Am «Sport Forum Aargau» im Wettinger Tägi konnte mit Extrembergsteiger Reinhold Messner ein Referent der Sonderklasse gewonnen werden. Eine Premiere feierte zudem der Aargauer Sporttalk, der speziell Aargauer Sportlern eine Plattform bot.
Am Freitag fand im Wettinger Tägi das «Sport Forum Aargau statt». Höhepunkt des Abends war der Vortrag des Extrembergsteigers Reinhold Messner, der 1978 als erster Mensch den Mount Everest ohne Flaschensauerstoff bestieg. Der 77-jährige Südtiroler hat in seiner Karriere nicht nur alle 14 Achttausender der Welt bestiegen, sondern auch die Antarktis und die Arktis überquert.
Messner hielt ein Plädoyer für den Alpinismus, den er nicht als Sport betrachtet. Denn: «Sport braucht Messbarkeit, Alpinismus ist nicht messbar», sagte er. «Das Ziel ist es, dorthin zu gehen, wo man umkommen könnte, ohne umzukommen.»
Messner beschrieb die letzten 100 Höhenmeter vor dem Gipfel, in denen das Atmen schwerfällt und nach jedem Schritt eine minutenlange Pause nötig ist. Beim Erreichen des Gipfels stelle sich, anders als in der Vorstellung der meisten Leute, keine Euphorie ein, denn zu diesem Zeitpunkt sei erst die Hälfte des Weges geschafft. «Sie müssen ja auch wieder vom Berg runter. Meistens stellt sich die Freude erst bei der Rückkehr ins Basislager ein – dann ist man in Sicherheit.»
Erstmals erhielten zudem explizit Aargauer Sportlerinnen und Sportler eine Plattform am «Sport Forum Aargau». Im Aargauer Sport-Talk stellten sich OL-Läufer Matthias Kyburz, Siebenkämpferin Lucia Acklin, Wasserspringerin Michelle Heimberg und Alex Hürzeler, Regierungsrat und Aargauer Sportminister, den Fragen von Moderator Peter Pfändler.
Während die erst 15-jährige Acklin ihre Sportkarriere noch vor sich hat und die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles als grosses Ziel nennt, kündigte Matthias Kyburz durch die Blume seinen baldigen Rücktritt an, auch wenn er sich noch nicht ganz festlegen wollte: «Ich werde sicher noch die Heim-WM 2023 in Flims-Laax bestreiten, danach habe ich es dann vermutlich gesehen.»
Wasserspringerin Michelle Heimberg, zweifache EM-Silbermedaillengewinnerin und Olympia-Finalteilnehmerin in Tokio, visiert eine Olympia-Teilnahme 2024 in Paris an. «Trainieren muss ich aber leider im Kanton Zürich, da es im Aargau keine geeigneten Trainingsmöglichkeiten gibt», konnte sich die 22-Jährige einen kleinen Seitenhieb gegen Sportminister Alex Hürzeler nicht verkneifen.
Die ehemalige Spitzen-Biathletin Selina Gasparin erzählte vom 14. Februar 2014 – dem einen Tag, für den sie ein Leben lang gekämpft und der ihr Leben verändern hat. Die heute 38-jährige Bündnerin gewann an diesem Tag in Sotschi Olympia-Silber über 15 Kilometer Einzel. «Ich habe heute noch Gänsehaut, wenn ich diese Bilder sehe», gab Gasparin zu, warnte aber gleichzeitig davor, sich davon blenden zu lassen. «Preisgeld, Follower, Medaillen, Medienpräsenz, das ist nicht der Erfolg, sondern eine Konsequenz davon. Erfolg ist vielmehr eine tiefe Emotion, das Kämpfen, das Schmerzen aushalten, eine unglaubliche Leistung bringen.»
Etwas fehl am Platz fühlte sich danach Ludwig Hasler: Er wisse nicht recht, warum er eigentlich zum «Sport Forum Aargau» eingeladen worden war. Der 77-jährige Philosoph und Publizist wusste das Publikum aber mit seinen witzigen Pointen zu fesseln. Sport sei Bildung, sagte er. Es ginge vor allem darum, Bedingungen zu stärken, um diese besser zu nutzen. «Bildung ist nicht das, was man Menschen eintrichtert, sondern das, was man aus Menschen herausholt», so Hasler. Sport spiele in dieser Hinsicht eine wesentliche Rolle.
Er kritisierte auch die heutige Gesellschaft, die zu sehr auf Wissen fixiert sei. «Charakter, Wille und Temperament sind die Eigenschaften, die im Leben wichtig sind. Unsere Gesellschaft ist dringend auf Leute angewiesen, die etwas wollen und die Träume haben», resümierte Hasler. «Denn das ist, was uns von Maschinen unterscheidet.»
Wie die IG Sport Aargau in der entsprechenden Mitteilung schreibt, findet das «Sport Forum Aargau» mit Sicherheit auch 2023 wieder statt. Die Organisatoren um Präsident Jörg Sennrich werden dann zum Thema «Sport & Motivation – Aspekte einer besonderen Beziehung» wieder interessante und hochkarätige Referenten und Referentinnen präsentieren können.