Vogelsang
Neuer Wirt macht Beiz zum Bijou – einst war sie die «Blechi»-Kantine der Büezer

Das Restaurant zur Brücke erstrahlt in neuem Glanz – und erhält dank der Renovation einen starken Bezug zur Industriegeschichte in Vogelsang.

Alexander Wagner
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Der neue Wirt der «zur Brücke» ist Carlo Lo Ponte (rechts). Er führt die ehemalige Kantine der «Blechi» zusammen mit seiner Schwester Angela Lo Ponte.

Der neue Wirt der «zur Brücke» ist Carlo Lo Ponte (rechts). Er führt die ehemalige Kantine der «Blechi» zusammen mit seiner Schwester Angela Lo Ponte.

Alexander Wagner

Turgi und damit auch das Gebiet Vogelsang direkt an der Limmat haben eine blühende Industriegeschichte. Die Metallwarenfabrik Straub-Egloff, in der Region als die alte «Blechi» bekannt, war eine der ersten grossen Fabriken in der Schweiz.

Ebenfalls aus dieser Blütezeit stammt die BAG Turgi, die in der Hochkonjunktur der 1960er-Jahre knapp 650 Arbeiter und Angestellte hatte. Das Restaurant zur Brücke war lange die Kantine für die Arbeiter und ein Treffpunkt für die Einheimischen. Zwei weitere Restaurants bestanden im Ort.

Industrie ging – «Brüggli» blieb

Die Straub-Egloff produziert heute nichts mehr, geblieben sind aber die zahlreichen Bauten aus jener Zeit. Aus der einst blühenden Metallwarenfabrik wurde eine Immobiliengesellschaft. Ihr gehört auch das Restaurant zur Brücke. Weil es in letzter Zeit nicht rund lief und die letzten Pächter die Segel streichen mussten, stand die Zukunft in den Sternen. «Wir haben uns auch eine Schliessung und eine alternative Nutzung des Areals überlegt», gibt Adrian Schatzmann von der Straub-Egloff offen zu. Doch eine glückliche Fügung brachte Carlo Lo Ponte ins Spiel.

Das Restaurant zur Brücke von aussen.

Das Restaurant zur Brücke von aussen.

Alexander Wagner

Der bald 31-Jährige kam vor mehreren Jahren in die Schweiz – und blieb länger als gedacht. «Geplant waren eigentlich nur zwei Wochen Ferien», meint er lachend. Unterdessen hat er die deutsche Sprache gelernt und sich kontinuierlich weitergebildet. Nach dem Wirtepatent kam die Handelsschule. Kürzlich hat er die Ausbildung zum Betriebswirtschafter abgeschlossen.

Koch oder Restaurantbetreiber war er nie, trotzdem hat er einen engen Bezug zur italienischen Küche und viel Ahnung von Gastronomie: In der süditalienischen Region Basilicata führte er während vieler Jahre eine Teigwarenfabrik. Und in seiner Anfangszeit in der Schweiz hat er in einem Restaurant und in einer Bar gearbeitet.

Mut und viel Innovation

Im November 2020, mitten in der Pandemie, hat Carlo Lo Ponte die Verträge mit der Straub-Egloff unterzeichnet. «Für uns war es von grosser Wichtigkeit, dass das Restaurant bestehen bleibt. Das gehört zu Vogelsang, zum Quartier wie das Wasserschloss», betont Schatzmann. «Wir sind sehr glücklich, dass wir die Familie Lo Ponte als Pächter gefunden haben», ist der Finanzexperte sichtlich erleichtert.

Blick ins Restaurant.

Blick ins Restaurant.

Alexander Wagner

Nur loslegen konnte Lo Ponte – wie alle anderen Gastronomen – noch nicht. Aber statt zu jammern, legte er viel Herzblut und Energie in sein neues Projekt. «Natürlich hatte ich Respekt vor dieser Situation», gibt er in gepflegtem Deutsch zu. «Aber ich wollte die Zeit nutzen und das Restaurant renovieren.» Gesagt – getan.

