Baden
Um Mitternacht ausgetanzt: Klubs wehren sich gegen frühe Polizeistunde

In der Nacht auf Sonntag beginnt die Polizeistunde schon kurz nach Mitternacht, da am Sonntag Bettag ist. Clubbesitzer äussern ihren Unmut und nennen diese Massnahme als nicht mehr zeitgemäss.

Stefanie Suter
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Wegen dem Bettag schliessen Klubs in Baden früher als gewohnt.

Wegen dem Bettag schliessen Klubs in Baden früher als gewohnt.

Keystone

Der Bettag (siehe Infobox) gehört zu den hohen Feiertagen, weshalb die Polizeistunde im ganzen Kanton um 0.15 Uhr durchgesetzt wird. Die Bars und Restaurants schliessen um Mitternacht. Für die Badener Clubs LWB und Kiste lohnt es sich gar nicht erst, ihre Tore zu öffnen. Eine Facebook-Gruppe mit fast 600 Mitgliedern fordert: «Baden braucht kein Tanzverbot». Bei Clubbesitzern und Konzertveranstaltern stösst die frühe Polizeistunde auf Unverständnis.

Partys werden in Zürich gefeiert

«Diese Polizeistunde ist in einem Wirtschaftskanton wie dem Aargau überhaupt nicht mehr zeitgemäss», sagt Christoph Wanner. Er ist der Inhaber der Partypur Event GmbH, die unter anderem den Club Löschwasserbecken (LWB) und die Bar Laden 5 betreibt.

«Die Leute bleiben an einem Samstagabend nicht zu Hause, nur weil in Baden alles früher schliesst – der Ausgangstourismus verschiebt sich nach Zürich.» Dies habe nicht nur für die Clubs Konsequenzen, sondern für die gesamte Stadt: «Eine ganze Wertschöpfungskette ist davon abhängig – neben den Clubs nehmen auch Taxiunternehmen, Restaurants, Bars oder Imbissbuden weniger Geld ein.»

So entstand der Bettag

Der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag (kurz auch als Bettag bezeichnet) ist in der Schweiz ein staatlich angeordneter, überkonfessioneller Feiertag, der von allen christlichen Kirchen und der Israelitischen Kultusgemeinde gefeiert wird. Am 8. September 1796 wurde der Bettag zum ersten Mal auf eidgenössischer Ebene gefeiert. 1832 legte die Tagsatzung den dritten Sonntag im September als Feiertag fest – auf Bestreben der Aargauer. Seine besondere Bedeutung erhielt der Bettag 1848 bei der Gründung des Bundesstaates: Unabhängig von der konfessionellen und politischen Zugehörigkeit soll der Bettag von der gesamten Bevölkerung gefeiert werden und verbindend wirken. Heute gelten die Bestimmungen wie das Verbot von Tanz- und Sportveranstaltungen an den hohen Feiertagen nur noch in wenigen Kantonen. Im Aargau gelten weiterhin das sonntägliche Verbot von Schiessanlässen und die Polizeistunde am Samstag. Im Kanton Zürich beispielsweise wurde die Polizeistunde schon seit längerer Zeit aufgehoben. (ssu)

Dies wirke sich sicherlich auch auf die Steuereinnahmen der Stadt und des Kantons aus. Aus diesem Grund sei die Polizeistunde am Bettag, aber auch an den anderen hohen Feiertagen dringend zu überdenken.

Wanner wollte vor einigen Jahren mit anderen Clubs aus dem Aargau auf kantonaler Ebene einen politischen Vorstoss lancieren. Ihr Ziel war es, die Polizeistunde an den hohen Feiertagen abzuschaffen, wie dies in anderen Kantonen bereits geschehen sei. Dies sei aber ein sehr aufwendiges Unterfangen: «Wir hatten erstaunlicherweise mit viel Gegenwind von politischer Seite zu kämpfen», erklärt er. Einen neuen Versuch möchte Jorin Schmitz, einer der Inhaber des Clubs Kiste, wagen: «Wir klären zurzeit ab, wie wir auf politischer Ebene etwas bewirken können.»

Wie das «LWB» bleibt auch der Club Kiste am Vorabend des Bettags geschlossen. «Finanziell spüren wir jeden Abend, an dem der Club nicht offen hat», erklärt Schmitz. Die meisten jungen Menschen interessiere dieser Bettag gar nicht. Die frühe Polizeistunde wirke sich in der ganzen Stadt aus: «Wieder ein Abend mehr, an dem Baden wie ausgestorben wirkt.»

Ganz ähnlich sieht es Patricia Itel, Leiterin Kultur Merkker: «Diese Polizeistunde ist völlig überholt und schwer nachvollziehbar – viele unserer Gäste wissen gar nicht, um was es beim Bettag überhaupt geht.» Es sei schwierig, ihnen verständlich zu machen, wieso das «Merkker» bereits um Mitternacht schliessen müsse – vor allem, wenn man selbst nicht hinter dieser Bestimmung stehen könne. «Es wäre schön, wenn sich die Gesetzgebung hier an das 21. Jahrhundert anpassen würde.»

Im Stadtrat kein Thema

Im Stadtrat sei eine Aufhebung der Polizeistunde kein Thema, sagt Reto Schmid (CVP). «Aufgrund des bis jetzt sehr gut akzeptierten Umgangs mit der frühen Polizeistunde sind auch keine Vorstösse geplant», erklärt der Stadtrat. Tatsächlich werde die Polizeistunde sehr gut eingehalten, bestätigt der Badener Polizeichef Martin Zulauf.

Nur das Casino ist von der frühen Polizeistunde ausgenommen und hat wie gewohnt geöffnet: Hier kommt das Eidgenössische Spielbankengesetz zur Anwendung.