt und wird sich mit der Frage einer zweiten Volksabstimmung noch auseinandersetzen müssen.
Der Stiftungsrat der Theaterstiftung Region Baden-Wettingen hat sich mit der dringlichen Motion auseinandergesetzt, kann aber die rechtlichen Auswirkungen, insbesondere betreffend Erfordernis einer erneuten Volksabstimmung, nicht definitiv abschätzen.
Der Stiftungsrat freut sich grundsätzlich über die Mehreinnahmen, welche das Belassen der Sitzreihen generieren würde. Doch geht es aus seiner Sicht nicht an, wenn die dringliche Motion einen Reduktionsbetrag von 820 000 Franken einsetzt.
Präsidentin Antonia Stutz hält dem Begehren der dringlichen Motion entgegen: «Die Planung für die Entfernung der Stuhlreihe hat bereits erhebliche Kosten verursacht, und ein Belassen der Stuhlreihe hätte wiederum Planungskosten zur Folge. Im Stufenboden sind die Lüftung und sonstige Haustechnik verlegt, weshalb die Planung und Umsetzung komplex sind».
Es könne nicht angehen, dass die Theaterstiftung als Bauherrin diese Planungskosten, welche durch das Hin und Her des Einwohnerrates entstehen, zu bezahlen hat.
Adrian Humbel, externer Projektleiter, erklärt, dass wegen der Sitzänderung auch die gesamte Lüftungsplanung bereits angepasst wurde.
Seitens der FDP als damalige Antragstellerin erklärt der unterzeichnende Peter Courvoisier, alt Einwohnerrat, er würde sich nach wie vor hinter den Antrag für mehr Beinfreiheit stellen: «Wenn man so viel Geld ins Kurtheater investiert, dann soll mit einer neuen Bestuhlung auch ein zeitgemässer Sitzkomfort geschaffen werden», sagt Courvoisier.
Angesichts der bereits ausgegebenen Planungsgelder macht aus seiner Sicht eine Rückplanung zum alten Sitzabstand auch keinen Sinn mehr.
Geschlossen stimmten damals FDP und CVP für mehr Beinfreiheit und zusätzliche 820 000 Franken, dagegen waren SVP, SP, GLP und Grüne.
Bächli versuchte vergebens, aus dem Änderungs- einen Zusatzantrag zu erwirken, damit dieser gestrichen werden könnte, falls die Denkmalpflege die Sitzreduktion ablehnen würde. So gäbe es keine Verzögerung.
Ihre dringliche Motion wird nun am 30. August vom Einwohnerrat behandelt.