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Thermalbad, «Staadhof» und städtische Trinkhalle liegen in Trümmern – auch mit den drei Zeitzeugen der Moderne von Architekt Otto Glaus gelang vor 50 Jahren die Renaissance in den Bädern nicht.
Wenn nun im Bäderquartier auch etwas Neues daraus entstehen wird, so soll die Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten. Zu meiner wichtigsten Quelle gehört die ehemalige Archäologin des Kantons, Andrea Schaer, die mehrere Jahre ihrer Arbeit in die Geschichte des Bäderquartiers investierte.
Nicht nur die Römerzeit ist bestens dokumentiert, die zu einem Teil dort begraben liegt, wo nun Neues erstellt wird, sondern auch prägende Bauten, die im Mittelalter an dieser Stelle gestanden hatten oder aus der Neuzeit stammen und jetzt dem Abbruchhammer zum Opfer fallen. Historisch interessant waren beim Bau des letzten «Staadhofs» die Funde aus römischer Zeit, unter anderem einer Apsis, die dort ins medizinische Zentrum eingebaut wurde.
Jetzt sind die Baufelder 1 und 2 der neuen Bäderprojekte am Limmatknie ein Trümmerfeld. Sie erinnern an die Bilder deutscher Städte, nachdem sie kurz vor Kriegsende durch Luftangriffe der Alliierten zerbombt wurden. Mit dem Abbruch des einstmals legendären öffentlichen Thermalbades, des «Staadhofs» und der städtischen Trinkhalle sind gerade jene Bauten zerstört worden, die noch vor beinahe 60 Jahren den letzten verzweifelten Widerstand gegen den Niedergang der Bäderhotels verkörpert hatten.
Hinter diesen drei Bauten, die innert weniger Jahre entstanden, steckte der bedeutende Schweizer Architekt Otto Glaus (siehe nachfolgende Text-Box). Dass diese Bauten den erhofften Aufschwung dann doch nicht brachten, lag wohl weniger an den Bauten selber, sondern vielmehr an der Entwicklung des Bädertourismus, aber auch daran, dass die Neubauten zu wenig vermarktet und letztlich baulich vernachlässigt wurden.
Der aus Heiden stammende Otto Glaus (1914–1996) lernte erst Tapezierer, ging dann an die Kunstgewerbeschule, studierte Innenarchitektur und durchlief später die Architektur-Ausbildung an der ETH in Zürich. Geprägt wurde er durch sein Pariser Jahr bei Le Corbusier. Viele bekannte Bauten tragen seine Handschrift. Bekannt wurde er in seinen reifen Schaffensjahren durch die sakral gehaltenen Sichtbetonbauten. Dass er als einer der bedeutenden Vertreter der modernen Architektur galt, lag an drei Schwerpunkten: Er verknüpfte seine Bauten mit der Umgebung und strebte eine optimale Funktionalität und Benutzerfreundlichkeit an. Auch strebte Glaus schon damals behindertengerechtes Bauen an und bezog die Verkehrsplanung mit ein. All diese Punkte waren im Bäderquartier spürbar. Letztlich verpassten es die verantwortlichen Gesellschaften Verenahof AG, Thermalbad AG und Staadhof AG, diese Bauten technisch instandzuhalten. Glaus war auch für den Bau des Flughafengebäudes in Agno TI, den Kursaal und das Bezirksspital in Heiden AR, die Bäderklinik Valens SG, das Kurzentrum in Bad Ragaz SG und viele Schul- und Gewerbebauten verantwortlich. (-rr-)
Hotel und Restaurant «Blume» sowie der «Limmathof» sind in den grossen Bädern (Badener Seite) die letzten Traditionshäuser, die heute noch in Betrieb stehen. Sie gehören auf die Liste der bekannten Namen wie «Verenahof», «Raben» («Schweizerhof»), «Schlüssel» (heute zum «Limmathof» gehörig), «Bären» und «Ochsen» mit ihren Dependancen und das «Römerbad», die alle der Reihe nach vor Jahrzehnten ihre Türen schliessen mussten. Eher vergessen wird dabei der «Staadhof», der zusammen mit dem einstigen «Hinterhof» zu den traditionsreichsten Bädergasthöfen in Baden gehörte.
