Bezirk Baden
Warum kandidieren Sie für das Bezirksgericht?

Gabriela Furter, Daniel Peyer und Natalie Sax , die drei Kandidierenden für das Badener Bezirksgerichtspräsidium (Familiengericht), beantworten unsere Fragen. Die Wahl ist am 14. Juni.

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Sie wollen ans Bezirksgericht: Gabriela Furter, Daniel Peyer und Natalie Sax.

Sie wollen ans Bezirksgericht: Gabriela Furter, Daniel Peyer und Natalie Sax.

ZVG

Bezirksgerichtspräsidentin Andrea Staubli, zuständig für das Familiengericht in Baden, wird das Bezirksgericht verlassen. Anlässlich der Wahl vom 14. Juni bestimmen die Stimmberechtigten ihre Nachfolge. Das Pensum am Familiengericht, das auch die Kesb-Abklärungen (Kinder- und Erwachsenenschutz-Behörde) umfasst, ist neu mit 60 Prozent bemessen.

Zur Wahl stellen sich Daniel Peyer (CVP) sowie die parteilosen Gabriela Furter und Natalie Sax.

Gabriela Furter: 34 Jahre alt, wohnhaft in Lenzburg, ledig, Hobbys: Triathlon, Reit- und Hundesport, Konzertbesuche und Reisen.

Daniel Peyer: 42 Jahre alt, CVP, wohnhaft in Baden, verheiratet mit Sandra Baumann, aufgewachsen mit drei Geschwistern, Hobbys: Etwas mit der Familie, dem Göttibuben und dem Neffen unternehmen, wandern, jassen, Sport treiben.

Natalie Sax: 38 Jahre alt, wohnhaft in Zufikon, ledig. Hobbys: Reisen, Tauchen, Sport (Wandern, Squash, Fitness, Snowboarden), Zeit mit meiner Familie, insbesondere meinem Göttibub, und Freunden verbringen.

Hier die zehn Fragen und die Antworten.

Frage 1: Recht und Gerechtigkeit sind nicht dasselbe. Ihr Kommentar dazu?

Furter: Gerechtigkeit muss unter Anwendung des Rechts immer wieder neu erkämpft werden, denn Recht ist nach Gustav Radbruch zunächst einmal nur der Wille zur Gerechtigkeit. Als Gerichtspräsidentin will ich das Recht mit gesundem Menschenverstand anwenden, um Gerechtigkeit zu schaffen.

Peyer: Das Gesetz stellt das «Recht» dar. «Gerechtigkeit» entspricht dem subjektiven Empfinden, bezogen auf den Einzelfall. Der Richter muss die Standpunkte aller Beteiligten berücksichtigen. Dann muss er eine Wertung vornehmen, nur so kann er entscheiden. Ich stehe für ein Entscheidverfahren, das fair und nachvollziehbar ist.

Sax: Gerechtigkeit ist das Ziel, Recht ist der Weg dazu. Beidem fühle ich mich als Richterin verpflichtet.

Frage 2: Befürworten Sie eine härtere Gangart bei Raserdelikten?

Furter: Ich befürworte den «Raserartikel» im Strassenverkehrsgesetz und dessen Anwendung unter Ausschöpfung des Strafmasses – für mehr Sicherheit auf unseren Strassen.

Peyer: Raser riskieren schon heute dank der Via-Sicura-Re gelungen eine Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren. Das Gericht hat innerhalb dieses Rahmens zu urteilen. Bei wirklich schweren Fällen darf die obere Grenze erreicht werden.

Sax: Die härtere Gangart hat 2013 gesetzlich Niederschlag gefunden, indem im Strassenverkehrsgesetz genau definiert wurde, ab welcher Geschwindigkeitsübertretung jemand als Raser gilt. Gesetz und Bundesgericht lassen heute dem Richter bei Raserdelikten keinen Spielraum mehr für milde Urteile.

Frage 3: Was sagen Sie zur lebenslänglichen Verwahrung?

Furter: Die lebenslängliche Verwahrung ist in speziellen Fällen die richtige Lösung, um unsere Gesellschaft zu schützen.

Peyer: Es geht um den Schutz der Öffentlichkeit. Dieser geht vor, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Wo das Gesetz diese Möglichkeit vorsieht, darf die lebenslängliche Verwahrung angeordnet werden. Es kommt aber auf den einzelnen Fall an.

Sax: Es gibt in unserer Gesellschaft – wenn auch selten – Straftäter, welche eine so erhebliche Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen, dass eine lebenslängliche Verwahrung angebracht ist.

Frage 4: Wie beurteilen Sie die Volksinitiative «Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen»?

Furter: Ich will Kindern den bestmöglichen Schutz vor pädophilen Straftätern bieten, denn die Rückfallquote ist bei diesen Delikten besonders hoch. Trotzdem brauchen die Gerichte Spielraum, um im Einzelfall die Verhältnismässigkeit zu wahren (Stichwort Jugendliebe).

Peyer: Kinder müssen vor Pädokriminellen geschützt werden. Ohne Wenn und Aber. Ein heikler Punkt der Initiative sind die Beziehungen zwischen jungen Menschen. Soll man einen jungen Mann lebenslang bestrafen, weil er als 20-jähriger eine Liebesbeziehung mit einer noch nicht 16-jährigen hatte? Das Beispiel zeigt eindrücklich, dass es auf den Einzelfall ankommt, zu starre Regeln werden dem nicht gerecht.

