René Barrer aus Wettingen veröffentlicht mit der Heavy-Metal-Band Crashtime das erste Album – 14 Jahre nach dem aussergewöhnlichen Comeback an einer Geburtstagsfeier. Am Samstag steigt die Plattentaufe von «Valley of the Kings».
Wenn er in der Dachwohnung in Wettingen neue Akkordfolgen übt, spielt René Barrer eine schlichte weisse E-Gitarre – aus Rücksicht auf die Nachbarn meistens ohne Strom. Für Auftritte mit seiner Heavy-Metal-Band Crashtime greift der 54-Jährige dagegen zur gezackten Metal-Gitarre und lässt es krachen. «Auf der Bühne fühle ich mich wieder wie zwanzig», sagt Barrer und lacht. «Meine Freundin meint, sie erkenne mich dann nicht wieder.»
Doch die Melodien, schnellen Übergänge und Tempowechsel wollen geübt sein. Fast zwei Stunden pro Tag hat der gebürtige Oltner im vergangenen Sommer geprobt – statt der üblichen Stunde zwei bis drei Mal die Woche. Er tat dies für das bisher grösste Bandprojekt: das erste Studioalbum, 14 Jahre nach dem Comeback zu Barrers vierzigsten Geburtstag.
Ein Album herauszugeben, war eigentlich gar nicht geplant, erzählt der Rhythmusgitarrist von Crashtime. Für die Saison 2020 habe die Metal-Band ein eineinhalbstündiges Programm mit vielen neuen Songs einstudiert. Rund zehn Konzerte in Musikclubs und an Festivals waren vorgesehen. Barrer, der als stellvertretender Leiter bei der Eichstelle eines Elektrizitätswerkes arbeitet, hatte dafür bereits Ferientage eingegeben.
Wegen Corona fielen aber sämtliche Auftritte aus. «Warum die tote Zeit nicht nutzen und die neuen Songs in ein Album packen?», fragte Barrer an einer Bandprobe in die Runde. Über den Vorschlag habe man nicht lange diskutiert. Im September waren die ersten Tonaufnahmen im Kasten, 150 Studiostunden später, die elf Songs des Debütalbums vertont.
Schon 2017 hatte Crashtime die EP (englisch für Extended Play, quasi ein Minialbum) «Today’s World» in Studioqualität herausgegeben. Die erste EP hatte die Band 2011 noch selbst produziert – nebst selbstkomponierten Songs sind darauf auch Covers von verschiedenen Genres zu finden. Diese verweisen auf die musikalischen Anfänge der fünfköpfigen Truppe.
Bereits in den 80er-Jahren – der Geburtsstunde des Heavy Metals – spielten vier von fünf Bandmitgliedern zusammen. «Als zwanzigjährige Rockertypen haben wir bekannte Metalsongs gecovert», erzählt Barrer. 1988 war mit dem gemeinsamen Musizieren aber vorerst Schluss. Nach dem Militärdienst verloren sich die jungen Musiker aus den Augen. Barrer zog 2007 der Liebe wegen von Olten nach Wettingen.
Dann die grosse Überraschung zu seinem 40. Geburtstag: Aus der Feier in Spreitenbach wird das Band-Comeback. Barrer erzählt:
«Meine Bandkollegen haben eine Bühne organisiert und mir eine Gitarre in die Hand gedrückt.»
Nach vielen Jahren Bühnenabstinenz gab die Jugendband ihr erstes Konzert vor Familien und Freunden. Von der Wiedervereinigung zeugt auch der neue Bandname Crashtime. Die Band habe nun auch bekannte Pop- und Rocksongs gecovert – etwa «La Isla Bonita» von Madonna, so Barrer. Er erklärt: «Pop und Metal sind zwei Welten. Wenn sie aufeinandertreffen, gibt es einen Crash.»
Seit dem Comeback probt Crashtime wöchentlich in einem Bandraum in Wangen bei Olten. Dabei habe man immer mehr Freude daran gefunden, eigene Songs zu komponieren, sagt Barrer. Dass eine grosse Zahl derer nun auf einem Album für die Ewigkeit festgehalten sind, freut den 54-Jährigen besonders. Er sagt: «Ich weiss nicht, ob wir nochmals etwas gemeinsam aufnehmen werden – schon nur wegen dem Alter.»
In den Songtexten vermischt Crashtime mystische Geschichten mit gesellschaftlich relevanten Themen. So handelt der titelgebende Song «Valley of the Kings» von einem Mordkomplott eines Pharaonensohns und dessen Mutter im alten Ägypten. Solche Intrigen und Machtkämpfe gebe es auch heute, so Barrer. Er nennt dafür die Entwicklungen an der nordkoreanischen Regierungsspitze als aktuelles Beispiel. Er sagt:
«Wir sind zwar keine systematischen Systemkritiker – aber wir wollen auch nicht nur über Liebe und Sonnenschein singen.»
An der Plattentaufe von heute Samstag in der Met-Bar in Lenzburg spielt die Band die neuen Songs erstmals vor Publikum. Wegen Corona sind nur 100 Gäste zugelassen. Das ist Barrer aber nicht so wichtig: «Für uns steht der Spass im Vordergrund. » Damit dieser garantiert nicht zu kurz kommt, hat die Band einige Show-Acts vorbereitet.