Kultur
Was die Wettinger Mönche so dachten und schrieben

Ein Katalog zeigt die Vielfalt der Handschriften über das ehemalige Zisterzienserkloster in der Aargauer Metropole Wettingen. Zudem beeindruckt auch die Einleitung über die Geschichte des Klosters.

Dieter Minder
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Aargauer Zeitung

Prior Konrad und 12 Zisterziensermönche aus dem Kloster Salem in der Nähe des Bodensees sind am 14.Oktober 1227 ins Kloster Wettingen eingezogen. Damit fand ein längerer Prozess sein Ende, denn Heinrich Wandelber von Rapperswil hatte bereits 1220 im Generalkapitel der Zisterzienser in Citeaux den Plan zur Gründung des Klosters eingereicht. Doch diesmal hatte es geklappt, und das Klosterleben auf der Limmathalbinsel nahm seinen Anfang.

Im so genannten Kleinen Urbar finden sich erste Zeugnisse über die Gründung des Klosters. Der Wettinger Mönch Johannes von Strassburg hatte sie zwischen 1248 und 1253 aufgeschrieben. Mehrere weitere Schreiber des 13. Bis 15. Jahrhunderts haben das Urbar ergänzt und weiter geführt.

40 Seiten über das Kloster

Nun gibt der «Katalog der mittelalterlichen Handschriften des Klosters Wettingen Auskunft darüber und viele weitere Dokumente. Charlotte Bretscher-Gisiger und Rudolf Gamper haben den Katalog, ein sehr schönes, gepflegtes Buch geschaffen. Es vermittelt einen interessanten Überblick über die Dokumente die mit dem christlichen Leben aber auch mit dem Kloster zusammen hängen. Mit finanziert wurde das Buch neben anderen Institutionen von den Freunden des Klosters Wettingen und der Gemeinde Wettingen.

Für den Laien am interessantesten ist sicher der als Einleitung bezeichnet Abschnitt, immerhin rund 40 Seiten über die Geschichte des Klosters und seiner Mönche. Es folgen mehrere Seiten Bildanhang und dann der eigentliche Katalog, der Dokumente die im Staatsarchiv des Kantons Aargau und in der Aargauer Kantonsbibliothek sowie Mittelalterliche Handschriften die sich im Museum Schiff Laufenburg, im Museum Burghalde Lenzburg, in der Stadtbibliothek Zofingen sowie bei der Christkatholischen Kirchgemeinde Rheinfelden befinden.

Das Land kostete 660 Mark

Im Buch abgebildet ist die erste Seite des Kleinen Urbars. Auf dieser finden sich eine Reihe von päpstlichen Privilegien die für das Kloster. Schreiber Johannes von Strassburg erlaubt aber auch einen Blick in die der Klostergründung vorangehenden Geschichte. Er beschreibt, dass Heinrich von Rapperswil das Gut, auf dem das Kloster gegründet wurde, den Grafen Dillinger abkaufte, für 660 Mark.

Dass 1248 Johannes von Strassburg mit seinen Aufzeichnungen begann, kommt auch nicht von ungefähr. Damals verordnete Abt Eberhard II von Salem, dass über die Güter und Zinsen des Klosters sorgfältige Aufstellung zu erfolgen habe. Dieser Auftrag gilt als Beginn des Kleinen Urbar.

Sie waren kurzfristig reformiert

Nicht zu erfassen, so Abt Eberhard, seinen das eigenhändige bebaute Gut in Wettingen, die Güter und Leute in Uri sowie die Güter zwischen Bözberg, Sausenhardt und im Wiesental. Mehr oder weniger ausführlich haben die mittelalterlichen Schreiber festgehalten, wie die Güter zusammen gekommen sind. Dabei geniessen die Schenkungen der Rapperswil einen besonderen Stellenwert. Mit den Einkommen daraus ermöglichten sie ihrem noch jungen Konvent die Existenz.

Die aufgeführten Dokumente geben auch Auskunft über das bewegte Leben des Klosters. Als im Zuge der Reformation 1529 die Mehrheit der Mönche zum neuen Glauben übertrat. Nach dem Sieg der katholischen Orte in der Schlacht bei Kappel ordneten diese die Wiederherstellung des Klosters in den Gemeinen Herrschaften an. Der Abt und die Neugläubigen mussten gehen, mit 5 Mönchen begann ein Neuanfang.

«De Franzos im Aargau», im Kloster

1798 eroberten die Franzosen die Schweiz. Abt und Konvent einigten sich mit der helvetischen Regierung. Das Kloster blieb erhalten, durfte aber keine neuen Novizen mehr aufnehmen, seine Güter wurden Nationaleigentum. Die Bibliothek wurde nicht angetastet. Wie das Leben damals war, wird in diesem Wochen an den Klosterspielen gezeigt. Gespielt wird das Stück «de Franzos im Aargau». Während das Kloster den Einfall der Franzosen überlebte, wurde es 1841 vom Kanton aufgehoben.

Unter dem Titel Zeugnis literarischer Tätigkeit im Cistercenserkloster Wettingen aus der ersten Zeit seinen Bestehens druckte Gerold Meyer 1867 eine Bücherverzeichnis und damit einen Vorläufer zum neuen Katalog. Die Forschung erkannte, dass das Kleine Urbar eine wichtige Sammlung von Urkunden aus dem 13. Jahrhundert bildete. Es folgten weitere Sammlungen. So editierte Paul Lehmann 1918 die Bücherliste von Johann von Strassburg. Im Kommentar dazu bemerkte er: «An einer genaueren Untersuchung über die Geschichte und den Wert der Wettinger Handschriften fehlt es.»

Marie Mellow publizierte 1944 ihre wissenschaftliche Arbeit unter dem Titel «Das Wettinger Graduale. Eine geistliche Bilderfolge vom Meister des Kasseler Willehalmcodex und seinem Nachfolger.» Ab 1953 arbeitete Alfons Schönherr an einem Katalog der Wettinger Schriften. 1955 gab Alfons Bruckner im 7. Band der «Scriptoria medii aevi Helvetica» einen Überblick über Wettinger Handschriften. Jetzt legt ein umfassender Katalog vor.