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Trotz Corona-Alarm in Spreitenbacher Kindergarten: Besucher bleiben Shoppi nicht fern

Mehrere Dutzend Menschen in Spreitenbach befinden sich in Quarantäne – die Besucherzahlen sind im grössten Aargauer Einkaufszentrum stabil.

Larissa Gassmann, Pirmin Kramer
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Blick ins Shoppi Tivoli, das umsatzmässig zweitgrösste Einkaufszentrum der Schweiz.

Blick ins Shoppi Tivoli, das umsatzmässig zweitgrösste Einkaufszentrum der Schweiz.

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Zwar sind Shoppingcenter nicht von der bundesrätlichen Direktive betroffen, wonach Veranstaltungen mit mehr als 1000 Menschen wegen des Corona-Virus verboten sind. Dennoch rechnet die Branche in den nächsten Wochen mit tieferen Kundenfrequenzen. «Viele Kunden werden nach der Botschaft des Bundesrates wohl nicht mehr an Orte gehen, wo es normalerweise viele Menschen hat», sagte Marcel Stoffel, Chef des Swiss Council of Shopping Spaces, vor wenigen Tagen. Ein Branchenvertreter rechnet gar mit bis zu 30 Prozent weniger Kunden.

Ausgerechnet in Spreitenbach, wo das umsatzmässig zweitgrösste Einkaufszentrum der Schweiz steht, ist das Corona-Virus nun aufgetaucht: Ein 31-jähriger Kindergartenlehrer ist erkrankt, 44 Kinder und acht Lehrpersonen befinden sich in Quarantäne. Von Angst vor dem Virus ist in Spreitenbach aber überhaupt nichts zu spüren.

Dicht beisammen sitzen mehrere Jugendliche vor dem McDonald's auf bunten Plastikbänken. Das Coronavirus? Hat hier im Getümmel des Tivoli Spreitenbach keinen Platz. Zwischen Pommes frites und Cola werden die wirklich wichtigen Dinge des Alltags besprochen, während ein junges Paar gemächlich seinen Kinderwagen durch das Bild schiebt. Berührungsängste sind keine zu erkennen, Menschen mit Schutzmasken ebenso wenig. Nur vor dem Migros sind zwei Herren anzutreffen, die das Thema offenbar ernst nehmen. Mit einer kleinen Verbeugung begrüssen sie sich die beiden lachend. Wenige Meter davon entfernt lassen sich zwei mit vollen Einkaufstaschen beladene Frauen eine Handcreme erklären - Körperkontakt inklusive. Immerhin wird nebenbei erwähnt, dass man sich soeben die Hände gewaschen hat.

Inwiefern beeinflusst das Virus ihr Einkaufsverhalten?

Rahel Moll, 33, Brugg «Wir haben uns einen Vorrat angelegt. Nicht wegen des Corona-Virus, sondern weil momentan alle hamstern. Wir wollen damit verhindern, dass wir etwas Wichtiges nicht mehr bekommen können, weil es auf einmal ausverkauft ist.»
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Susanna Lagner, 75, Schlieren «Ich bleibe normalerweise in der Region Schlieren. Zusätzlich nehme ich kein Bargeld in die Hand, bezahle nur mit Karte. Eine Freundin, die im Spital liegt, hat nun dringend ein Nachthemd benötigt. Nur deswegen bin ich heute hier.»
Konrad Wicki, 40, Brugg «Ein bisschen Respekt habe ich schon. Man sollte regelmässig die Hände waschen, nicht gerade die ganz grossen Menschenmengen aufsuchen. Aber wenn man einkaufen muss, dann muss man halt eben einkaufen gehen.»

Rahel Moll, 33, Brugg «Wir haben uns einen Vorrat angelegt. Nicht wegen des Corona-Virus, sondern weil momentan alle hamstern. Wir wollen damit verhindern, dass wir etwas Wichtiges nicht mehr bekommen können, weil es auf einmal ausverkauft ist.»

Larissa Gassmann

Von der aktuellen Lage des Kantons lässt sich letztlich keiner so wirklich beeindrucken. Die Show muss weitergehen. Und doch sind die Schutzmasken in der im Tivoli ansässigen Apotheke längst ausverkauft, wie ein an der Tür angebrachtes Plakat verrät. Das Desinfektionsmittel auf dem Tresen wirkt wie ein weiteres Mahnmal. Irgendetwas ist eben doch im Busch, selbst wenn niemand darüber sprechen möchte. «Ach, hören Sie mir auf mit dem Corona-Virus», winkt eine Schuhverkäuferin lapidar ab. Ähnlich klingt es in anderen Geschäften. Angst hat keiner, höchstens ein bisschen Respekt.

26'000 Besucher am Samstag

Die Zahlen belegen den Eindruck, wonach im Shoppi Tivoli trotz Corona-Virus courant normal herrscht. Patrick Stäuble, Vorsitzender der Geschäftsleitung: «Am vergangenen Samstag verzeichneten wir 26'000 Besucherinnen und Besucher – eine Durchschnittszahl für einen Samstag im Februar.» Und auch der Wochenstart unterschied sich nicht von einem gewöhnlichen Wochenstart mit rund 12'000 Kunden.

«Man kann die Teilnahme an einer Grossveranstaltung nicht mit dem Aufenthalt in einem Shoppingcenter vergleichen», sagt Stäuble. «Die Ansteckungsgefahr besteht laut Bundesamt für Gesundheit vor allem, wenn man sich näher als zwei Meter und länger als 15 Minuten neben einer erkrankten Person aufhält, das passiert in einem Shoppingcenter fast nie.»

Die Reinigungskräfte sorgen dafür, dass immer genügend Seife auf den Toiletten verfügbar ist, damit die Kunden die Hände waschen können. Ansonsten hat das Einkaufszentrum keine zusätzlichen Massnahmen ergriffen.

Noch unklar ist, ob nächste Woche die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des Shoppingcenters durchgeführt werden. Stäuble: «Wir sind in Kontakt mit dem Kanton.»