Baden
Wer ist bloss Mohammed? Das Schauspielhaus Hamburg zu Gast im Kurtheater

Das Schauspielhaus Hamburg gastierte im Kurtheater Baden mit einem brisanten Stück. Im Vordergrund standen Zweifel und Kritik an Religion, Verwurzelung in der Tradition und Integration.

Elisabeth Feller
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Der Vater (Ernst Stötzner) ist fassungslos über das Buch seiner älteren Tochter Zarina (Lina Beckmann, l.). Die jüngere Schwester Mahwisch (Josefine Israel) hört den beiden zu.

Der Vater (Ernst Stötzner) ist fassungslos über das Buch seiner älteren Tochter Zarina (Lina Beckmann, l.). Die jüngere Schwester Mahwisch (Josefine Israel) hört den beiden zu.

zvg

«Ich habe doch nur das Beste gewollt.» Wer kennt diesen Satz nicht? Sei es, weil wir ihn selbst aussprechen oder ihn zu hören bekommen – etwa vom Vater.

Im Stück «The Who and the What» des pakistanisch-amerikanischen Autors Ayad Akhtar heisst dieser Vater Afzal (Ernst Stötzner), ist Muslim, Taxiunternehmer in Amerika und dort zu Geld gekommen.

Seine Töchter sind die ältere Zarina (Lina Beckmann) und die jüngere Mahwisch (Josefine Israel). Zu diesem Trio stösst Eli (Paul Herwig) hinzu; ein zum Islam Konvertierter. Damit ist in «The Who and the What» eine Personenkonstellation gegeben, wie sie so selten wohl gar nicht ist.

Hier ist ein Umstand aber speziell. Der Vater sucht unter strenger Beachtung der Lehren vom Propheten Mohammed einen Ehemann für die älteste Tochter – im Internet, wo er sich als Zarina ausgibt.

Das klappt, denn eines Tages meldet sich Eli. Afzal ist von ihm begeistert; Zarina weniger, bis sie merkt, dass sich Eli für sie ernsthaft interessiert. Also vertraut sie ihm an, dass sie ein Buch geschrieben hat: aus dem unbezähmbaren Verlangen heraus, den Propheten Mohammed kritisch zu hinterfragen. «Wer war er?

Das wissen wir nicht. Und so nenne ich das Buch: Das Wer und das Was», sagt sie. Als der Vater es entdeckt und liest, ist er fassungslos. «Du bist nicht mehr meine Tochter», ruft er seiner Ältesten hinterher. Der Bruch scheint endgültig, dabei wollte der Vater doch nur das Beste für seine Familie.

Nie dogmatisch

Ayad Akhtar stellt in seinem Stück um Religion, Verwurzelung in der Tradition und Integration Zweifel und Kritik in den Vordergrund, ohne je dogmatisch zu sein. Orientiert am englisch-amerikanischen «Well-made Play» führt er seine vier sympathischen, da menschlich schwächelnden Figuren ebenso ernsthaft wie ironisch-pointiert zueinander.

Die Argumente wogen hin und her; die Positionen der vier klaffen mitunter so weit auseinander, dass eine Annäherung unmöglich erscheint.

Am Ende allerdings keimt das Pflänzchen zarter Hoffnung auf. Gerade dieses belegt nachdrücklich, wie fabelhaft das Stück zwischen Emotion und Komik balanciert.

Da bedarf es keiner «Regiepranke», sondern primär des behutsamen Anstossens vonseiten der Regisseurin Karin Beier; eines Bühnenraums (Franz Dietrich), der mit Holzwand und wenigen Versatzstücken alles evoziert und eines Schauspielerquartetts, das mittels Gängen, Gesten und Sprache ein brisantes Stück wunderbar auslotet.