Der frisch gewählte FDP-Nationalrat Thierry Burkart spricht über seine politische Linie, über seine Zukunft in Bern und Einbussen beim Privatleben. Eine Familie sei für ihn zurzeit ohnehin kein Thema. «Doch es gibt auch Politiker mit Familien», sagt er schmunzelnd.
Es gebe immer noch Momente, in denen er es nicht realisieren könne, sagt Thierry Burkart (40) freudestrahlend, als hätte er gerade sein Topergebnis als frisch gewählter Nationalrat erfahren. Warum er als Sachpolitiker zu solcher Popularität gelangt sei, könne er doch nachvollziehen: «Ich glaube, weil ich hinstehe und jedermann weiss, woran man bei mir ist», antwortet Burkart und schickt gleich nach: «Und wenn man es allen recht machen will, dann ist man in der Politik klar am falschen Ort.»
Burkarts politische Selbsteinschätzung lautet: «Sicher klar bürgerlich, liberal im Sinne von Freiheit, gegen unnötige Abgaben und Gebühren. Und der Staat soll das reglementieren, was er auch zu kontrollieren vermag.» Stramm freisinnig, wird ihm nachgesagt, am rechten Flügel, dennoch will er sich gegen ganz rechts abgrenzen: Er sei gegen die Masseneinwanderungsinitiative gewesen, überhaupt fahre er in Sachen Aussenpolitik nicht auf der SVP-Schiene. «Ich bin offen gegenüber dem Ausland, klar gegen einen EU-Beitritt, aber für die Bilateralen. Denn das ist Teil unseres Wohlstands», kommentiert er.
Mit dem zweiten Platz sei er quasi überrumpelt worden. «Ich habe mit dem dritten Platz gerechnet, der Wahl Müllers im zweiten Wahlgang», sagt Burkart und gesteht, dass er damit mehr als nur geliebäugelt habe mit Bern. Dass er Corina Eichenberger übertrumpft und die FDP gleich noch einen Sitz gewonnen habe, das hätte er so nie erwartet. «Es hätte auch ganz anders kommen können», meint er, etwas nachdenklich. Doch bei seiner dritten Nationalratskandidatur habe er sich gesagt: «Wenn nicht jetzt, wann dann sonst.»
Thierry Burkart gehört nicht zu den Politikern, die nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind . Für seine politische Karriere hat er harte Arbeit geleistet. «Planbar ist der politische Weg nun Mal nicht» ist Burkart überzeugt. «Klar, manchmal öffnet sich eine Tür.» Er setzt eher auf den langen Atem. «Das ist einem in der Politik von Nutzen, denn auch manche Ziele sind nicht kurzfristig erreichbar», für solche Prozesse brauche es einen Willen. Zwar schaffte er bereits mit 25 Jahren, knapp dem Alter des Jungfreisinnigen entwachsen, den Sprung in den Grossen Rat. «Früher war ich sehr ungeduldig», gesteht Burkart und meint, dass er es auch heute hin und wieder sei. «Ich bin aber inzwischen einiges gelassener geworden» – ohne dass das Feuer, das Kämpferische für die Sache nachgelassen habe, meint er.
Die Krönung von Partei-, Kommissions- und anderer politischer Fleissarbeit war für ihn das Grossratspräsidium im Jahr 2014. Es kamen auch andere Ämter hinzu, die er aus Überzeugung und nicht einfach aus Berechnung angenommen habe. «Es war für mich eine Genugtuung, während acht Jahren zu helfen, das Alterszentrum Kehl in die richtigen Bahnen zu lenken», sagt Burkart. Und für den TCS werde er sich auch als Nationalrat weiter engagieren. Ein funktionierender Strassenverkehr liegt ihm ebenso am Herzen wie eine sichere, zeitgemässe Energieversorgung.
Ob er der geborene Legislaturpolitiker sei, lässt Burkart offen. «Ich bin gegenüber einem Amt in der Exekutive grundsätzlich offen», erklärt Burkart. Dass er bereits als möglicher Stadtratskandidat und späterer Stadtammann gehandelt worden sei, ehrt ihn zwar. Doch jetzt sei nicht die Zeit dazu. Auf die Wahlgeschehnisse in Baden angesprochen, was er denn der FDP raten würde, sagt Burkart klipp und klar: «Das ist Sache des Vorstandes und des Wahlkomitees.» Man soll sich in Angelegenheiten zurückhalten, wenn man nicht vollen Einblick habe, so Burkart.
Hat sich Thierry Burkart bereits auf Bern eingestellt? «Ich habe grossen Respekt vor dieser Aufgabe, denn der Parlamentsbetrieb in Bern ist eine Stufe komplexer als in Aarau, mit dem Zweikammersystem, der Mehrsprachigkeit, einer anderen Politkultur.» Dass er zu denjenigen gehöre, die im Dezember den Bundesrat wählen dürfen, erfülle ihn mit einem ganz besonderen Gefühl.
Wen er wählen werde? «Sechs Bisherige», sagt er und lacht. «Ich bin für die Zauberformel, denn damit ist die Schweiz bislang gut gefahren. Demnach hat die SVP als wählerstärkste Partei der Schweiz Anspruch auf zwei Sitze», sagt Burkart.
Wie er sich zu Hause, in Bern und an seinem neuen Arbeitsplatz im Anwaltsbüro Voser Rechtsanwälte organisieren wolle, das werde er jetzt anpacken. Auf die Reise nach Bern freue er sich. «Mit dem Zug, selbstverständlich», sagt Burkart, und egal welcher Couleur, würde sicher auch das eine oder andere Parlamentsmitglied aus dem Aargau mitreisen. Auf die Frage, wie lange er in Bern zu bleiben gedenke, lacht Burkart erneut: «Kaum gewählt und jetzt diese Frage?» Er könne es nicht sagen: «Ich habe nach vierzehneinhalb Jahren auch noch viel Freude an der Arbeit im Grossen Rat», fügt er an.
Beim Privatleben werde es Einbussen geben. «Ich werde weniger Zeit für meinen Freundeskreis haben und muss viel vorausplanen», und dass weniger Zeit für Spontanes bleiben werde, sei bedauerlich. Eine Familie sei für ihn zurzeit ohnehin kein Thema. «Doch es gibt auch Politiker mit Familien», sagt Burkart schmunzelnd. Und wenn sich diese Frage einmal stellen würde, dann müsse er eben die Situation anschauen.