Baden
Was ist eigentlich aus dem «Pfuusbus» für Obdachlose geworden?

Das Projekt einer fahrenden Notschlafstelle war als kantonales Projekt gedacht. Der Bus hätte beim Badener Werkhof aufgestellt werden sollen. In Baden ist die Idee gestorben, doch die mobile Notschlafstelle «lebt» und erlangt schweizweite Bekanntheit.

Sabina Galbiati
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Der «Pfuusbus» kommt im Sommer oft an Open Airs zum Einsatz. Zvg

Der «Pfuusbus» kommt im Sommer oft an Open Airs zum Einsatz. Zvg

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Der Rückschlag war mehr als herb, als vor knapp einem Jahr die Nachricht kam: «Das Projekt ‹Pfuusbus› ist gestorben.» Der Bus hätte beim Badener Werkhof aufgestellt werden und während der kalten Monate für Obdachlose aus dem Aargau ein warmes Bett bereithalten sollen.

Die fahrende Notschlafstelle war als kantonales Projekt gedacht. Die Gemeinden hätten sich finanziell beteiligen sollen. Noch bis zum letzten Moment hatte die Interessengruppe mit dem Verein für Notschlafstellen, der Stiftung Sozialwerke Pfarrer Sieber und dem Christlichen Sozialwerk Hope unter der Leitung von Stadträtin Regula Dell’Anno für den Pfuusbus gekämpft.

Doch das Projekt brach buchstäblich wie ein Kartenhaus zusammen. Die Stadt hatte entschieden, den Schadenmühleplatz beim Werkhof während des Schulhausplatzumbaus als Installationsplatz zu nutzen.

Ein anderer Standort für den Bus liess sich partout nicht finden. Auch fehlte das nötige Geld, weil sich zu wenige Aargauer Gemeinden am Projekt finanziell beteiligen wollten. Und so blieb vom Projekt lediglich die Interessengruppe übrig und ein Lastwagen, den man für 120 000 Franken um- und ausgebaut hatte.

«Es ist noch unklar, wer das Projekt wann wieder in Angriff nehmen wird», sagt Regula Dell’Anno. Die Interessengruppe sei derzeit inaktiv, lässt die Badener Sozialvorsteherin wissen. «Wir versuchen, die Interessengruppe breiter abzustützen», sagt sie. Seitens des Ressorts bestehe die Bereitschaft, mitzuarbeiten.

Und der «Pfuusbus»? – oder «Sleeptrailer», wie ihn sein Besitzer André Ott auf seiner Website bewirbt? Der Sarmenstorfer hatte den Lastwagen mit seinem Sohn Stefan während eines halben Jahres zum «Pfuusbus» umgebaut. «Die gemeinsame Arbeit war grossartig und für mich sehr bereichernd», sagt Vater Ott. Er führt seit 2001 den Familienbetrieb mit dem englischem Namen Shelter, zu Deutsch Obdach, Schutz. Bis 2012 beschäftigte die Firma jeweils zwei bis vier Mitarbeiter, die sich in schwierigen Lebenssituationen befanden.

«Der ‹Pfuusbus› war eine Herzensangelegenheit von mehreren Akteuren», sagt Ott, der den Verein Notschlafstellen mitgegründet hat. «Wir wollten Menschen in Not helfen.»

«Als das Projekt in Baden bachab ging, haben wir Gemeinden in der Deutschschweiz angeschrieben und fragten, ob sie in den Wintermonaten den ‹Pfuusbus› für Obdachlose aufstellen wollen», erzählt Ott. Doch seine Schreiben blieben unbeantwortet. Genutzt wird der Bus dennoch in der ganzen Schweiz: «Es war immer geplant, ihn im Sommer an Privatpersonen zu vermieten», sagt Ott.

Noch bevor die 15 Betten im Bus für Obdachlose zum Einsatz gekommen wären, nutzten sie die Organisatoren des St. Galler Open Airs. Und sie sind nicht die Einzigen. «Wir hatten zahlreiche Anfragen dieses Jahr», sagt Ott. So sei der Bus während vier Monaten zwischen Boden- und Genfersee herumgetourt und an einigen Open Airs und Festivals gewesen. Unter anderem auch am Sonnentanzfestival im Mettauertal oder am Summerdaysfestival in Aarbon. «Daneben hat auch eine Jugendgruppe den Bus gemietet, und demnächst nutzen ihn Hochzeitsgäste, die nach der Feier nicht mehr heimfahren wollen.» Für das Jahr 2016 ist der Auflieger bereits für die Zeit von Juni bis September reserviert. Auch wenn die Anfragen für den Bus steigen, «wir sind nach wie vor offen, ihn in den Wintermonaten für Obdachlose einzusetzen», sagt Ott.

400 Franken kostet das gute Stück pro Tag, dafür sind das Aufstellen, Wegfahren, 15 frisch bezogene Betten und die Endreinigung inklusive. Wer im Bus haust, dem stehen gleich zwei Toiletten und eine Dusche sowie eine Luxusküche zur Verfügung. Weil der Bus immer besser genutzt wird, stellte sich die Frage, einen zweiten auszubauen. «Aber das ist sehr kostspielig», sagt Ott. Der Familienbetrieb könne sich das aus finanziellen Gründen noch nicht leisten.