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Im Jahr 2013 streikten Mitarbeiter des Spar in Baden-Dättwil. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt nun 15 Personen der Nötigung und des Hausfriedensbruchs.
Erst streikten sie, dann wurden sie entlassen – nun sind sie auch noch gebüsst worden: Zehn ehemalige Mitarbeiter des Spar-Tankstellenshops in Dättwil haben von der Aargauer Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl wegen Nötigung und Hausfriedensbruch erhalten, berichtet «Tele M1». Auch gegen fünf Mitarbeiter der Gewerkschaft Unia sind Strafbefehle ausgestellt worden.
Rückblick: Elf Tage lang hatten Mitarbeiter des Detailhändlers im Juni 2013 gestreikt und dabei den Tankstellenshop besetzt. Unterstützung erhielten sie vor Ort von der Gewerkschaft Unia. Der Vorwurf: Inakzeptable Arbeitsbedingungen. Die Forderung: Mehr Lohn und mehr Personal.
Der Detailhändler reagierte mit einer Anzeige wegen Nötigung, Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung. Als das Bezirksgericht Baden mit der polizeilichen Räumung des Areals drohte, wurde die Blockade aufgegeben. Die Streikenden erhielten die Kündigung.
Fiona Strebel, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, begründet die Strafbefehle so: «Wir werfen den Beschuldigten vor, dass sie während elf Tagen den Personaleingang und die Zufahrt zum ganzen Areal mit Containern und Fahrzeugen verbarrikadierten.
Damit wurde auch der Zutritt für alle verhindert, die dort einkaufen, tanken oder arbeiten wollten.» Die 15 Beschuldigten sind zu bedingten Geldstrafen und Bussen von 400 bis 1200 Franken verurteilt worden. Die Strafbefehle sind aber noch nicht rechtskräftig, alle Beschuldigten haben Einsprache erhoben.
Spar-Sprecher Ronald Haug sagt: «Als der Streik lief, haben wir die Gewerkschaft Unia mehrfach dazu aufgefordert, die besetzte Liegenschaft wieder freizugeben. Der Streik alleine hätte uns nicht zu einer Anzeige veranlasst, aber bei der Besetzung handelte es sich um eine widerrechtliche Aktion.»
Kurt Emmenegger, Regionalleiter der Unia-Region Aargau, kämpfte 2013 an vorderster Front für die Spar-Mitarbeiter. Er sagt auf Anfrage: «Wir haben keine Zweifel, dass der Streik berechtigt war. Denn zuvor war Spar nicht bereit gewesen, ernsthafte Gespräche zu führen.»
Emmenegger, der selber auch einen Strafbefehl erhalten hat, kritisiert die Staatsanwaltschaft: «Es handelte sich um eine Auseinandersetzung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber, in die sich der Staat nicht einzumischen hat. Ich möchte daran erinnern, dass das Streikrecht in der Bundesverfassung festgesetzt ist.»
Auf den ersten Blick sei die Unia-Aktion kein Erfolg gewesen, räumt Emmenegger ein. Die Aktion habe aber möglicherweise dazu beigetragen, dass die Mitarbeiter von Tankstellenshops Aussicht auf einen national verbindlichen Gesamtarbeitsvertrag haben, wie vor zwei Wochen bekannt wurde.