Würenlos
Warum Erdbeben Eva Spühler aus Würenlos so faszinieren

Geophysikerin Eva Spühler aus Würenlos verfolgt Erdbeben intensiv. Und sie sagt: Der Aargau ist sicherheitstechnisch einer der besten Standorte, Atomkraftwerke zu betreiben.

Fabienne Eichelberger
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Geophysikerin Eva Spühler verpasst kein Erdbeben. FEI

Geophysikerin Eva Spühler verpasst kein Erdbeben. FEI

Solothurner Zeitung

«Sobald es ein starkes Erdbeben gibt, erhalten auch die schwächeren Beben mediale Aufmerksamkeit.» Das Bild, das dadurch vermittelt werde – nämlich, dass es immer mehr Erdbeben gebe –, sei jedoch falsch. Das erklärt die Geophysikerin Eva Spühler aus Würenlos.

Bis zum Jahr 2009 arbeitete sie beim Schweizerischen Erdbebendienst, heute ist sie in der Firma ihres Mannes tätig. Die Faszination für Erdbeben ist geblieben: «Die Startseite bei meinem PC ist nach wie vor die Website des Erdbebendienstes», sagt Spühler.

Die Leidenschaft für das Naturereignis entwickelte sie bereits in der Oberstufe: «Ich habe jedes Erdbeben auf einer Weltkarte eingetragen und jeden Zeitungsartikel über ein Beben aufbewahrt.»

«Ein Erdbeben zeigt auf, wie klein der Mensch eigentlich ist», erklärt Spühler. «Es fasziniert mich, dass die sichere Erde eben doch nicht so sicher ist.» Für den Kanton Aargau gibt sie aber Entwarnung: «Dieser Kanton gehört zu den sichersten.»

In der Schweiz sind starke Beben selten

Überhaupt gibt es in der Schweiz sehr selten starke Beben. Zum Vergleich: Die 1100 Nachbeben in Japan waren stärker als das schlimmste Schweizer Beben der vergangenen 20 Jahre. Ein ähnlich starkes Beben wie in Japan könne es in der Schweiz gar nicht geben: «Das ist nur im Pazifikraum möglich», so Spühler.

Die Pazifische Platte schiebt sich unter die kontinentalen – und das mit hoher Geschwindigkeit: Die Plattenverschiebung beträgt in Japan 10 Zentimeter pro Jahr. In der Schweiz sind es 1 bis 2 Millimeter. Ausserdem sei das Gestein bei uns zu brüchig, um eine vergleichbare Spannung aufzubauen.

In der Schweiz ist die Erdbeben-Gefährdung in der Region Basel am grössten: «Der Rheingraben bewegt sich – ähnlich wie Kontinentalplatten – auseinander. Daher entstand dort eine Störungszone», sagt die Würenloserin. Bei den Walliser Alpen sorgen die Grenzen der Afrikanischen und der Eurasischen Platte für ein erhöhtes Risiko und auch das St.Galler Rheintal ist gefährdet.

Die geringe Erdbebengefahr im Kanton Aargau habe bestimmt auch dazu geführt, dass hier Atomkraftwerke stationiert wurden. «Eigentlich wäre ein Standort im Emmental sicherer», sagt Spühler. Die Distanz zu industriellen Strombezügern wäre jedoch zu gross.

AKWs Erdbebensicher?

Die Geophysikerin ist zudem überzeugt davon, dass die Atomkraftwerke in der Schweiz gewissenhaft kontrolliert werden und erdbebensicher sind. Ob beim AKW Mühleberg, welches in den 70er-Jahren gebaut wurde, genaue Messungen durchgeführt wurden, bezweifelt die Geophysikerin jedoch: «Mikrozonierungen werden erst seit den 90er-Jahren gemacht.» Und überhaupt: Japan sei mit Messgeräten übersät – auch das habe nichts genützt. «Man muss auch die richtigen Schlüsse ziehen», gibt Spühler zu bedenken.

Hat es ein Erdbeben gegeben, wird die Magnitude gemessen. «Oft wird sie von Laien mit der Intensität verwechselt», sagt Spühler. Die Magnitude sage aber nichts über die Schäden aus. Sie bezeichnet lediglich die Energie, die beim Beben freigesetzt wird.

In Japan, bei Magnitude 9, waren dies 477 Millionen TNT – bei Magnitude 10.6 würde es die Erde zerreissen. «Wird geschrieben: auf der nach oben offenen Skala, so ist dies eigentlich falsch», stellt die Geophysikerin klar. Was bei der Magnituden-Messung nicht berücksichtigt werde, sei, in welcher Tiefe das Beben entstand.

Für den Menschen ist dies aber entscheidend: Handelt es sich um eines in der Tiefe der Erdkruste, so sei es kaum spürbar – anders ist es bei einem an der Oberfläche. «Die Auswirkungen auf Menschen, Gebäude und Landschaften werden nicht mit der Magnitude, sondern mit der Intensität ausgedrückt», so Spühler. Diese werde nicht gemessen, sondern beobachtet.