Das Bezirksgericht Baden verurteilt eine Kosovarin wegen falscher Anschuldigungen und Freiheitsberaubung. Die 23-Jährige hat ursprünglich behauptet, im Streit vergewaltigt worden zu sein. Dann hat sie zugegeben, dass es eine Ohrfeige war.
Die 23-jährige Mirvete und der zehn Jahre ältere Bajram (Namen geändert) haben ihre Wurzeln im Kosovo. Sie sind verheiratet, aber nicht miteinander. Miteinander hatten sie eine längere Affäre. Die hat dann aber vor einem Jahr ein abruptes Ende genommen – wegen dieser Sache mit der Vergewaltigung. Und ihretwegen sass Mirvete jetzt vor Gericht. Aber nicht etwa, weil sie ihren Liebhaber vergewaltigt hätte – nein, es war ganz anders.
Unschuldiger zwei Tage in Haft
Am 8. Juli letzten Jahres hatte Mirvete mitten in der Nacht ihre beste Freundin angerufen: Bajram habe sie in ihrem Zimmer in der Personalunterkunft ihres Arbeitgebers, bei dem sie ein Praktikum absolvierte, vergewaltigt. Unverzüglich war die Freundin herbeigeeilt und hatte, nachdem Mirvete den Vorfall genau geschildert hatte, die Polizei alarmiert. Dort hatte die 23-Jährige frühmorgens ihre Schilderungen wiederholt – Bajram habe sie geschlagen, mit dem Tod bedroht und sie mit Gewalt genommen. Auch bei den folgenden Einvernahmen durch den Staatsanwalt war Mirvete bei ihrer Darstellung geblieben.
Daraufhin hatte die Polizei Bajram mitten in der Arbeit auf einer Baustelle abgeholt, zwei Tage lang in U-Haft gesetzt und seine Wohnung durchsucht. Mirvete wurde vom Staatsanwalt noch etliche weitere Male zur Sache befragt - sie blieb stets bei ihren Aussagen. Bis Mitte September 2013, dann gestand sie, alles nur erfunden zu haben.
Und so wurde das vermeintliche Opfer nun plötzlich zur Täterin. Wegen falscher Anschuldigungen, falschem Zeugnis und – weil Bajram ihretwegen zwei Tage in Haft war – wegen Freiheitsberaubung sollte die 23-Jährige laut Antrag des Anklägers zu zwei Jahren Gefängnis bedingt verurteilt werden.
«Ich hatte das nicht erwartet»
Wegen eines Arbeitsunfalls humpelte Mirvete mit Krücken in den Gerichtssaal. Vollschlank ist sie, bleich, das braune Haar mit Rottönung hat sie zu einem kleinen Schwänzchen zusammengebunden. Sie trägt ein buntes Shirt mit Spitzen und üppig zerschlissene, mit Glitzersteinchen verzierte Jeans. In akzentfreiem Dialekt gibt sie sich zerknirscht und reuig.
Sie habe in jener Nacht mit Bajram Schluss gemacht, er habe das nicht akzeptieren wollen und ihr eine Ohrfeige gegeben: «Ich hatte das nicht erwartet und war durcheinander. Wieso ich das mit der Vergewaltigung gesagt habe, kann ich mir nicht erklären.»
Alles sei so schnell gegangen, sie habe gar nicht überlegt, was mit Bajram passieren könne. «Ich wollte nicht, dass er bestraft wird, hatte auch immer ein schlechtes Gewissen.» Nein, sagt sie auf die Frage von Gerichtspräsident Guido Näf, ihr Mann wisse nichts von alldem: «Er ist sehr eifersüchtig.»
Gravierender Vorwurf
Das Gericht verurteilte Mirvete zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren. «Das ist eine happige Strafe, aber angemessen. Denn jemanden fälschlicherweise der Vergewaltigung zu bezichtigen ist ein sehr gravierender Vorwurf», gab Gerichtspräsident Guido Näf Mirvete mit auf den Weg aus dem Gerichtssaal.