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Wegen «Spannungen» und «mangelnder Mithilfe» kündigt das Ehepaar Aebi Vertrag mit der Genossenschaft – diese kontert Kritik.
Wohl jeder, der in der Region schon einmal einen Notfall zu beklagen hatte, kennt sie: die Apotheke Husmatt gleich neben dem Kantonsspital Baden in Dättwil. An 365 Tagen im Jahr ist die Apotheke offen und bietet einen 24-Stunden-Notfalldienst an. Möglich macht dies ein Genossenschaftsmodell, dem heute rund 30 Apotheken aus dem Bezirk Baden und Zurzach angeschlossen sind.
Vor zwölf Jahren übernahm die 1995 von Daniel und Gaby Aebi gegründete Apotheke Husmatt den Auftrag der Genossenschaft, die Versorgung der Bevölkerung der Region während 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr zu gewährleisten – tagsüber in der Apotheke und nachts via Notfallschalter. Doch damit ist Ende dieses Jahrs Schluss.
In einem Schreiben teilt das Apotheker-Ehepaar mit, dass «die Apotheke Husmatt AG das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien nach Spannungen zwischen der Genossenschaft und der Betreiberin auf Ende 2019 gekündigt hat». Das erfolgreiche und kundenfreundliche Vorzeige-Projekt sei somit voraussichtlich beendet.
Doch wieso beendet das Ehepaar Aebi die Zusammenarbeit, wenn das Projekt so «erfolgreich und kundenfreundlich» ist? Der Erfolg sei getrübt worden durch eine «schwierige» Zusammenarbeit mit dem Vorstand der Genossenschaft», heisst es in der Mitteilung. «Die Genossenschaft akquirierte neue Mitgliedsapotheken aus anderen Nachtdienstkreisen, ohne Rücksprache mit uns zu nehmen. Ohne Vorlaufzeit mussten wir dann innert einer halben Woche eine erhöhte Kundenfrequenz stemmen.»
Zudem habe die Genossenschaft keine Mithilfe bei der Rekrutierung von Personal geleistet und auch keinen zusätzlichen Mitarbeiter zur Verfügung gestellt, um personelle Engpässe abzufedern. «Eine Unterstützung beim Anwerben von neuen Mitarbeitern im Notfalldienst war kein Bestandteil der Betriebsvereinbarung, wurde jedoch mehrfach vom Vorstand versprochen.» Der grössere Betriebsaufwand der Notfalldienstapotheke sei auch nicht den tatsächlichen, nicht querfinanzierten Kosten entsprechend abgegolten worden.
Doch nicht nur der Ist-Zustand habe zur Kündigung geführt, sondern auch die aus Aebis Sicht vagen Zukunftsperspektiven. Denn das KSB plant einen Spital-Neubau, wo auf Ende 2022 eine Austrittsapotheke neben dem Notfallzentrum geplant ist. Die Genossenschaft wolle mit einer noch zu gründenden Aktiengesellschaft diese Apotheke als «Austritts- und Notfalldienst-Apotheke» auf eigene Rechnung in den Räumlichkeiten des neuen Spitals realisieren, schreibt das Ehepaar Aebi in der Mitteilung. «Der Auftrag zur Erbringung des Apotheken-Notfalldienstes soll auf den Zeitpunkt der Eröffnung von der Apotheke Husmatt zurück an die Genossenschaft gehen.»
Der Verwaltungsrat der 24h-Notfalldienst-Apotheke Husmatt AG sei angefragt worden, ob er dieses Projekt für die Genossenschaft ohne Entschädigung realisieren und sein über zwölfjähriges Know-how als 24h-Notfalldienstapotheke kostenlos einbringen wolle.
Nebst der Genossenschaft habe sich Anfang 2018 auch die Apotheke Husmatt AG für das Projekt Austrittsapotheke beim KSB-Verwaltungsrat beworben. «Bis zum heutigen Tag hat sich der VR des KSB nicht zur Bewerbung der Apotheke Husmatt AG geäussert. Das eingereichte Projekt wurde weder angenommen noch abgelehnt», so Aebis.
Wie regagiert die angeschossene Genossenschaft auf diese Pauschalkritik? «Ich habe heute Morgen von der Kündigung erfahren», sagt Bruno Hüsser, seit Anfang Geschäftsführer der Genossenschaft. Man werde jetzt das weitere Vorgehen im Vorstand besprechen und analysieren.
«Fakt ist, dass die Apotheken gesetzlich verpflichtet sind, einen 24-Stunden-Notfalldienst bereitzustellen. Wie wir das ab 2020 realisieren werden, müssen wir jetzt anschauen», so Hüsser. Es sei richtig, dass sich die Genossenschaft für die geplante Apotheke im Kantonsspital ab 2022 für eine Lösung mit einer breiten Trägerschaft einsetze. «Wir haben diesbezüglich auch mit dem Ehepaar Aebi gesprochen.»
Auf die die Kritik von Daniel Aebi will Hüsser nicht detailliert eingehen. «Der Vorstand hat sich jährlich mit Frau und Herr Aebi getroffen und sich mit ihnen ausgetauscht. Letztes Jahr haben sie auf das Treffen verzichtet.» Nur so viel: «Die Genossenschaft hat – basierend auf den von der Apotheke Husmatt präsentierten Zahlen und Fakten – immer den vereinbarten Betrag geleistet», betont Hüsser.
Was bedeutet die Vertragsauflösung für das Kantonsspital Baden? «Wir hatten von der Kündigung bis jetzt noch keine Kenntnis», sagt KSB-Mediensprecher Omar Gisler auf Anfrage. Das KSB sei interessiert daran, dass die Medikamentenversorgung auch nachts und an den Wochenenden gewährleistet sei und dass Patienten, die beispielsweise in der Notfallpraxis ambulant behandelt würden, sich in der Nähe des Spitals mit Medikamenten eindecken können. «Die Umsetzung solcher Pläne liegt jedoch nicht in unserer Kompetenz», erklärt Omar Gisler.
Das KSB werde der Genossenschaft im Eingangsbereich des neuen Spitals Räume zur Verfügung stellen. «Um dieses Projekt zu realisieren, findet ein regelmässiger Austausch mit den Beteiligten statt. Ziel ist es, dass wir so effiziente Abläufe wie möglich schaffen können. Dazu gehören kurze Wege für die Patienten, auch im Bereich der Medikamentenversorgung», sagt Gisler.