Ein 24-Jähriger stand in Baden vor Gericht, weil er sich nach seiner Rückkehr aus den Ferien nicht bei den Behörden meldete.
Ronny (Name geändert) war wegen «fahrlässiger Verletzung der Meldepflicht als einreisende Person» per Strafbefehl zu einer Busse von 500 Franken plus 500 Franken Gebühr verurteilt worden. Verstossen hatte der 24-Jährige gegen zwei Artikel der Covid-19-Verodnung im Bereich des internationalen Personenverkehrs. Weil Ronny dies nicht akzeptierte, musste er am Bezirksgericht Baden vortraben. Dort kreuzte er mit einer Viertelstunde Verspätung und ohne Maske auf.
Einzelrichter Pascal Peterhans übte sich zunächst in Geduld und spendierte dann eine Maske aus dem Gerichts-Vorrat. Hellblau stach sie aus Ronnys Outfit hervor: Schwarz sein Haar, die Cap, das Shirt, die Jeans, die Turnschuhe. Ronny entschuldigte sich für die Verspätung – er habe noch einen anderen Termin gehabt.
Er wirkt unsicher, antwortet beflissen und zuvorkommend. Eine Frage brannte ihm gleich zu Beginn auf dem Herzen: «Ich muss wissen, warum damals plötzlich zwei Polizisten vor unserer Wohnungstüre standen? Das hat besonders auch bei meinen Eltern mental grossen Schaden angerichtet.» Richter Peterhans konnte ihm die Frage beim besten Willen nicht beantworten, war dazu doch rein gar nichts in den Akten vermerkt.
Ronny hat eine Lehre als Logistiker abgeschlossen, arbeitet derzeit aber nur temporär auf dem Beruf und verdient rund 2000 Franken monatlich. «Ich bin dabei, mir ein eigenes Geschäft aufzubauen – Videos und Fotos für Werbezwecke herstellen.» Im August letzten Jahres hatte er zehn Tage auf Mallorca verbracht. Ballermann? «Nein ganz und gar nicht. Ich war im Norden, viel in den Bergen, hatte mich mit Bekannten aus dem Internet zum Austausch getroffen.» An einem Mittwoch war er mit einem Billigflug wieder in Kloten gelandet. «Danach war ich zehn Tage in Quarantäne, was meine Eltern und meine Schwester bestätigen können.
Einen oder zwei Monate später klingelten die zwei Polizisten an der Tür.» Warum er sich nach seiner Rückkehr nicht innert zwei Tagen nach der Einreise vorschriftsmässig bei der Aargauer Behörde gemeldet habe? «Ich habe nicht gewusst, dass man das tun muss». Das sei am Flughafen aber auf grossen Plakaten überall zu lesen gewesen, sagt Richter Peterhans, bittet Ronny zu sich und zeigt ihm Fotos dieser Plakate. «Dass ich für diesen verpassten Anruf aber so viel zahlen soll, geht mir mental einfach nicht in den Kopf», klagt Ronny.
Was er denn, fragt der Richter, konkret beantrage? «Die Busse muss reduziert werden.» Einfühlsam erklärt Pascal Peterhans dem Beschuldigten darauf die rechtliche Sachlage: «Ich könnte die Busse und die Strafbefehlsgebühr etwas reduzieren, doch gesellen sich bei einem Urteil mindestens 800 Franken Gerichtsgebühr dazu.
Wenn sie nun die Einsprache zurückziehen und den Strafbefehl akzeptieren, vermindert sich die Gebühr für diese Verhandlung deutlich.» Ronny wiegt lange ab, stellt fest, dass er statt der Busse – die ein grosses Loch in sein Budget für das eigene Geschäft reissen würde – doch fünf Tage ins Gefängnis gehen könnte und fragt, ob statt Gefängnis auch gemeinnützige Arbeit möglich wäre. Solche würde er sehr gerne übernehmen.
Pascal Peterhans will solches abklären, Ronny noch etwas über einen Rückzug der Einsprache nachdenken, weshalb der Richter die weitere Verhandlung vertagt. Nach einem längeren Wochenende hat Ronny sich entschieden und unterschreibt den Rückzug der Einsprache, womit der Strafbefehl rechtskräftig ist. Inzwischen ist klar, dass er , gemeinnützige Arbeit verrichten kann. «Da ein Tag Haft vier Stunden gemeinnütziger Arbeit entspricht, muss Ronny 20 Stunden leisten», erläutert der Richter und überreicht ihm ein entsprechendes Anmeldeformular. Die Strafbefehl- und die reduzierte Gerichtsgebühr – insgesamt 700 Franken – muss der junge Mann allerdings bezahlen, was Ronnys Traum vom eigenen Geschäft wieder in weitere Ferne rückt.