Darauf haben Badener Klubs und Gastronomiebetreiber lange gewartet: Der Stadtrat hebt das «Tanzverbot» an Feiertagen auf.
An Ostern oder Pfingsten feiern bis in die frühen Morgenstunden? Was zum Beispiel im Kanton Zürich schon lange möglich ist, ist im Aargau verboten. Klubs und Gastrolokale müssen jeweils kurz nach Mitternacht ihre Pforten schliessen.
Doch damit ist seit Donnerstag Schluss. Denn der Badener Stadtrat hat als erste Exekutive im Kanton per 1. März das sogenannte «Tanzverbot» aufgehoben.
Der Begriff «Tanzverbot» ist insofern missverständlich, als man natürlich auch an christlichen Feiertagen tanzen darf. Doch bis 28. Februar 2018 durften Aargauer Gastrobetriebe an diesen Tagen nur bis 0.15 Uhr offen haben. An normalen Sonntagen respektive Feiertagen durften Klubs jedoch bis 2 Uhr respektive je nach Bewilligung bis 4 Uhr geöffnet haben.
Ziemlich genau vor zwei Jahren stimmte das Aargauer Stimmvolk über eine Initiative der Piratenpartei ab, die eine Aufhebung des Tanzverbots vorsah. Die Initiative wurde knapp mit 51,8 Prozent abgelehnt. In Baden selber stimmten aber knapp 54 Prozent für die Aufhebung. Ein Jahr später überwies der Grosse Rat deutlich eine Motion von Serge Demuth (SVP, Baden), wonach es Sache der Gemeinden sein soll, ob sie das Verbot lockern wollen. Nachdem das Referendum ausblieb, ist die neue Regelung am 1. März 2018 in Kraft getreten. (mru)
Zusammengefasst: Neu werden christliche Feiertage wie Karfreitag, Ostern, Pfingsten oder der 25. Dezember den normalen Sonntagen gleichgestellt. Gastrobetriebe und Klubs können auch an diesen Tagen bis 4 Uhr geöffnet haben, wenn sie hierfür ein Gesuch stellen.
«Für den Stadtrat steht fest, dass ein gänzliches Festhalten am Tanzverbot nicht mehr zeitgemäss ist», sagt Stadtrat und Sicherheitsvorsteher Matthias Gotter. Natürlich habe man Verständnis für kritische Stimmen, die mit der Aufhebung des Tanzverbots eine 24-Stunden-Spassgesellschaft befürchten. «Aber letztlich kann jeder Einzelne selbst entscheiden, ob er von den Angeboten Gebrauch machen will.»
Gotter gibt zu bedenken, dass sich vor zwei Jahren 54 Prozent des Badener Stimmvolks an der Urne für die Aufhebung des Tanzverbots aussprachen. «Insofern setzen wir jetzt den Volkswillen um.» Am Anfang habe die entsprechende Verwaltungsabteilung noch über eine «semi-liberale» Auflockerung von 0.15 auf 2 Uhr diskutiert.
Am Schluss habe man aber entschieden, dem Stadtrat Öffnungszeiten bis 4 Uhr vorzuschlagen – nach dem Motto: wenn Liberalisierung, dann richtig. «Dies nicht zuletzt auch auf Wunsch der Kulturbetreibenden und Klubbetreiber, die sich eine Lockerung der Vorschriften schon lange herbeisehnen.»
Bei den Klubs und Gastrobetreibern kommt der Entscheid naturgemäss gut an. «Wir freuen uns und werden auf alle Fälle Gesuche für verlängerte Öffnungszeiten stellen», sagt Jorin Schmitz, Mitbetreiber der «Kiste» am Schulhausplatz.
«Es war in der Vergangenheit immer ein grosser Frust zu sehen, dass hier in der Region zwar die Nachfrage nach Partys vorhanden gewesen wäre, die Leute aber an den Feiertagen stattdessen nach Zürich pilgerten.»
Schmitz macht denn auch kein Geheimnis daraus, dass die Aufhebung des Tanzverbots für die «Kiste» auch eine lukrative Sache sei. «Das sind finanziell wichtige Tage für uns.» Natürlich nehme man auf die Anwohner Rücksicht und habe auch viel in Sachen Lärmemissionen unternommen.
«Doch letztlich stehen heute der Gesellschaft rund um die Uhr so viele Sachen zur Verfügung, weshalb soll es dann nicht auch möglich sein, an Feiertagen zu feiern? Ob man das will oder nicht, kann letztlich jeder selber für sich entscheiden.»
Auch LWB-Betreiber Dano Dreyer hat für kritische Stimmen wenig Gehör. «Wenn ein Casino oder Geschäfte auf dem Bahnhofareal mehr oder weniger rund um die Uhr geöffnet haben, weshalb müssen wir dann unter diesen Einschränkungen an christlichen Feiertagen leiden?»
Und zweitens gehe es für ihn nicht auf, dass man zwar in der Stadt wohne und von deren Annehmlichkeiten profitiere, gleichzeitig aber an Feiertagen strikte Ruhe einfordere. «Der Entscheid des Stadtrats ermöglicht es uns, an rund zehn weiteren Tagen Veranstaltungen durchzuführen und so den Menschen im ganzen Einzugsgebiet von Baden mehr zu bieten.»
Auch «Nordportal»-Geschäftsleiter Clive Hupf zeigt sich erfreut: «Wir haben uns schon daran gewöhnt, dass das Partyvolk an den Feiertagen nach Zürich ausweicht. Dank dem Entscheid können jetzt auch wir an den Feiertagen ein attraktives Programm anbieten.» Kurzfristig werde man aber das Programm nicht gross ändern, respektive dieses stehe schon für die nächsten Monate.
Aber längerfristig eröffne der Entscheid sicher Möglichkeiten. «Insbesondere am Buss- und Betttag im September sind wir in der Vergangenheit schon auf dem falschen Fuss erwischt worden, da wir den Feiertag schlicht nicht präsent hatten.»
Auch Andriu Deflorin vom Kulturhaus Royal äussert Freude: «Da wir kein Partytempel sind, werden wir diese Möglichkeiten sicher nicht ausschöpfen. Aber der Entscheid gibt uns mehr Flexibilität.»
Künftig werden Klubs also auch an christlichen Feiertagen bis 4 Uhr geöffnet haben. Was bedeutet dies für die Stadtpolizei Baden? «Wir gehen davon aus, dass in Zukunft an diesen Tagen ähnlich viele Menschen bis um 4 Uhr in der Stadt sein werden, wie das heute an normalen Wochenenden der Fall ist», sagt der stellvertretende Kommandant Max Romann.
Das bedeute, dass die Polizei künftig an diesen Tagen mit einer Besetzung wie an normalen Wochenenden präsent sein müsse. «Bei gleichbleibenden Ressourcen hat dies wiederum weniger Frei- und Kompensationstage für das Corps zur Folge.»