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Der STV Baden ist aus der Badener Szene nicht wegzudenken. Seit dem 15. Juli 1868 hat sich der Verein vom David zum Goliath des Badener Sportgeschehens gemausert. Nun wird das Jubiläum gebührend gefeiert.
Er ist nicht so alt wie die Badener Thermalquellen, nicht derart in aller Munde wie die Spanischbrödli oder der Badener Stein. Doch er ist ebenso untrennbar mit der Geschichte der Stadt verbunden. Die Rede ist vom Stadtturnverein Baden, dem mit 1265 Mitgliedern grössten Sportklub in der Region. Dieses Jahr feiert «Städtli» seinen 150. Geburtstag. Gelegenheit, auf die Geschichte eines Vereins zu blicken, der klein anfing und sich zu einer der vielseitigsten und einflusreichsten Badener Institutionen gewandelt hat.
«Der Wunsch nach Bewegung und Freiheit» – so formuliert es der amtierende STV-Präsident Hansruedi Hagen in der aktuellen vereinseigenen Jubiläumsschrift – war es, der neun junge Badener Turner Mitte des 19. Jahrhunderts antrieb, ihrer Leidenschaft eine grössere Plattform zu geben. Am 15. Juli 1868 gründeten sie den Turnverein Baden, der anfänglich 19 Mitglieder zählte.
Dreimal in der Woche trafen sich die Turner zum Training, als Übungsraum diente eine von der Stadt zur Verfügung gestellte Räumlichkeit im alten Schlachthaus an der Weiten Gasse (heute Lüscher Wohnen). Der Raum war zwar mit Reck, Barren und Springel ausgerüstet, aufgrund der kleinen Platzverhältnisse stiess man für den Turnbetrieb allerdings an seine Grenzen. Als der Stadtrat im Jahre 1885 darüber hinaus entschied, den Raum zu einer Wohnung umzunutzen, standen die Turner plötzlich ohne Turnlokal da. Der anfängliche Elan und Eifer im Turnverein verpufften, wegen der fehlenden Sportstätte wurde der Sportbetrieb vorübergehend eingestellt.
Noch im «Krisenjahr» 1885 beschloss der Verein aber, aus seiner Not eine Tugend zu machen, und setzte sich für die Förderung eines Turnhallenbaus ein. Zu diesem Zweck taten sich einige Mitglieder zusammen und gründeten den sogenannten «Männerturnverein».
Auch durch dessen Initiative und dank geschickter Lobbyingarbeit wurde das Jahr 1888 zum Wendepunkt in der Geschichte des Turnens in der Stadt. Es fiel der Startschuss für den Bau der Turnhalle Ländli. Ein solcher Bau war für Baden ein Novum: Bis anhin hatte noch keine städtische Turnhalle existiert.
Ein geregelter Turnbetrieb wurde also sichergestellt – und dies trug Früchte. 1895 wurde der Turnverein Baden erstmals mit der Durchführung des kantonalen Turnfestes betreut, und in den folgenden zwei Jahrzehnten sammelten die Badener Turner fleissig Kränze an kantonalen und eidgenössischen Turnanlässen. Insbesondere die Gebrüder Willi, Hans und Josef Hagen – Vorfahren von Hansruedi Hagen – sorgten für die ersten grossen Erfolge.
Intern traten 1896 zwar Unstimmigkeiten bei den Vorstandswahlen auf, was einige Austritte und die Gründung der «Neuen Sektion Baden» zur Folge hatte. Dieser neue Verein konnte sich allerdings nicht nachhaltig durchsetzen und der Turnverein Baden, 1896 in Stadtturnverein Baden umbenannt, setzte seinen erfolgreich eingeschlagenen Weg fort.
Bis ins Jahr 1918 wuchs die Mitgliederzahl auf 500 Mitglieder an, fünf Jahre zuvor wurde ebenfalls eine Damenriege im Verein etabliert. Die Vereinsmitglieder hatten inzwischen auch Gefallen an anderen Disziplinen gefunden: 1913 wurde die Schwimmsektion geschaffen, 1919 folgten die Gesangssektion und 1921 die Sportsektion, aus der später die Leichtathletik- und Handballabteilung hervorgingen.