Gemäss Angaben der Kantonsarchäologie waren «Hinterhof» und «Staadhof» lange Zeit auch die bedeutendsten und besten Häuser in Baden. Der «Staadhof» wird als «Hof Nid dem Rain» im Jahr 1361 erstmals als Habsburgisches Lehen in Schriftquellen erwähnt. Im 15. Jahrhundert übernahm die Familie am Staad den Bädergasthof als Lehen.
Bereits 1467 verkaufte Conrad am Staad den «Staadhof» wieder, der Name blieb jedoch bis heute. Der «Staadhof» und dessen frohes Badeleben zeichnete der Basler Arzt und Universitätsrektor Heinrich Pantaleon im Jahre 1578 detailliert auf. Wobei das «Herrenbad als Hort der Lebensfreude, wo der Wein reichlich fliesst und auch dem Gesang und Spiel gefrönt wird», beschrieben wird. Damals, so in der Reisebeschreibung von Michel de Montaigne (1580), wurde der «Staadhof» öfters fälschlicherweise als «Stadthof» benannt, dabei stand er nie in städtischem Besitz.
Während in der Antike und weit ins Mittelalter hinein das Baden als gemeinschaftliches und lange Zeit auch gemischtgeschlechtliches Vergnügen galt, kam Anfang 19. Jahrhundert das sittliche Umdenken, das gemeinhin auch als Prüderie bezeichnet wurde. Dies wiederum verhalf dem «Staadhof» zum ersten modernen Bäder-Gasthaus. Es wurde in den Jahren 1815 bis 1817 grösstenteils um- und neugebaut und mit modernsten Einrichtungen wie Einzelbäder und Duschen ausgestattet.
So schrieb David Hess 1818 in seiner «Badenfahrt» über den «Staadhof» und dessen Ausstattung, dass die neusten Zimmer «Öfen, zierliche Gipsdecken und wohlgewählte Tapeten» hätten und die Betten mit «seidenen Federdecken» ausgerüstet seien. Die ehemaligen 18 Bäder habe man bis auf 41 vermehrt, etwas kleiner allerdings als die alten, und «in den Kesselbädern sind zwei ganz neue, sehr gut beschaffene Tropfmaschinen (Duschen) angebracht».
Den Sprung in die neue Zeit der modernen Hotellerie und die Entwicklung in der Bäderheilkunde verpasste der «Staadhof» in der Folge und im zweiten Teil des 19. Jahrhunderts. Zum Vergleich: Der «Verenahof» wurde 1842–1844 erbaut, vorher Standort der «Sonne» und des «Löwen», wo 1829 die Verenaquelle erbohrt wurde. Das Grand Hotel folgte 1872.
Beide Häuser galten damals als die modernen Hotels, wobei das Grand Hotel im Jahr 1944 wieder abgebrochen wurde. Während sich andere Häuser rasant entwickelten, verlor der «Staadhof» an Bedeutung. Es folgte ein Teilabbruch. Der Brugger Architekt Albert Froelich verfasste in den 1920er-Jahren noch das ambitiöse Neubauprojekt für ein «Grand Hotel Staadhof», das nie verwirklicht wurde. Im 20. Jahrhundert überlebte nur noch das Haupthaus des ehemaligen Bädergasthofs neben dem «Raben» («Schweizerhof»).
Anfang der 60er-Jahre wurde im Bäderquartier die letzte grosse Offensive gestartet. 1963–1965 wurde das öffentliche Thermalbad gebaut, das 1980 durch eine Freibadanlage ergänzt wurde. Der neue «Staadhof» mit Kurpraxen und therapeutischen Einrichtungen und die städtische Trinkhalle wurden 1967–1969 realisiert. Die Stadt Baden investierte Ende der 80er-Jahre nochmals knapp drei Millionen Franken in einen attraktiven Gastraum der Trinkhalle.
Der erhoffte Aufschwung stellte sich trotz der Anstrengungen nicht mehr ein. Im Jahre 1996 übernahm die Verenahof AG, inzwischen grösste Grundeigentümerin im Bäderquartier, die Thermalbad AG und die Staadhof AG. Mehrere Anläufe für neue Projekte scheiterten allerdings, und die Instandhaltung der vorhandenen Bausubstanz sowie der technischen Anlagen des Bades wurden dabei sträflich vernachlässigt. Erst mit der Übernahme der Verenahof AG durch Benno Zehnder im Jahr 2006 kam in die Projektierung von neuen Bäderprojekten wieder Schwung.