Verkehr
Baden gerät aufs Abstellgleis: Direktzug nach Bern soll verschwinden – Nationalrätin Binder kritisiert Bevorzugung des Westaargaus

Marianne Binder nimmt einen neuen Anlauf, um den Direktzug Baden-Bern zu retten. Sie setzt sich auch fürs Freiamt ein und hält fest: «In Bern herrscht offenbar die Meinung, dass der Kanton Aargau aus Aarau bestehe.»

Pirmin Kramer
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Die Spanischbrötlibahn von Zürich nach Baden bei der Jubiläumsfeier 2022: Einst war Baden das Eisenbahnmekka der Schweiz – tempi passati.

Die Spanischbrötlibahn von Zürich nach Baden bei der Jubiläumsfeier 2022: Einst war Baden das Eisenbahnmekka der Schweiz – tempi passati.

Bild: Sandra Ardizzone

Baden und die Eisenbahn – jahrzehntelang war es eine Liebesgeschichte. Die Spanischbrötlibahn, erste Eisenbahnverbindung der Schweiz, nahm 1847 ihren Betrieb auf. Sie führte von Zürich nach Baden und brachte der Stadt noble Badegäste, die den Hoteliers die Zimmer und die Kasse füllten.

176 Jahre später hat Baden bei den Bahnplanern massiv an Bedeutung verloren. Der Direktzug von Baden nach Bern soll ab 2035 wegfallen. Dagegen wehrt sich die Badener Nationalrätin Marianne Binder (Mitte) schon lange.

Missgeschicke mit dem Abstimmungsknopf

Bitter und kurios zugleich, und womöglich auch ein Zeichen für den so heterogenen Kanton Aargau: Vor einem Jahr waren es ausgerechnet Aargauer Politiker, die Binders Vorstoss zugunsten der Stadt Baden torpedierten.

Ihre Motion zum Erhalt der Direktverbindung wurde im Nationalrat knappestmöglich mit 85:86 Stimmen abgelehnt. Thomas Burgherr, SVP-Nationalrat aus Williberg, wollte eigentlich zustimmen, er drückte aber den Ja-Knopf zu wenig stark.

Probleme mit dem Abstimmungssystem an jenem Tag hatte auch Gabriela Suter (SP, Aarau). Sie berichtete: «Ich habe bei der Abstimmung den falschen Knopf gedrückt, dies aber sofort gemerkt. Ich ging nach vorne und teilte dem Ratsbüro mit, es müsse sofort geändert werden. Das wurde dann auch gemacht.»

Klar ist: Hätten alle Aargauer Nationalräte Ja gestimmt, wäre die Motion zum Erhalt der Direktverbindung von Baden nach Bern angenommen worden.

«Konzentration auf den Westaargau»

Marianne Binder lässt nun aber nicht locker. Erstens hatte sie ihren Vorstoss letztes Jahr noch einmal eingereicht; zweitens startet sie nun einen weiteren Anlauf. Dies auch, weil es zu Verzögerungen bei den Infrastrukturausbauten kommt. Sie hofft, mit einer Interpellation doch noch Verbesserungen erreichen zu können. Sie kritisiert, dass beim Ausbauschritt 2035 das Zugangebot quantitativ erhöht werde, qualitativ aber eine durchzogene Bilanz zu verzeichnen sei.

Marianne Binder, Nationalrätin (Mitte).

Marianne Binder, Nationalrätin (Mitte).

Mathias Förster / CH Media

Sie fragt den Bundesrat in ihrem Vorstoss: «Warum entfallen bewährte Angebote wie direkte Züge Baden–Brugg–Bern, St. Gallen–Bern oder Glarus–Zürich?» Und sie schreibt: «Im Kanton Aargau beispielsweise schafft die Konzentration auf den Westaargau keinen Mehrwert für den Ostaargau und das Freiamt.»

Binder präzisiert auf Anfrage: «Dass der Westaargau von besseren Zugverbindungen profitieren wird, ist sehr erfreulich. Im Kanton Aargau gibt es aber weitere Gegenden, die sich dies auch wünschen würden, dazu zählen etwa Baden, Brugg und das Freiamt.»

In Bern herrsche die Meinung, dass der Kanton Aargau aus Aarau bestehe. Und die Aarauer Verkehrspezialisten neigen offensichtlich auch zu dieser Ansicht. Baden aber, das durch die Fusion mit Turgi ab 2024 zur einwohnermässig grössten Stadt im Kanton werde, dürfe bei den Zugverbindungen nicht auf der Strecke bleiben.

Bereits jetzt sei die Region Baden punkto Wirtschaftskraft die Nummer 1 im Kanton. Und schweizweit gesehen steht das Einzugsgebiet Baden auf Platz sieben aller 110 Wirtschaftsregionen. Direktverbindungen sind ein Mehrwert.

Es dürfe nicht so weit kommen, dass Badenerinnen und Badener in Aarau oder Olten mühsam umsteigen müssen, wenn sie nach Bern fahren wollen. «Es bedeutet eine Abwertung der Region», so Binder.

Auch für das Freiamt setzt sie sich in der Interpellation ein. Sie fragt: «Warum wird die direkte Nord-Süd-Verbindung via das Freiamt nicht verstärkt dem Personenverkehr zur Verfügung gestellt?»

Die Planung des Ausbauschritts 2035 sei einseitig auf die Behebung von Überlasten in Hauptverkehrszeiten fokussiert. Die Verbesserung des internationalen Angebots oder neue Direktverbindungen jedoch fehlten, so Binder.