Bellikon
Von den Taliban entführt: Die Geschichte von Bellikons Frau Gemeindeammann Daniela Widmer kommt ins Kino

Daniela Widmer, Frau Gemeindeammann in Bellikon, und ihr damaliger Freund waren in Pakistan acht Monate in der Gewalt der Taliban. Auf der Fahrt durch Pakistan nahm das Drama 2011 seinen Lauf, erst 259 Tage später gelang ihnen die Flucht. Jetzt verfilmt der Schweizer Erfolgsregisseur Michael Steiner ihr Schicksal.

Stefanie Garcia Lainez
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Daniela Widmer plante mit David Och über Monate hinweg die Flucht aus den Fängen der Taliban.

Daniela Widmer plante mit David Och über Monate hinweg die Flucht aus den Fängen der Taliban.

Alexander Volmar

259 Tage waren Daniela Widmer (37) und ihr damaliger Freund David Och (40) Geiseln der Taliban. Im Sommer 2011 reiste Widmer, die seit 2018 im Belliker Gemeinderat ist und diesem seit 2019 vorsteht, mit ihrem damaligen Freund im VW-Bus nach Indien. Auf der Rückfahrt durch Pakistan wurden sie in der Stadt Loralai entführt. Im März 2012 gelang ihnen die Flucht.

Lösegeld an die Taliban sei dabei keines geflossen, sagte der damalige Schweizer Aussenminister Didier Burkhalter. Jetzt verfilmt «Wolkenbruch»-Regisseur Michael Steiner das Geiseldrama, wie der «Blick» berichtet. Als Vorlage dient das Buch «Und morgen seid ihr tot», das Widmer und Och gemeinsam mit einem Krimiautor verfasst hatten und das 2013 erschien.

Schon nach dem ersten Interview der entkommenen Geiseln, das Steiner las, war ihm klar: Er will ihre Geschichte verfilmen. «Daniela und David sind für mich Helden, weil sie sich trotz der Bedrohung immer umsichtig verhalten haben, selbst bei ihrer Flucht», so der Regisseur, zu dessen bekanntesten Filmen «Mein Name ist Eugen», «Grounding» oder «Sennentuntschi» gehören.

Ihm sei bewusst, dass in den meisten Schweizer Köpfen eine andere Version der Geschichte stecke. Aber: «Wir urteilen oft vorschnell, ohne genau hinzuschauen. Dabei tun wir Menschen unrecht. Und diese Geschichte steht exemplarisch dafür.»

«Es hat etwas Unwirkliches»

Daniela Widmer wirkt im Film als Statistin mit. Ihre Rolle verkörpert die 29-jährige Morgane Ferru, Sven Schelker (30) spielt David Och. «Es hat etwas Unwirkliches, wenn da jemand mit deinem Namen sitzt und du beobachtest, wie ein Teil des eigenen Lebens verfilmt wird», sagt Widmer gegenüber «Blick». Zwar könne ein Film die Realität nie ganz zeigen, aber das könne sie akzeptieren.

Über acht Monate lang verbrachten sie und David Och zwischen Todesangst, Drohungen, Krankheiten, Hitze, Hunger, Durst und Hoffnungslosigkeit. Misshandlungen mussten sie zwar keine erdulden, die hygienischen Bedingungen jedoch waren prekär. David Och erkrankte zweimal an Malaria und nahm 22 Kilogramm ab.

In der Nacht kamen die Drohnenangriffe der USA hinzu, die über dem Kriegsgebiet kreisten und Jagd auf Taliban machten. Auf die Flucht bereiteten sich die beiden akribisch vor, sammelten Proviant, ölten Türen und flohen schliesslich in einer dunklen Neumondnacht zu einem Stützpunkt der pakistanischen Armee.

Film hilft, mit schwierigem Kapitel abzuschliessen

Experten zweifelten diese Version der Flucht jedoch an. Noch vor ihrer Rückkehr in die Schweiz wusste Widmer, dass der Empfang nicht einfach werden würde. Die Meinung, dass die Flucht so nicht stattgefunden hat, sei bereits gemacht. «Das war sehr schmerzhaft – und tut noch immer weh.» Den Filmdreh sehe sie als Prozess, mit diesem schwierigen Kapital abschliessen und nochmals ihre Sicht auf die Geschehnisse aufzeigen zu können.

Die Rechte am Film traten Widmer und Och schon sehr früh ab. Ob sie dem Dreh heute nochmals zustimmen würde, darüber ist Widmer sich nicht sicher. Denn jetzt komme alles nochmals hoch. Sie habe aber volles Vertrauen in Michael Steiner und zweifle nicht, dass er ihre Geschichte gut umsetzen werde. Der Film kommt voraussichtlich im Herbst 2021 in die Kinos.