Baden
Tempochaos: Stadtrat gegen Limite 20 beim Kino Sterk

Ein Postulat von zwei Badener Einwohnerräten wünschte eine neue Begegnungszone bei der Bahnhofstrasse Süd. Der Stadtrat sagt nein zum einheitlichen Tempolimit.

Andreas Fretz
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Die Einwohnerräte wünschten beim Kino Sterk und beim Café Colombo eine Begegnungszone mit Tempo 20.

Die Einwohnerräte wünschten beim Kino Sterk und beim Café Colombo eine Begegnungszone mit Tempo 20.

Sandra Ardizzone

Wer beim Kino Royal in die Bahnhofstrasse einbiegt mit dem Ziel Tunnelgarage, hat eine Strecke von rund 500 Metern vor sich. Auf diesen 500 Metern wird der Verkehrsteilnehmer mit vier unterschiedlichen Tempolimits konfrontiert. Vom «Royal» bis zum Oberen Bahnhofplatz gilt Tempo 30, auf dem Bahnhofplatz Tempo 20, vom Coop-City-Gebäude bis zur Tunnelgarage Tempo 30, danach wieder Tempo 20 (siehe Artikel rechts).

Ein Postulat der Einwohnerräte Michael Staubli (Grüne) und Nadia Omar (Team Baden) hätte dies ändern können. Sie hatten den Stadtrat aufgefordert, zu prüfen, wie die Bahnhofstrasse Süd zwischen dem Oberen Bahnhofplatz (ab Coop-City-Gebäude) und der Tunnelgarage in eine Begegnungszone mit Tempo 20 umgestaltet werden kann. Der Stadtrat lehnt diesen Vorschlag aus dem Jahr 2017 nun ab. Allerdings kündigt er in der Antwort auf das Postulat diverse Massnahmen an. Der Einwohnerrat wird an seiner nächsten Sitzung darüber befinden.

Die Vereinheitlichung der Tempolimits wäre eine wünschenswerte Nebenwirkung gewesen, so die Postulanten. Sie hätte zur Folge gehabt, dass vom Royal bis zur Tunnelgarage nur noch zwei unterschiedliche Tempolimits gelten. Im Postulat mit dem Titel «Begegnungszone Bahnhofstrasse» geht es in erster Linie um die Gestaltung des Streckenabschnitts vom Oberen Bahnhofplatz zur Tunnelgarage.

Aus der Bahnhofstrasse Süd einen Platz machen

Staubli und Omar schreiben: Seit neben dem Kino Sterk ein neues Café eingezogen sei, falle es leichter, sich diesen Perimeter belebt vorzustellen. «Diese neue Situation soll genutzt werden, um an diesem Ort einen neuen Aufenthalts- und Durchgangsort zu schaffen.» In ihrem Postulat forderten sie: «Es soll eine Gesamtplanung für den Perimeter erarbeitet werden, die aus dem heutigen Strassenraum einen Platz macht.» Eine Begrünung, Sitzstufen oder andere Sitzmöglichkeiten werden erwähnt, damit aus dem reinen Durchgangsort ein Ort zum Verweilen werde.

Die Lage des hindernisfreien Zugangs zur Unterführung soll hinterfragt werden. Und weiter: Mit den SBB solle die Öffnung des Gleises 1 vom Coop-City-Gebäude bis zur Hirschlistrasse durch das Entfernen der Abschrankung abgeklärt werden. «Die Öffnung des Gleises 1 ist überfällig», heisst es im Postulat. Die Planung soll auch der höheren Busfrequenz auf der Bahnhofstrasse Rechnung tragen, diese jedoch nicht über alle anderen Bedürfnisse stellen.

Der Stadtrat hat in seiner Analyse die Bahnhofstrasse in drei Abschnitte eingeteilt. Zur Strecke Oberer Bahnhofplatz–Tunnelgarage (Bahnhofstrasse Süd) sagt er: Historisch und stadträumlich gesehen, handle es sich um einen Strassenraum und nicht um einen Platz. «Der Anlieferungsverkehr zu und von der Innenstadt erfolgt über die Bahnhofstrasse Süd. Diese erfüllt aufgrund der starken Längsorientierung und der diversen Höhenunterschiede ohne umfangreiche Umbauten die Voraussetzungen für eine Begegnungszone nicht.» Das heutige Verkehrs- und Temporegime 30 entspreche den vorhandenen räumlichen und funktionalen Gegebenheiten und solle beibehalten werden.

Die Bahnhofstrasse Süd wurde 2008 saniert und weise frühestens 2030 einen Erneuerungsbedarf auf. Eine Gesamtplanung zum jetzigen Zeitpunkt mache keinen Sinn, so der Stadtrat. «Es besteht kein dringender Handlungsbedarf und es fehlen die Mittel.» Sofort- und kurzfristige Massnahmen sollen hingegen umgesetzt werden und die Qualität des Strassenraums verbessern.

Die «Ausserorts»-Leitplanke wird verkürzt

Bereits umgesetzt wurde ein dritter Zugang zum Gleis 1 auf der Höhe Hirschlistrasse. Diesen Herbst sollen sämtliche Zugänge zum Gleis 1 rote Beläge erhalten. Damit sollen die Fussgängerübergänge hervorgehoben und die Aufmerksamkeit erhöht werden. Die Leitplanke oberhalb der Unterführung, die der Strasse einen «Ausserortscharakter» verleiht, soll verkürzt und durch ein normales Geländer ersetzt werden. Der Bereich vor dem Café könnte dadurch offener gestaltet werden, so die Begründung.

Die Geländer entlang des Trottoirs beim Coop-City-Gebäude sollen ersatzlos entfernt werden. Zusammen mit den SBB will die Stadt zudem prüfen, ob auch die Geländer beim Gleis 1 entfernt werden können. Dort ist eine neue doppelstöckige Velopark-Anlage geplant, welche die bestehende erweitern soll. Der Stadtrat schreibt: «Die Neuanordnung der Veloparkierung ist bei der Aufwertung der Bahnhofstrasse Süd zwingend zu berücksichtigen.» Falls es die Sicherheit zulässt, können die Geländer entfernt werden.

Bei den anderen Abschnitten der Bahnhofstrasse sieht der Stadtrat derzeit keine Massnahmen vor. Der Abschnitt Royal–Oberer Bahnhofplatz weise für Fussgänger keine Querungsmöglichkeiten auf und erfülle die Voraussetzungen für eine Begegnungszone nicht. Der Obere Bahnhofplatz sei bereits als Begegnungszone (Tempo 20) ausgestaltet.