Ab 1923 gab es auch eine Jugendriege, in der erste Winterkurse (mit Skifahren an der Lägern und Schlittschuhlaufen auf dem Dättwiler Weiher) durchgeführt wurden. Daraus entwickelte sich 1930 die Skiriege. 1934 weihte der STV gar ein eigenes Ferien- und Vereinshaus auf dem Oberberg im Kanton Schwyz ein. Aus dem Spartenverein für Turner war ein mittelgrosser Polysportverein geworden.
Das Wachstum in den Mitgliederzahlen brachte ein wiederkehrendes Problem zutage: Wie schon rund 30 Jahre zuvor hatte «Städtli», wie der Verein unter Badenerinnen und Badenern bis heute genannt wird, mit dem Mangel an geeigneten Sportstätten zu kämpfen.
1919 schlossen sich deshalb sämtliche Badener Sportvereine zu einer Turn- und Sportkommission zusammen und erwirkten zwei Jahre später schliesslich den Bau der Sportanlage Aue, welcher bis 1925 abgeschlossen war. Das ambitionierte Projekt enthielt einen Sportplatz und eine 400-Meter-Leichtathletikbahn – die erste in der Schweiz –, aber keine Turnhalle. Diese kam erst rund zwei Jahre später in Form einer Sport- und Reithalle hinzu.
Die Nachfrage nach Sport Mitte des 20. Jahrhunderts war gross, Baden wurde zur regelrechten Sportstadt. Ab den 1960er-Jahren weitete der Stadtturnverein sein Angebot kontinuierlich aus, gründete Fitnessriegen, eine Volleyball- sowie, einige Zeit später, eine Basketballabteilung.
1993, beim 125-Jahr-Jubiläum, hatte sich «Städtli» mit 1000 Mitgliedern längst zum Grossverein entwickelt. Leichtathletik und Kunstturnen, die einstigen Vereinsaushängeschilder, verkamen zu diesem Zeitpunkt zur Randerscheinung. Mehr und mehr wurden sie durch Team- und Ballsportarten abgelöst.
Die einzelnen Abteilungen besassen nun eigene Entscheidungsträger und wurden selbstständiger. Auch deswegen bahnte die damalige Klubführung im Jahr 2000 den Weg in eine neue Vereinsstruktur, indem sie den STV in eine Dachorganisation für vier eigenständige und gleichwertige Vereine umfunktionierte (siehe unten).
Dabei ist es schon lange nicht mehr nur der Sport, durch welchen der Stadtturnverein in Baden in Erscheinung tritt. So veranstaltet der Verein jährlich die 1.-August-Feier auf dem Theaterplatz, ist Mitorganisator des Limmatlaufs und führt – nicht zuletzt an der Badenfahrt vor einem Jahr – Fahrten mit der Spanischbrötlibahn durch.
Politikerinnen und Politiker wie Ex-Ständerätin Pascale Bruderer (SP), Nationalrat Thierry Burkart (FDP), Grossrat Martin Keller (SVP) oder Stadtammann Markus Schneider (CVP) sind Mitglieder im Verein und machen «Städtli» auch über die Stadtgrenzen hinaus zum Begriff.
Zudem stellt der Verein einen Vertreter in der Badener Sportkommission, steht also in engem Kontakt mit den Stadtbehörden und hat ein Sagen in politischen Entscheidungsprozessen. Seit Ende 2017 verfolgt der STV seine Ziele zudem in der Interessengruppe Sportvereine Baden.
Und doch ereilen den Stadtturnverein jene typischen Nebenerscheinungen, die auch andere Klubs beschäftigen. Überalterung und Mangel an Nachwuchskräften, Trainern und Funktionären sind da zu nennen. Sie sind zum Teil einem gesellschaftlichen Wandel geschuldet, haben aber auch mit dem Fehlen passender Infrastruktur zu tun.
So scheint sich die Geschichte zu wiederholen: Die Sportstätten in der Stadt sind teilweise in die Jahre gekommen und bieten für viele Vereine zu wenig Platz. «Die Sporthalle Aue ist keine zeitgerechte Wettkampfhalle mehr», sagt beispielsweise Hansruedi Hagen (siehe Interview rechts).
Der Stadtturnverein wird für diese Herausforderungen Lösungen finden müssen. Dass er dafür wandlungsfähig genug ist, hat er in seiner 150-jährigen Lebenszeit mehr als einmal bewiesen.