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1909 liess Biscuit-Fabrikant Ernst Schnebli sein Wohnhaus an der Haselstrasse in Baden bauen. Jetzt wird es abgerissen, um der Baustellenzufahrt für den Umbau des Postareals Platz zu machen.
Dem stattlichen Haus an der Haselstrasse 11 hat bald das letzte Stündlein geschlagen. Wenn im Sommer die Bauarbeiten für den Umbau des Badener Postareals losgehen, wird das Haus mit dem geschwungenen Giebel, dem Erker und dem eleganten Balkon dem Erdboden gleichgemacht.
In der Stadt gibt es das Gerücht, dass dieses Haus das erste Badener Postbüro gewesen sei. Das ist falsch: Das erste richtige Postgebäude lag ab 1880 am Bahnhofplatz neben der reformierten Kirche, wo jetzt gerade die Gelateria Mona Lisa umgebaut wird.
1931 liess die Post – an der Stelle des früheren Chalet-Restaurants Berna – vom Badener Architekturprofessor Karl Moser die neue Hauptpost am Bahnhof im Stil der Neuen Sachlichkeit bauen.
Das Haus an der Haselstrasse 11 war dagegen eine Fabrikantenvilla: Als 1906 Adolf Schnebli, der Patron der Badener Biscuit- und Kräbelifabrik Schnebli stirbt, zieht sein Sohn Adolf II. in die väterliche Direktorenvilla neben der Fabrik im Kappelerhof.
Sein Bruder Ernst wünscht sich als Mitbesitzer der Fabrik ebenfalls ein standesgemässes Eigenheim, das Architekt Mierer für ihn und seine Frau Emma (aus der Falkenbräu-Dynastie Welti) 1909 an der Haselstrasse baut. Die Familie zieht hier einen Sohn und vier Töchter gross. Hinter dem Haus gibt es einen grossen Garten.
Ernst Schnebli ist als Kaufmann für den Verkauf, die Werbung und die Finanzen der «Confiserie- und Biscuit-Fabrik A. Schnebli und Söhne» zuständig. Das Geschäft mit Waffeln, Biscuits und Bonbons floriert über Jahrzehnte. 1934 übernimmt Ernsts Neffe Paul Louis die Leitung des Unternehmens. Ernst engagiert sich weiter für die Firma, bis er 1955 stirbt.
Das Haus an der Haselstrasse vermietet Ernst Schnebli ab 1932 an den Kohlen- und Getränkehandel Schneider & Haenggli, die hinter dem Haus ein Kohlenmagazin einrichtet und es als Wohnsitz für die Besitzerfamiliee Schneider nutzt.
Nach 1970 geht es rasant abwärts mit dem wirtschaftlichen Erfolg, 1972 wird der Konkurs angemeldet. Im Juni 1976 sprengen Luftschutztruppen die Fabrik im Kappelerhof mit 30 Kilo Sprengstoff. Im selben Jahr wird die Villa an der Haselstrasse an die Post verkauft.
Heute erinnert nur noch die Kräbelistrasse im Kappelerhof an das Unternehmen. Wenn nun im Sommer das Haus an der Haselstrasse fällt, bleibt vom einst blühenden Badener Zuckerbäckerunternehmen Schnebli nicht viel mehr als ein Strassenschild übrig.
Auf dem Nachbargrundstück an der Haselstrasse wurde vier Jahre nach der Villa Schnebli das Kino Radium als erstes Badener Kino gebaut. 1912 entwirft es der Architekt Arthur Betschon – nach den strengen «Vorschriften über Einrichtungen und Betrieb von Kinematographen in der Gemeinde Baden».
Das «Radium» hatte 400 Sitzplätze, eine moderne Lüftung und Zentralheizung. 1935 liess es Eugen Sterk umbauen und nannte es fortan «Royal».
Im November 2010 reichte die Zuriba AG aus Möhlin, der mittlerweile das ganze Postareal gehört, auch ein Abrissgesuch für das «Royal» ein – es sollte durch 13 Parkplätze ersetzt werden. Dank viel Herzblut und Engagement des Vereins Royal Baden und des jetzigen Trägervereins Kulturhaus Royal konnte das erste Badener Kino gerettet werden – anders als sein Nachbarhaus.
In einer früheren Version dieses Artikel stand, dass die Villa Schnebli bis zum Verkauf 1976 von der Familie Schnebli bewohnt wurde. Richtig ist aber, dass hier von 1931 bis 1973 die Kohlen-, Holz-, Mineralwasser- und Süssmosthandlung Schneider & Haenggli untergebracht war und das Haus zu dieser Zeit auch als Wohnsitz der Familie Schneider diente.