Die Aargauische Berufsschau in Wettingen bietet Einblick in praktisch alle Berufe, die der Aargau zu bieten hat. Bis zum Sonntag werden rund 40 000 Besucher erwartet.
Mittwochnachmittag, Tägerhard Wettingen. Die Aargauische Berufsschau ist gut besucht; trotzdem herrscht kein Gedränge. Da in den meisten Schulen am Mittwochnachmittag schulfrei ist, sind nur wenige Schulklassen da. Dafür umso mehr Eltern mit ihren Kindern im Berufswahlalter. Die Klassen teilen sich auf; vielfach erkunden sie die Ausstellung mit klaren Aufträgen, andere Schüler ziehen frei durch die Halle und das Aussengelände, sie sollen spontan dort Halt machen, wo es sie hinzieht.
Die Familien, die an die Ausstellung kommen, haben hingegen meist schon eine konkrete Vorstellung, was sie wissen möchten. So auch jene Mutter, die mit ihrem Sohn vor dem Stand der Schreiner steht und sagt: «Schau David, hier kannst du alles fragen – oder soll ich?» Der Schüler will nicht, dass seine Mutter Fragen stellt, und selber will er auch nicht fragen; ein Stift erkennt das Dilemma und nimmt sich des Jugendlichen an, zeigt ihm eine Maschine, die beiden kommen ins Gespräch.
Am Mittwochnachmittag besucht auch Bildungsdirektor Alex Hürzeler zusammen mit weiteren geladenen Gästen die 15. Aargauische Berufsschau. Diese ist ein Abbild der erfolgreichen dualen Berufsbildung, wie sie im Aargau praktiziert wird. Dieses Jahr haben rund 6600 Lernende einen Abschluss auf der Sekundarstufe II erlangt. Davon entfielen rund 5200 Abschlüsse auf die Berufsbildung. Das sind über 78 Prozent. Damit liege der Aargau klar über dem schweizerischen Durchschnitt, der 63 Prozent betrage, erklärte Hürzeler.
Der Bildungsdirektor nannte die Berufsschau ein wichtiges Instrument, das den Jugendlichen helfe, den richtigen Beruf zu finden. Und er präzisierte: «Der richtige Beruf ist halt häufig nicht der einfachste.» Mit dem neuen Lehrplan 21 solle dem Berufswahlprozess in der Volksschule künftig noch mehr Beachtung geschenkt werden, sagte Hürzeler. So werde das neue Modul «Berufliche Orientierung» an der Oberstufe verbindlich eingeführt, der Besuch der Berufsschau werde dadurch für die Jugendlichen eine Selbstverständlichkeit.
Vor mittlerweile 36 Jahren habe er bei der damaligen Aargauischen Hypothekar- und Handelsbank seine Lehre absolviert, erzählte Hürzeler. Inzwischen sei aus seiner Lehrbank die NAB geworden, seine KV-Schule in Laufenburg gebe es nicht mehr und sein damaliger Beruf
habe sich gründlich verändert.
Die Berufswelt verändere sich im Zeitalter der Digitalisierung schneller und umfassender, als uns manchmal lieb sei, sagte Hürzeler; es gehe darum, fit und bereit für die Veränderungen zu sein. Er selber arbeite zwar immer noch gerne mit Papier und Stabilo – er fürchte, er bringe das nie mehr ganz weg.
Kurt Schmid, der Präsident des Aargauischen Gewerbeverbandes, betonte, wie sehr das Gewerbe im Kanton auf Fachkräfte angewiesen sei und wie stark die Entwicklung der einzelnen Berufe durch die Digitalisierung geprägt sei. Dies wird an der Berufsschau sehr gut sichtbar, etwa wenn diverse Berufsgruppen bereits Virtual Reality einsetzen, um den Jugendlichen einen authentischen Einblick in die Berufe zu geben.
Schmid stellte auch erfreut fest, dass im Aargau dieses Jahr erstmals mehr Berufsmaturanden als gymnasiale Maturanden ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Er rühmte zudem die Qualität der Berufsschau, die den Jugendlichen zeige, welche Möglichkeiten es gebe. «Die Berufsschau ist ein einziger, grosser ‹Walk of Jobs›», sagte Schmid.
Dieser «Walk of Jobs» in Wettingen ist noch bis zum Sonntag begehbar; der Eintritt ist frei. OK-Präsident Peter Fröhlich rechnet mit rund 40 000 Besucherinnen und Besuchern. «In der Regel verbringen die Jugendlichen zwischen drei und vier Stunden an der Berufsschau», erklärt Fröhlich und rühmt die gute Vorbereitung durch die Lehrpersonen. Offenbar hat sich die Qualität der Berufsschau bis über die Kantonsgrenzen hinaus herumgesprochen. Fröhlich stellt fest, dass auch zunehmend mehr Besucher aus den Nachbarkantonen in Wettingen anzutreffen sind.