Quartiere in Baden
Vom Keltenbad zum Weltkurort: Die Geschichte des Römerquartiers

Das Römerquartier mit seinen heissen Quellen ist die Keimzelle der Stadt. Es ist aber auch eng mit der Geschichte der Badener Elektroindustrie verbunden.

Andreas Fahrländer
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Das Grand Hôtel in den Badener Bädern um 1890, rechts davon die Dependance Römerbad.

Das Grand Hôtel in den Badener Bädern um 1890, rechts davon die Dependance Römerbad.

Historisches Museum, Fotohaus Zipser, Q.12.1.107

Das Badener Römerquartier verbindet alles, was die Stadt gross gemacht hat: Bäder, Bahnhof, BBC. Die sprudelnden heissen Quellen im Badener Limmatknie lockten schon in frühester Zeit Menschen an diesen einmaligen Ort. Im ersten Jahrtausend vor Christus badeten hier die keltischen Helvetier. Nach der römischen Besiedelung des heutigen Aargaus entdeckten Legionäre aus dem nahen Legionslager Vindonissa in der Zeit um Christi Geburt die warmen Quellen für sich. Um das Jahr 200 erlebte das kleine Aquae Helveticae eine Hochblüte.

Die Thermen im Limmatknie dürften nach Erkenntnissen der Kantonsarchäologie um ein zentrales Quellheiligtum im heutigen Verenahof-Geviert und ein Nymphenheiligtum über der Quelle des Grossen Heissen Steins angeordnet gewesen sein. Es gab grosse Hallen mit Badebassins, Dampf- und Schwitzbäder, Unterkünfte und Gaststätten für die Besucher des Heilbades.

Die römische Stadt

Die Siedlung auf dem Sporn des Hasselfelds an der heutigen Römerstrasse und im Gebiet des Kurparks war im 2. Jahrhundert zu einer kleinen Stadt herangewachsen, die in insulae, also Stadtgevierte, eingeteilt war. Das weite Haselfeld diente als Landwirtschaftsland, die einst dichten Wälder wurden durch den grossen Bedarf an Brenn- und Bauholz stark gelichtet.

An der Stelle des heutigen Mercier-Stegs gab es eine Brücke über die Limmat, auch in Ennetbaden entstand eine kleinstädtische Siedlung. In der jüngsten Badener Stadtgeschichte und in der Dauerausstellung des Historischen Museums gibt es dazu sehr schöne Darstellungen. Zahlreiche Weihegaben, Bronzestatuen und die Fragmente von Götterbildern zeugen von dieser Blütezeit. Im Laufe des 4. Jahrhunderts wurde die Siedlung auf dem Haselfeld nach einem Grossbrand und dem allmählich schwindenden Einfluss Roms nach und nach aufgegeben, die Einwohner zogen sich in den Thermenbezirk zurück. Ob die Bäder bis ins Mittelalter durchgehend besiedelt waren, ist bisher nicht ganz klar, aber anzunehmen.

Das Modebad Europas

Spätestens im 11. Jahrhundert entstand auf den römischen Ruinen eine neue Bäderstadt, die sich in den folgenden Jahrhunderten zum mondänen Badeort und zum blühenden Modebad Europas entwickelt, wie es die Historikerin Andrea Schaer in der Stadtgeschichte schreibt. Die grossen Badgasthöfe Staadhof und Hinterhof, die Dreikönigskapelle, Badebassins unter freiem Himmel und kleinere Badherbergen entstehen. Die Blütezeit endet erst im 17. Jahrhundert.

Doch das Badeleben geht weiter bis in unsere Zeit, mit Höhen und Tiefen – und einem letzten grossen Boom als Weltkurort vor dem Ersten Weltkrieg, als im 19. Jahrhundert die Limmatpromenade, die Badhotels Limmathof, Verenahof, Schiff und Freihof, und 1873 schliesslich das mondäne Grand Hôtel (welches nach seinem Niedergang 1944 von Luftschutztruppen gesprengt wird) entstehen.

Das bis dahin freie Haselfeld wird erst wieder überbaut, nachdem Baden 1847 einen der ersten Bahnhöfe der Schweiz bekommt und die jungen Ingenieure Walter Boveri und Charles Brown die Elektrofirma Brown, Boveri & Cie. gründen, die sich zum weltgrössten Stromkonzern entwickeln sollte. 1875 entsteht auf dem früheren Landwirtschaftsland der prächtige Kursaal mit dem neuen Kurpark und 1881 das erste Kurtheater.

An der Römerstrasse entstehen die Industriellenvillen Römerburg und Langmatt. Seit 1905 steht an der Parkstrasse das Verwaltungsgebäude der Motor-Columbus, seit 1912 die Synagoge, seit 1927 der Hauptsitz der NOK (Axpo) und seit 1952 das neue Kurtheater von Lisbeth Sachs, das nach seiner Sanierung 2020 wiedereröffnet werden soll.