Das hat auch die Eigentümer mächtig beeindruckt. «Er hat in der schwierigsten Zeit angepackt und an die Chance geglaubt», betont Schatzmann. «Persönlichkeit und Eigeninitiative machen den Unterschied», unterstreicht der Sohn des langjährigen BAG-Direktors Dr. Jürg Schatzmann. Die Eigentümer der Straub-Egloff AG waren so beeindruckt, dass sich diese an den Kosten beteiligte.

Respekt vor der Historie

Herausgekommen ist ein wahres Bijou – mit viel Bezug zur Industriegeschichte der Region. Gleich beim Eingang hängt eine alte Flugaufnahme von Vogelsang aus dem Jahr 1931:

Die alte Luftaufnahme von Vogelsang stammt aus dem Jahr 1931.

Die alte Luftaufnahme von Vogelsang stammt aus dem Jahr 1931.

Alexander Wagner

Auch hier hat Lo Ponte gleich einen Bezug. «Das Geburtsjahr meines Grossvaters», meint er grinsend. Innen ist es neu, hell und einladend. Nur die Lampen sind sehr alt, aber wunderschön: Es sind alte Lampen der BAG, die wenige hundert Meter Luftlinie entfernt produziert wurden.

«Denen müssen wir Sorge tragen, es gibt sie nicht mehr», betont der neue Pächter. «Wir müssen die Geschichte respektieren. Wir können nicht einfach 70 Jahre Geschichte wegwischen», ergänzt er. Deshalb wurden die alten BAG-Lampen sorgsam restauriert.

Endlich der Start und Hochzeit

Weil Lo Ponte immer noch seinem Vollzeitjob als Product Manager nachgeht, hat er seine Schwester Angela in Süditalien angerufen – jetzt führt die Betriebswirtschafterin den Laden. «Ich wollte etwas Neues ausprobieren», meinte sie strahlend. Hauptsächlich kam sie, um eine neue Sprache zu lernen. Das klappt schon recht gut.

Der neue Pächter hofft, dass sein Angebot mit vielen Produkten aus der Region gut ankommt. Einen Grund zum Feiern hat er sowieso: Nächste Woche wird er heiraten.

