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Glück im Unglück: Das Modell der Spanischbrötlibahn kam beim Vandalenakt nicht gross zu Schaden. Die Schenkung soll in den Bahnhof Baden zurückkehren – auch die Strassenversion der Bahn könnte gerettet werden.
Es war eine kurze Freude über ein sehr grosszügiges Geschenk: Die Ortsbürgergemeinde Baden hat von einem Schenker, der nicht namentlich genannt werden möchte, ein kostbares Modell der Spanischbrötlibahn von 1847 erhalten. Die Stadt liess es vor zwei Wochen in einem Glaskasten in der Wartehalle im Bahnhof aufstellen. Doch nur vier Tage später wurde die Vitrine in der Nacht von Vandalen von der Wand gerissen.
Patrick Nöthiger, Leiter Kultur der Stadt Baden und zuständig für die Präsentation des Modells, sagt: «Es ist traurig und äusserst bedauerlich, dass das passiert ist.» Aber die Ortsbürgergemeinde habe Glück im Unglück gehabt. Einerseits ist das Modell selbst auf den ersten Blick nicht gross zu Schaden gekommen, es befindet sich zurzeit bei Felix Spring von der Apparatefabrik Spring in Wettingen zur genaueren Überprüfung. Andererseits war die Vitrine schon bei der Lieferung leicht beschädigt, und es wurde ohnehin schon eine zweite Vitrine angefertigt. Diese sollte jetzt bald geliefert werden.
Die Kosten für die Modellpräsentation übernimmt der Schenker. Eine erste Idee war ursprünglich, das Modell je nach thematischem Kontext im Historischen Museum in Baden auszustellen. Um das Abbild der ersten Schweizer Eisenbahn aber einer breiten Öffentlichkeit sozusagen am Ort des Geschehens zu zeigen, entschied man sich für den Standort in der Wartehalle des Badener Bahnhofs. Das Modell zeigt die Lokomotive «Limmat», einen Kohlewagen und insgesamt sieben Waggons der ersten, zweiten und dritten Klasse.
Es ist ein äusserst kostbares Geschenk. Patrick Nöthiger erklärt: «Von dieser Zugkomposition gibt es insgesamt 107 Modelle, die von der Apparatefabrik Spring zwischen 1978 und 1985 angefertigt wurden.» Die Initiative entstand aus der Badenfahrt 1977 und fiel just in die Zeit, als die Firma Spring sich nebst der Fertigung von Eisenbahnapparaten auch auf den Modellbau spezialisierte. Ein einzelnes Modell der Spanischbrötlibahn besteht aus rund 10 000 Teilen. «Um das zusammenzubauen, waren damals etwa 2000 Stunden Arbeit nötig», sagt Nöthiger. Wenn die neue Vitrine mit dem Modell wieder an ihrem Platz hängt, ist sie mit einer zusätzlichen Sicherung versehen, damit nicht noch einmal etwas Ähnliches passiert.
Die Stadt Baden hat nach dem Gewaltakt, wie in solchen Fällen üblich, Strafantrag gegen unbekannt gestellt. Die Kantonspolizei ermittelt nun gegen zwei mutmassliche Täter wegen Sachbeschädigung, wie Kapo-Mediensprecherin Barbara Breitschmid sagt. Ob sich der Verdacht gegen die beiden beschuldigten Personen erhärtet, müsse sich jetzt aber im Verlauf der Ermittlungen noch zeigen.
Auch in Sachen «Strassen-Spanischbrötlibahn» bewegt sich etwas: Ende des vergangenen Jahres hatte die Stadt Baden noch erklärt, den beliebten Nachbau der Bahn für die Strasse bis Ende 2018 verschrotten lassen zu wollen.
Diesen Nachbau konstruierte die Technische Gesellschaft Baden aus einem Traktor für die Grosse Badenfahrt 1937. Das Fest fand damals anlässlich des 90-Jahr-Jubiläums der ersten Fahrt der ältesten Schweizer Eisenbahn 1847 statt. Seither finden die Badenfahrten in den «Siebnerjahren» statt. Weil aber weder das Badenfahrtkomitee noch die Stadt Baden genügend Platz (und Geld) für die Bahn hatten, entschied die Stadt im vergangenen Dezember, die Nachbildung zu verschrotten, sofern sich keine private Lösung abzeichne.
Um die Bahn zu retten, hat der Stadtturnverein als Betreiber der Bahn beim Stadtrat ein Wiedererwägungsgesuch gestellt. Anfang dieser Woche sind nun verschiedene Badener Vereinigungen zusammengesessen, um über die Zukunft der Spanischbrötlibahn zu diskutieren. Zu den konkreten Ergebnissen des Treffens kann Hansruedi Hagen, Präsident des Stadtturnvereins, noch nichts sagen. Nur so viel: Er sei optimistisch, dass es eine gute Lösung gebe. Jetzt gehe es vor allem darum, offene Fragen zur Finanzierung und zur künftigen Lagerung zu klären. Ein definitiver Entscheid, ob die Spanischbrötlibahn für die Strasse weiterrollen wird, steht also noch aus. Er sollte aber bald erfolgen.
Die «echte» Spanischbrötlibahn wurde im Volksmund nach dem Badener Blätterteiggebäck benannt, das der Legende nach den reichen Zürchern mit der Bahn noch warm auf den Tisch gebracht wurde. Die Schweizerische Nordbahn, wie sie offiziell hiess, war die erste ganz auf Schweizer Boden befindliche Eisenbahnstrecke. Nach sechzehn Monaten Bauzeit wurde die Strecke mit Zwischenhalten in Altstetten, Dietikon und Schlieren am 7. August 1847 feierlich eröffnet. Täglich gab es vier Fahrten in beide Richtungen. Die Züge brauchten für die 23 Kilometer von Baden nach Zürich 30 Minuten – genauso lange, wie heute die S-Bahn auf derselben Strecke braucht.