Der Parteilose Jean-Pierre Leutwyler hat am Mittwoch in letzter Sekunde seine Stadtratskandidatur eingereicht. Wer ist dieser Mann, der schon mehrmals bei Wahlen antrat, Präsident der GLP-Bezirkspartei war und später mit ihr brach?
Im Rennen um den Einzug in den Badener Stadtrat kommt es doch noch zu einem zweiten Wahlgang: Gestern Mittwoch gab Jean-Pierre Leutwyler (parteilos) seine Kandidatur bekannt. Er tritt am 22. November gegen Erich Obrist (parteilos) an, den Sieger des 1. Wahlgangs.
Wer ist Jean-Pierre Leutwyler? Der 42-Jährige wuchs im Badener Meierhof-Quartier auf. Er liess sich zum Betriebsökonomen ausbilden und war in den vergangenen 18 Jahren in verschiedenen Positionen bei Banken und Finanzunternehmen tätig, konkret bei der UBS, CS und AKB. Heute ist er «teilzeittätig in einem Finanzinstitut im Raum Zürich», schreibt er auf seiner Website. Leutwyler ist ledig und seit 2008 Vater einer Tochter.
Sein politischer Werdegang: 2008 bis 2012 politisierte er für die Grünliberale Partei (GLP), unter anderem war er Bezirkspräsident. Mehrmals trat Leutwyler bereits bei Wahlen an. 2009 kandidierte er für den Grossen Rat und für den Gemeinderat in Ennetbaden, 2011 für die Nationalratswahlen – jeweils ohne Erfolg. Seinen ersten Triumph verbuchte er im Frühjahr 2012, als er den freiwerdenden Ersatzrichtersitz der Grünen attackierte und für den Rest der Amtsperiode eroberte. Im Laufe desselben Jahres kam es zum Bruch mit der GLP: Im Herbst trat er aus der Partei aus, «weil da meiner Ansicht nach personelle Themen stärker gewichtet wurden als die politischen Anliegen».
Im selben Herbst kandidierte Leutwyler erneut erfolglos für den Grossen Rat – und doch durfte er von Dezember 2012 bis Ende März 2013 im Kantonsparlament politisieren: Er rückte – inzwischen parteilos – dank seines Ergebnisses bei den Grossratswahlen 2009 für Peter Schuhmacher (GLP) nach. Im April 2013 und mit Beginn der neuen Legislatur musste er seinen Sitz aber wieder räumen.
Im Herbst 2013 trat Leutwyler bei den Gesamterneuerungswahlen für den Badener Stadtrat an. Er verpasste den Einzug in die Badener Regierung, zeigte sich aber positiv überrascht von den 1520 Stimmen, die er erhielt. 2014, bei seiner vorerst letzten Kandidatur, wurde Leutwyler im 1. Wahlgang als Richter ans Bezirksgericht Baden berufen.
Sein Konkurrent im zweiten Wahlgang um den Stadtratssitz, Erich Obrist, erklärte am Mittwoch: «Dass sich noch jemand zur Wahl meldet, lag im Bereich des Möglichen, trotzdem war ich überrascht. Ich kenne Leutwyler persönlich nicht und nehme seine Kandidatur ernst. Nervös bin ich aber nicht.» Seine Chancen schätze er nach wie vor als gut ein, er sei bereit für den 2. Wahlgang, so Obrist.
Wie gut stehen Leutwylers Chancen? Der ehemalige CVP-Stadtrat Reto Schmid hatte das Resultat des 1. Wahlgangs präzise vorausgesagt. Nun prognostiziert er: «Leutwyler hat null Chancen, gewählt zu werden. Er hat ein Loser-Image, ist schon oft angetreten für allerlei Wahlen, hat aber bis auf das Bezirksrichteramt nie reüssiert.» Das höchste der Gefühle werde ein kleiner Achtungserfolg sein, dank Proteststimmen von Wählern, die wütend auf Obrist sind wegen des Parteiaustritts aus der SP. Obrist werde 3400 bis 3650 Stimmen erhalten, Leutwyler 900 bis 1200 Stimmen, so Schmid.