Wohlen, 14. Mai: Turac Aslan hat in Wohlen Anfang Mai das «Vegano» eröffnet. Dort verkauft er türkisches Fast Food, aber alles vegan.
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Baden, 13. April: Tim Munz übernimmt das «Oberstadt». Der 31-Jährige ist mit 14 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet.
Mülligen, 21. April: Die Unternehmer Robin Deb Jensen und seine Frau Marloes Tjalsma übernehmen das Restaurant Müli.
Aarburg, 20. April: Gastro-Aargau-Präsident Bruno Lustenberger kocht im Hotel Krone wieder für seine Gäste.
Baden, 19. April: Die Restaurants dürfen ihre Aussenbereiche nach vier Monate langer Schliessung wieder öffnen. Rüeggs aus Untersiggenthal/Remetschwil gehören zu den ersten Gästen im «Schwyzerhüsli».
Baden, 8. April: Das «Armando’s Pane e Vino» feiert mitten im Lockdown Neueröffnung. Im Bild: Inhaber Joel Ibernini und seine rechte Hand, Gastgeberin Nora Fassino.
Künten-Sulz, 18. März: Spitzenkoch Manuel Steigmeier (26) vom Restaurant Fahr kocht neuerdings coronabedingt auch in den Küchen seiner Kunden als sogenannter «Störkoch». Daneben läuft weiterhin das Take-Away Angebot seines Restaurants.
Mülligen, 6. März: Tessa Schneider gibt ihr Restaurant Müli nach zehn Jahren auf.
Boswil, 3. März: «Löwen»-Wirt Pitsch Wyrsch (links) hält sein Take-Away Angebot weiterhin aufrecht. Seit Anfang März allerdings können «Büezer» über Mittag auch in seiner Beiz speisen.
Stein, 27. Februar: Das Alte Zollhaus am Steiner Brückenkopf bietet derzeit einen recht trostlosen Anblick. Bei der Referendumsabstimmung vom 7. März wird mitunter darüber entschieden, ob die Liegenschaft in private Hand wechselt, sowie aufgewertet und umgenutzt wird.
Waltenschwil, 26. Februar: Auf dem Parkplatz des Restaurants «Volare» sind derzeit keine Autos, sondern Wohnmobile zu finden. Adriano Caranci bewirtet seine Gäste in ihrem Wohnmobil auf seinem Restaurantparkplatz.
Unterentfelden, 24. Februar: Die Unterentfelder eine Sammelaktion für ihre einzige Dorfbeiz, das Restaurant Post, gestartet. Keine 24 Stunden später sind die 18'000 Franken bereits zusammen. Die der Wirtefamilie Sengül und die Initianten können es kaum fassen.
Wettingen, 24. Februar: Mit Ideenreichtum und kleinen Aktionen wie der Krisenkiste, der Quarantänebox oder einem Strassenverkauf stemmte sich Lägerebräu gegen die Auswirkungen der Pandemie. Das überschüssige Winterbier wurde unter die Leute gebracht.
Herznach, 23. Februar: Im Dezember 2020 haben Markus und Urs Müller die frühere Metzgerei Gasser übernommen. Das Team freut sich über den gelungenen Start: Das Geschäft sei «sehr gut angelaufen, die Umsätze stimmen».
Rheinfelden, 20. Februar: Am 1. April will ein neues Bistro am Rheinufer «festmachen:» «Dock 11» soll es heissen und laut Andreas Probst, der das Bistro mit seiner Schwester führen wird, Hafenfeeling im Zähringerstädtchen verbreiten.
Aarau, 17. Februar: Es ist noch ein langer Weg, bis das KIFF 2.0 eröffnet werden kann. Auf dem Weg zum grossen Ziel ist den Initianten aber ein grosser Schritt gelungen: Sie fanden in der Aargauischen Kantonalbank einen Hauptsponsor.
Baden, 17. Februar: Für Felix Meier, Chef von "Müllerbräu", gibt es trotz der schwierigen Lage aufgrund der Pandemie eine gute Nachricht: Die Leute trinken deutlich mehr Bier zu Hause als vor Corona.
Rietheim, 13. Februar: Sali Mehmetaj, der ehemalige Koch des Restaurants Krone, übernimmt auf Anfang März den Betrieb. Anbieten will er Schweizer und internationale Spezialitäten wie heisser Stein und als Besonderheit Cordon-bleu-Festival.
Bözen, 12. Februar: Das Restaurant Post bietet neben dem Take-away-auch ein «Do it yourself»-Angebot mit Video-Anleitung für den Genuss zu Hause.