Sax: Die Volksinitiative wurde vor rund einem Jahr angenommen. Ich hoffe auf eine bestmögliche gesetzliche Umsetzung, denn der Schutz der Kinder ist mir ein grosses Anliegen.

Frage 5: Juristen pflegen zuweilen eine eigene Sprache. Verstehen und sprechen Sie die Sprache des einfachen Volks?

Furter: Ja. Mich zeichnet eine klare, direkte Sprache aus.

Peyer: Viele Angehörige und Freunde von mir sind nicht Juristen. Es ist für mich deshalb normal, mich mit berufsfremden Menschen zu unterhalten. Wichtig ist, sich gegenseitig zuzuhören und nachzufragen, wo etwas unklar ist. Egal in welchem Umfeld, aber auch vor Gericht.

Sax: Mich mündlich wie auch schriftlich klar und verständlich auszudrücken, war mir bereits als Gerichtsschreiberin immer wichtig und wird es auf jeden Fall auch als Gerichtspräsidentin sein. Das trägt im Übrigen auch zur Akzeptanz der Urteile bei.

Frage 6: Ihre grosse Schwäche, ihre grösste Stärke?

Furter: Meine grosse Schwäche ist zugleich eine meiner grössten Stärken: Ich sehe eine Sache immer von verschiedenen Seiten. Dies macht die Entscheidfindung schwieriger, führt aber zu ausgewogeneren Lösungen.

Peyer: Schwäche: Ich kann einem Freund schlecht «Nein» sagen. So habe ich gerade einen Samstag damit verbracht, eine Wohnung zu zügeln statt mit meiner Frau wandern zu gehen. Stärke: Ich erfasse Zusammenhänge schnell und arbeite effizient.

Sax: Meine Stärke: Verantwortungsbewusstsein, meine Schwäche: Ungeduld.

Frage 7: Wie gehen Sie damit um, einen Menschen für mehrere Jahre hinter Gitter stecken zu müssen?

Furter: Ich bin mir der Verantwortung bewusst und solche Urteile werden nicht leichthin gefällt. Allerdings sind nebst der Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters auch sein Verschulden, die begangene Tat und das verursachte Leid zu berücksichtigen, weshalb eine Freiheitsstrafe angebracht sein kann.

Peyer: Wenn ich zu einem Urteil gekommen bin, habe ich das gut erwogen und verantworte das auch. Für mich ist dabei auch die Sicht des Opfers wichtig. Wer eine schwere Tat begeht, muss entsprechend bestraft werden. Das ist die Aufgabe des Richters.

Sax: Sind die Voraussetzungen für eine unbedingte mehrjährige Freiheitsstrafe erfüllt, so ist ein entsprechendes Urteil zu fällen, im Bewusstsein, dass dies für die betroffene Person einen schweren Eingriff in ihr Leben darstellt.

Frage 8: Ihr grosses Kino-Richter Vorbild bzw. Lieblings-Justizfilm?

Furter: «Erin Brockovich» mit Julia Roberts, weil in diesem Film hartnäckig und ausdauernd der Wahrheit zum Durchbruch verholfen wird.

Peyer: «Das Urteil von Nürnberg» von 1961. Spencer Tracy spielt darin den amerikanischen Richter Dan Haywood. Eine Meisterleistung.

Sax: Ein Kino-Richter-Vorbild habe ich nicht. Aber ein sehr guter Justizfilm, den ich allen nur empfehlen kann, ist «Die zwölf Geschworenen».

Frage 9: Plagten Sie nach einem Urteil je Zweifel oder kamen Sie gar zur Erkenntnis, falsch geurteilt zu haben?

Furter: Nein, denn die vorgängige Gerichtsverhandlung sowie die Urteilsberatung dienen ja gerade der Wahrheitsfindung und dem Ausräumen allfälliger Zweifel. Ein Urteilsspruch erfolgt erst dann, wenn ich von der Richtigkeit des Entscheids überzeugt bin.

Peyer: Ein Richter trägt grosse Verantwortung. Es gehört dazu, dass er sich immer wieder hinterfragt. Urteile können ja grosse Auswirkungen haben.

Sax: Es gilt im Zeitpunkt eines Entscheides gewissenhaft ein Urteil zu fällen, was durch eine gründliche Vorbereitung des Falls, eine gut geführte Verhandlung und die anschliessende Urteilsberatung ermöglicht wird. Dadurch konnte ich bis anhin nachträgliche Zweifel vermeiden.

Frage 10: Ihre Motivation, Bezirksgerichtspräsident bzw. -präsidentin zu werden?

Furter: Ich arbeite momentan als ausserordentliche Gerichtspräsidentin am Bezirksgericht Zurzach und kenne daher den Alltag einer Richterin: Ich liebe die Arbeit mit Menschen und das Erarbeiten von gerechten, tragfähigen Lösungen.

Peyer: Die Auslegung unseres Rechts fasziniert mich. Mich interessieren Menschen, ihre Anliegen und die vielen unterschiedlichen Fälle, die es an einem Bezirksgericht zu beurteilen gibt. Der Herausforderung, eine bürgernahe, effiziente, lösungsorientierte und vor allem nachvollziehbare Rechtsprechung praktizieren zu dürfen, würde ich mich sehr gerne stellen.

Sax: Das Amt der Gerichtspräsidentin ist eine spannende und vielseitige Tätigkeit, welche ich mit grosser Freude, Gewissenhaftigkeit sowie Engagement ausüben werde und für die ich mich durch die vielen Jahre am Bezirksgericht Baden qualifiziert wie auch bereit fühle.