Region Baden
Was die Bäckereien in der Region Baden mit dem Brot von gestern anstellen

Das Brot vom Bäck muss frisch sein. Doch was machen die Bäcker in der Region Baden, wenn sie ihre Gipfeli, Mutschli und Weggli nicht bis Ladenschluss verkaufen können? Eine Umfrage.

Sabina Galbiati
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Bis zu 10 Prozent der Backwaren bleiben übrig und gehen teilweise an gemeinnützige Organisationen. zvg

Bis zu 10 Prozent der Backwaren bleiben übrig und gehen teilweise an gemeinnützige Organisationen. zvg

Beim Gipfeli, Pfünderli und Nussgipfel kennt der Kunde kaum Gnade: Frisch und knusprig müssen sie sein, da ist er verwöhnt.

Doch was machen die Bäcker in der Region, wenn sie ihre Brote, Mutschli und Weggli nicht bis Ladenschluss verkaufen können?

Eine Umfrage des «Badener Tagblatts» zeigt: Lebensmittelverschwendung ist in den Backstuben und an den Verkaufstheken ein grosses Thema.

Für Guido Moser, Inhaber von «Moser’s Backparadies», ist es eine Herzensangelegenheit, dass kein Brot im Müll landet: «Es tut mir weh, wenn ich sehe, wie viele Lebensmittel – und nicht nur Brot – weggeschmissen werden».

Saverio Mazza, der in Niederrohrdorf die Bäckerei Savi’s betreibt, spricht vom Berufsstolz. «Wir stecken viel Herzblut in unsere Produkte und sind stolz, wenn wir sehen, dass abends praktisch alles verkauft ist.»

Unberechenbare Kundenwünsche

Einfach wegschmeissen ist unter den Bäckern ein «No-Go». Doch die Punktlandung bei Ladenschluss ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Vom schieren Zufall hängt es manchmal ab, ob 20 Prozent mehr oder weniger verkauft werden.

Janek Arnet, Inhaber von Beck Arnet mit fünf Filialen in Baden und Zürich, kann von diesen Zufällen ein Lied singen.

«Wenn es auf der Autobahn Stau hat wegen eines Unfalls, dann verkaufen wir bis zu 20 Prozent weniger Ware.»

Wie viel verkauft wird, hängt unter anderem auch vom Wetter, der Ferienzeit und dem Wochentag ab. Diese Faktoren können die Bäcker aus der Erfahrung heraus einkalkulieren.

Doch die Kundenwünsche lassen sich heute nicht mehr vorhersagen. Arnet betreibt die Bäckerei in dritter Generation.

«Früher haben die Kunden meistens eine Bestellung aufgegeben, heute sind sich die Leute gewohnt, ins Geschäft zu kommen und 40 Gipfeli zu kaufen», sagt Arnet.

Habe man diese nicht gleich zur Hand, komme der Kunde nicht mehr ins Geschäft.

Angebot abends ausgedünnt

Letztlich bleibt die Tagesration von Brot und Süssgebäck unberechenbar und so produzieren die Bäcker 6 bis 10 Prozent Überschuss – Brot und Süsswaren, die abends in den Regalen liegen bleiben.

Damit die Regale so leer wie möglich werden, produzieren die Bäcker in den frühen Morgenstunden nur einen Grundstock an Brot und ergänzen diesen je nach Bedarf tagsüber.

So schaffen es einige Bäcker, weniger als 6 Prozent Ware übrig zu haben. Der Nachteil: Abends ist das Sortiment nicht mehr vollständig, sondern teilweise stark ausgedünnt.

«Das stört einige Kunden, die dann nicht mehr kommen. Andere finden es sehr gut, dass wir nicht unnötig viel Brot backen», sagt Arnet.

Ohnehin können sich die Bäckereien den Luxus eines vollen Sortiments bis Ladenschluss gar nicht leisten, weil dann zu viel weggeschmissen werden müsste.

Kreativ Reste verwerten

Was dennoch am Ende des Tages übrig bleibt, landet aber nicht zwingend im Müll. Die Bäcker in der Region legen für die Reste einiges an Kreativität an den Tag.

Bäcker Arnet produziert mit dem Brot grössere Mengen Paniermehl, für die er Abnehmer hat; aus gewissen Süssgebäcken macht er getrocknete Biskuitbrösel, sogenanntes Schrabs, das wiederum für Cakes oder Lebkuchen Verwendung findet.

Die Bäckerei Savi’s in Niederrohrdorf gibt einen Teil der nicht verkauften Lebensmittel dem Mittagstisch, die Mitarbeiter dürfen ebenfalls mal was mitnehmen und die Mitarbeiter der Morgenschicht, die um 1 Uhr beginnt, freuen sich, wenn sie mal etwas Süsses zur Stärkung bekommen.

Die Filialen der Bäckerei Spitzbueb in Baden, Dättwil und Wettingen überlassen das Brot nach Ladenschluss gemeinnützigen Institutionen. Einige Bäcker geben auch Backwaren an Tierbesitzer ab.

Kurz vor Ladenschluss 50-Prozent-Angebote zu machen, zahlt sich für die Backstuben nicht aus.

«Wir haben eine Zeit lang jeweils samstags kurz vor Ladenschluss Produkte zum halben Preis angeboten, mussten aber damit aufhören, weil die Kunden angefangen haben, dieses Angebot zu sehr auszunutzen», sagt Saverio Mazza von «Savi’s».

Hilfsorganisationen profitieren

50-Prozent-Angebote gibt es dennoch, allerdings erst am nächsten Tag. Beim Bäcker Arnet etwa gibt es dafür einen separaten Korb, wo Produkte vom Vortag deklariert und verkauft werden. Die Bäcker sind aber sehr vorsichtig, was Brot vom Vortag anbelangt.

Für «Moser’s» sind Brote vom Vortag zum halben Preis zurzeit kein Thema. «Moser’s macht bei unverkauften Frischprodukten keine 50-Prozent-Angebote und führt auch kein ‹Brot vom Vortag› im Sortiment», sagt Verkaufsleiter Patrick Odermatt.

«Produkte aus unseren Zürcher Filialen geben wir der Organisation Äss Bar, welche Brote und Backwaren zu einem reduzierten Preis weiterverkauft», sagt Odermatt.

«Moser’s» ist auch seit über einem Jahr Mitglied bei der Organisation «United against Waste», die unter anderem Bäckereien hilft, ihre Überschüsse zu minimieren.

Übrigens: Auch bei Coop und Migros landet das Brot nicht einfach im Müll. Was bei Coop und Migros auch mit dem Aufkleber «50 Prozent» nicht verkauft wurde, geht an gemeinnützige Organisationen wie die «Aargauer Tafel» oder «Tischlein deck dich». Diese beliefern mit der Ware soziale Institutionen und Bedürftige oder geben die Produkte gratis ab.

Was trotz Bemühungen der Bäcker und Detailhändler als verdorbene Ware abgeschrieben werden muss, landet als Grünabfuhr in der Biogasanlage und wird verheizt.