Wettingen
Warum der Kirchturm beim Bau vor 75 Jahren gekürzt wurde

Die Reformierte Kirchgemeinde feiert den 75. Geburtstag ihrer Kirche. Mehrere Zeitzeugen Einweihung – und Pfarrer Lutz Fischer-Lamprecht erklärt, was der Auslöser für den Bau gewesen ist.

Carolin Frei
Drucken
Pfarrer Lutz Fischer-Lamprecht (links) und Zeitzeuge Benjamin Pfister im Glockenturm der reformierten Kirche in Wettingen
9 Bilder
Reformierte Kirche Wettingen nach dem Bau
Glockenaufzug in Wettingen 1939
Glocken auf der Landi 02 im Jahr 1939
1939 wird die reformierte Kirche in Wettingen gebaut
1939 - Empfang der Glocken
Die reformierte Kirche in Wettingen nach ihrem Bau
Die reformierte Kirche in Wettingen 2014
Wettingen: Reformierte Kirchgemeinde feiert 75. Geburtstag ihrer Kirche

Pfarrer Lutz Fischer-Lamprecht (links) und Zeitzeuge Benjamin Pfister im Glockenturm der reformierten Kirche in Wettingen

Carolin Frei

«Ich gehörte als Fünfjähriger zu den Glücklichen, die mithelfen durften, die kleinste Glocke aufzuziehen», sagt der 80-jährige Benjamin Pfister aus Wettingen. «Diese Glocken waren zunächst an der Landi in Zürich ausgestellt. Am 11. November 1939 wurden sie in unserem Glockenturm installiert.» An den grossen Tag selber kann er sich zwar kaum mehr erinnern – an das, was ihm seine Eltern erzählten, jedoch schon: «Für sie war die Einweihung der neuen Kirche ein bewegendes Ereignis. Beide waren überaus aktiv in der Wettinger Kirchgemeinde», sagt er.

Auch nur noch vage, aber schöne Erinnerungen an diesen Tag hat die 87-jährige Maria Frei-Spörri aus Wettingen: «Ich war mit meiner Schulklasse an der Einweihung dabei. Wir alle zogen an einem langen Seil, um eine der grossen Glocken im Turm zu platzieren», erinnert sie sich. Die schwerste der Glocken wiegt knapp drei Tonnen, die kleinste 500 Kilo. «Mir hat dies Freude gemacht und ich war stolz, dass ich mithelfen durfte», sagt sie und fügt an: «Natürlich freute ich mich auch über das Wienerli mit Brot, das es nachher für jedes Kind gab.» Es sei ein sonniger Tag gewesen und viel Volk habe dem Glockenaufzug beigewohnt.

Reformierte Kirche Wettingen nach dem Bau

Reformierte Kirche Wettingen nach dem Bau

Carolin Frei

Trotz der knappen finanziellen Mittel laden seit dem 11. November 1939 fünf Glocken, die auf die Töne h°, d’, e’, fis’, und a’ gestimmt sind, zum Gottesdienst ein. «Möglich wurde dies durch eine spezielle Vereinbarung mit der Glockengiesserei Rüetschi in Aarau», sagt Pfarrer Lutz Fischer-Lamprecht. «Diese war bereit, ein Geläut für die Kirche zu giessen, ohne vorher Gewissheit zu haben, ob die Kirchgemeinde alle Glocken würde finanzieren und damit übernehmen können.» Schlussendlich war die Finanzierung dann doch gesichert.

Kirchgemeinde stark gewachsen

Was war der Auslöser, eine reformierte Kirche in Wettingen zu bauen? Pfarrer Fischer-Lamprecht erklärt: «Die Anzahl der Reformierten war seit der Jahrhundertwende stark angewachsen – von 1000 Mitgliedern im Jahr 1900 auf 1500 im Jahr 1906.» 1920 sei dann die Umwandlung der Kirchgenossenschaft in eine Kirchgemeinde erfolgt, die sich eine eigene Kirche wünschte. Mit dem Zürcher Architekten Walter Henauer fand man die Person für die Umsetzung der Pläne. Der Turm hätte ursprünglich 18 Meter hoch werden sollen – anstelle der heutigen 14 Meter. Doch am Vorabend des 2. Weltkrieges war der Beton für den Bunkerbau benötigt worden.

Die reformierte Kirche in Wettingen 2014

Die reformierte Kirche in Wettingen 2014

Carolin Frei

Ihm gefalle es, an einem Ort mit «Geschichte» tätig zu sein, sagt Pfarrer Fischer-Lamprecht. Als historisch interessierter Mensch sei dieser Arbeitsplatz für ihn durchaus spannend. «Aber letztendlich lebt jede Kirche von den Menschen, die sich für ihren Bau eingesetzt haben und sie auch heute noch mit Leben füllen.»

Jubiläumsfeierlichkeiten: 5. bis 7.9., reformierte Kirche, Wettingen; Ausstellungseröffnung: 5.9., 20 Uhr.