Würenlingen, 12. Februar: Nach einem schwierigen Jahr für Andreas Meier, Besitzer des Weinguts zum Sternen, entstand die Idee, die Kunden mit einem Degustationskoffer mit zwölf verschiedenen Weinen «gluschtig» zu machen.
Stetten, 11. Februar: Auch Schnapsbrenner Lorenz Humbel setzt die Coronakrise zu. Doch Not machte erfinderisch: Mit seinem Desinfektoinsmittel auf Kirschbasis schaffte es Humbel mit dem «edelsten Desinfektionsmittel der Schweiz» in die nationalen Schlagzeilen.
Aarau, 8. Februar: Vor sieben Jahren rief Urs Marrer (l.) mit seinem langjährigen Freund, Küchenchef Robin Dürlewanger, das «Beluga» ins Leben. Einst zum besten Lokal Aaraus gekürt, muss das Restaurant nun wegen Krankheit und den Auswirkungen der Coronapandemie schliessen.
Endingen, 2. Februar: Patrick Arnold betreibt ab der kommenden Saison 2021 den Kiosk in der Badi Endingen. «Ich suche eine neue Herausforderung», sagt der gelernte Koch.
Muri, 29. Januar: Burkard Kreyenbühl bäckt vor seiner Filiale seit kurzem frisches Holzofenbrot. So kann er seine Angestellten in der Backstube trotz wegen Corona geschlossenem Café beschäftigen.
Gränichen, 29. Januar: Thomas Rey (63) war langjähriger Koch im Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg. Im August geht er in Rente.
Niederrohrdorf, 25. Januar: Roberto Kaiser war im Catering tätig. Seit Corona betreibt er einen VW-Foodtruck und serviert unter anderem Uruguayische Chivitos und argentinische Chimichurri-Sauce.
Uezwil, 12. Januar: Generationen kauften im Uezwiler «Stiefeliryter» Brot, assen im Restaurant oder tranken in der Bar. Mitte Januar wird er abgerissen.
Schöftland, 10. Januar: Das Lokal «Haltestelle» wurde abgerissen. Die Schöftler Innenarchitekten Markus Würgler und Dominic Bäni bewahrten 33 Stühle vor der Schuttmulde
Veltheim, 6. Januar: Pächter Christian Schübert will im Februar mit dem Konzept «Trinity» im Gasthaus Bären neu starten.
Bad Zurzach, 4. Januar: Der Traditionsgasthof Schlüssel verschwindet. An seiner Stelle werden Wohnungen gebaut. Das Tavernenrecht im seit zwei Jahren leerstehenden Gebäude im Bad Zurzacher Ortskern bleibt allerdings erhalten.
Wohlen, 4. Januar: Mit der Eröffnung ihres «Tom’s Diner» in Wohlen erfüllt sich für Carmen Stadelmann und Thomas Gieler heute ein lang gehegter Traum.
Leibstadt, 31. Dezember: Ein halbes Jahrhundert haben Theres und Urs Welte-Michel ihre Gäste im Landgasthaus «Schützen» bewirtet. 1970 übernahmen sie es in dritter Generation – jetzt schalten sie einen Gang zurück.
Villmergen, 31. Dezember: Die Wohler Frits van der Graaff und Sarah Dubler wagen trotz Coronakrise etwas in der Gastronomie und haben das Villmerger Bistro «Güggibueb» neu gepachtet.
Schinznach, 22. Dezember: Rettung in letzter Sekunde: Der «Bären» schlägt im 2021 neues Kapitel auf. Der Betrieb des Schinznacher Gasthofs soll dank einer neuen GmbH gewährleistet bleiben.
Wohlen/Brugg, 22. Dezember: Weil die Kunden wegblieben, hat Marco Polo seine Hotels in Wohlen und Brugg zu möblierten Wohnungen umgestellt. Das Hotel Sonne in Bremgarten bleibt wie bisher. Und in Bremgarten gibt es bald Take-away-Sushi.
Gränichen, 17. Dezember: Ein emotionales Schreiben erreichte die Gäste des Erlebniswirtshaus Rütihof am Mittwoch. Wirt Andreas Fetscher informiert über die temporäre Schliessung bis März 2021 – aber auch über die ungewisse Zukunft.
Bözberg, 17. Dezember: Die Türen des traditionsreichen Landgasthofs Vierlinden an der Bözbergstrasse bleiben zu. Im Amtsblatt ist der Konkurs der Vierlinden Gastro GmbH vorläufig publiziert.
Koblenz, 16. Dezember: Ferdinand und Angie Breg verkaufen die Liegenschaft samt Gasthaus «Engel». Was mit dem Lokal passiert, ist ungewiss. Das Ehepaar hat derweil im Kanton St. Gallen eine neue Herausforderung gefunden.

Wohlen, 14. Mai: Turac Aslan hat in Wohlen Anfang Mai das «Vegano» eröffnet. Dort verkauft er türkisches Fast Food, aber alles vegan.

Britta Gut