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Andy Wetter eröffnet am 3.Oktober in Würenlos beim ehemaligen Bahnhof das Reisebüro One Travel International.
Die Nachricht, dass demnächst ein neues Reisebüro eröffnet, kommt ziemlich unerwartet. Die ganze Reisebranche hat seit Ausbruch der Coronapandemie enorm zu kämpfen, die Buchungen sind dramatisch eingebrochen und allenthalben werden Filialen geschlossen und Mitarbeiter entlassen.
Doch der Reihe nach. Andy Wetter war seiner Zeit – nicht geplant und ungewollt – mindestens einen Schritt voraus. Seit vier Jahren führte er im Homeoffice ein Reisebüro in Würenlos. Noch 2019 entschloss er sich, ein eigenes Reisebüro mit Büroräumlichkeiten und Beratungsplätzen zu eröffnen.
Vor dem Jahreswechsel unterzeichnete er die Mietverträge für den ehemaligen Wartesaal des altehrwürdigen und wunderschönen Bahnhofgebäudes in Würenlos, welches sich schon lange in Privatbesitz befindet. In diesen Tagen wird noch fleissig umgebaut, geplant und gewerkelt. Als hätte es Corona nie gegeben und die Buchungen flögen nur so rein.
Andy Wetter ist zwar ein Neuling als Selbstständiger mit eigenem Reisebüro. Und das im zarten Alter von 60 Lenzen. Aber er bringt einen riesigen Erfahrungsschatz aus drei Jahrzehnten in der Reisebranche mit. Er hat das KV und die Handelsschule absolviert und konnte sein Praktikum in einem Reisebüro bestreiten. Damals hat es dem in Neuenhof aufgewachsenen den Ärmel reingezogen. «Ich konnte mein Hobby zum Beruf machen», freut er sich noch heute und nach all den Jahren.
Zudem verfügt er über ein grosses und eng geflochtenes Beziehungsnetz. «Ich bin an jeder ‹Hundsverlochete› dabei», meint er mit einem Augenzwinkern. «Das stimmt», ergänzt Tochter Sandra, die seit zwei Jahren auch im Reisebüro des Vaters mitwirkt. «Viele Kunden haben wir durch die Mund-zu-Mund-Werbung erhalten», ist Wetter, der seit Jahrzehnten in Würenlos lebt, überzeugt. «Dieses Netzwerk ist unser wichtigstes Tool», betont er.
In seinem Reisebüro One Travel International wird er ab dem 3.Oktober alles anbieten. «Wir sind ein klassischer Tante-Emma-Laden, in dem Sie alles bekommen», meinen die beiden Wetters. Aber natürlich haben sie ihre Vorlieben und Spezialitäten. «Das ist ganz klar Südostasien mit Thailand, Kambodscha und Burma», kommt es wie aus der Pistole geschossen.
Diese Verbundenheit kommt nicht von ungefähr. Andy Wetter war 30 Jahre Geschäftsleiter in einem Reisebüro und war früher alle zwei Monate in Südostasien. So spricht er auch fliessend Thai. «Fast besser als ich», meint Tochter Sandra, deren Mutter aus Thailand stammt. «Daneben sind wir aber auch stark im arabischen Raum, bei Kreuzfahrten sowie Golf- und Fischereireisen», erklären die beiden.
Im Reisegeschäft ein erfahrener Hase und ein schlauer Fuchs, als Inhaber eines eigenen Reisebüros aber ein Neuling. Trotzdem hat er keine Angst vor der Online-Konkurrenz. «Und wen erreichen Sie online? Niemanden. Bei uns kann man jederzeit anrufen und wir sind für unsere Kunden da», sagt Wetter. Weitere Pluspunkte seines Geschäfts: Es hat gleich vor dem Reisebüro Parkplätze für die Kunden. «Und wir haben zwei Züge pro Stunde mit Leuten, die ein- und aussteigen.» Das gibt Laufkundschaft, die an vielen anderen Orten fehlt.
Natürlich ist der Zeitpunkt für die Neueröffnung alles andere als optimal. «Seit dem 11.März hatten wir keine Buchung mehr. Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen.» Die Arbeit ging den beiden aber trotzdem nicht aus: Vater und Tochter hatten sehr viel zu tun mit umbuchen, annullieren und schauen, dass die Kunden zu ihrem Geld kommen von den Hotels, Flug- und Kreuzfahrtgesellschaften. Also enorm viel Aufwand für praktisch keinen Ertrag.
Trotz der ungemütlichen Situation freuen sich die beiden auf die Neueröffnung ihres Reisebüros in Würenlos. Und sie haben sogar schon weitere Pläne. Eine dritte Angestellte soll helfen, die Kunden zu beraten und bedienen.
Im Frühling soll es auch möglich sein, vor dem schönen Bahnhofsgebäude einen Kaffee zu trinken. «Ich darf das. Ich habe das Wirtepatent», erklärt Multitalent Wetter. «Aber ich habe es noch nie gebraucht», gibt er gleich mit einem Lachen zu. Und dies alles mitten in der wohl schwersten Krise der Reisebranche. Wenn das mal nicht von eingefleischtem Unternehmertum zeugt.