Baden
Wegen des «Wilden»: Der offizielle SP-Kandidat ist «sehr enttäuscht»

Nachdem sich Erich Obrist zur wilden Kandidatur für die Badener Stadtratswahl entschieden hat, äussert sich Jürg Caflisch dazu. Denn Caflisch ist offizieller SP-Kandidat und hatte gegen Obrist in der parteiinternen Ausmarchung noch knapp gewonnen.

Pirmin Kramer
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Vor kurzem waren sie noch Parteifreunde: Erich Obrist und Jürg Caflisch.

Vor kurzem waren sie noch Parteifreunde: Erich Obrist und Jürg Caflisch.

Christine Zenz/zvg

Per E-Mail hat SP-Stadtratskandidat Jürg Caflisch am Donnerstagmorgen vom Parteiaustritt und von der Kandidatur Erich Obrists für den Badener Stadtrat erfahren – in einer Nachricht, die gleichzeitig auch an den SP-Vorstand und die Fraktion ging. Caflisch obsiegte in einer parteiinternen Ausmarchung Anfang Juli sehr knapp, der unterlegene Erich Obrist steigt nun als «wilder» Kandidat in den Ring.

Caflisch findet deutliche Worte für seinen ehemaligen Parteikollegen: «Mir würde es nie in den Sinn kommen, nach einer in einem fairen Auswahlverfahren erlittenen Niederlage aus der Partei auszutreten oder wild zu kandidieren. Ich bin menschlich sehr enttäuscht von Erich Obrist.»

Vor zwei Jahren war Caflisch der heutigen Stadträtin Regula Dell’Anno in der internen Ausmarchung äusserst knapp unterlegen. «Ich war danach sogar in ihrem Komitee», sagt Caflisch. Schwerwiegender als seine persönliche Enttäuschung sei der Schaden, den die politische Kultur nehme, sagt der offizielle sozialdemokratische Kandidat: «Solch ein Alleingang gibt all jenen Stimmen recht, die behaupten, Politiker seien Egoisten, denen es nur um ihre eigene Haut geht.»

Seinen Wahlkampf wird Caflisch so durchziehen wie geplant. «Es ist schwierig abzuschätzen, wie viele Stimmen aus der SP und den anderen linken Parteien zu Obrist abwandern werden. Ich könnte mir vorstellen, dass Obrist auch aus dem bürgerlichen Lager Stimmen erhält.» Wie werden die Geschehnisse dieser Woche das Verhältnis zwischen Caflisch und Obrist verändern? «Ich denke, wir werden weiterhin einen sachlichen, aber sicher kühleren Umgang pflegen als bisher», so Jürg Caflisch.

Am 18. Oktober wird es zu einem Dreikampf um den freiwerdenden Stadtratssitz kommen. Für die Bürgerlichen tritt Mario Delvecchio (FDP) an. Er sagt zur neuen Ausgangslage: «Faktisch ist Erich Obrist nach wie vor ein SP-Mann. Ich bin davon überzeugt, dass seine Kandidatur keinen Einfluss auf meine Wahlchancen hat.» Denn die bürgerlichen Parteien SVP, CVP und FDP hätten ihm deutlich gesagt und gleichzeitig zu spüren gegeben, «dass sie mich zu einhundert Prozent unterstützen», sagt Delvecchio.

Eine seiner Aufgaben im Wahlkampf werde es zusammen mit seinem Wahlteam nun sein, all jene Wähler zu überzeugen, die keine Parteimitglieder sind, aber den Bürgerlichen nahestehen. «Ich bin seit vielen Jahren Unternehmer und unabhängig und werde frischen Wind in den Stadtrat bringen.»

Auf die Frage, inwiefern Obrist – Oberleutnant der Schweizer Armee und in der Stadt gut vernetzt – auch bürgerliche Werte vertrete und ihm Stimmen streitig machen könnte, antwortet Delvecchio: «Die Chancen, dass das Rennen um den Stadtratssitz erst in einem zweiten Wahlgang entschieden wird, sind durch seine Kandidatur sicher gestiegen.» Der FDP-Kandidat gibt sich trotz nun doppelter Konkurrenz selbstsicher: «Ich glaube an meine Chancen.»