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Die Wettinger Jungpolitiker Mia Gujer und Andreas Leuppi fordern, dass Menstruationsartikel kostenlos zur Verfügung gestellt werden —wie Toilettenpapier oder Seife.
Die Hälfte der Schweizer Bevölkerung zwischen dem Teenageralter und den Wechseljahren menstruiert. Und dies Monat für Monat, wodurch hohe Kosten für Binden und Tampons anfallen. Im November letzten Jahres wurde in Schottland beschlossen, dass in öffentlichen Gebäuden Produkte wie Tampons und Binden kostenlos zur Verfügung gestellt werden müssen. Der Gesetzentwurf wurde einstimmig verabschiedet. Es war eine weltweite Premiere.
Ähnliches könnte sich in Wettingen wiederholen. Die Einwohnerräte Mia Gujer (SP) und Andreas Leuppi (WettiGrüen) fordern in einer Motion: «Tampons und Binden sollen in allen öffentlichen Gebäuden gratis verfügbar sein, genau gleich wie Toilettenpapier, Wasser und Seife.» Als Beispiele öffentlicher Gebäude nennen sie das Freizeit-, Sport- und Eventzentrum Tägi, Schulen, Räume der Jugendarbeit und das Wettinger Rathaus. Mia Gujer sagt:
«Nach konservativen Schätzungen summiert sich nur schon der Grundbedarf an Menstruationsartikeln im Leben auf 4800 bis 7200 Franken.»
Diese Kosten müssten die menstruierenden Menschen heute alleine tragen. Doch sie haben diese natürliche Körperfunktion nicht frei gewählt, sondern sie wurde ihnen angeboren. Die Kosten einseitig nur den menstruierenden Menschen zu überlassen, widerspreche der Gleichstellung. Tampons und Binden in öffentlichen Gebäuden kostenlos zur Verfügung zu stellen, sei ein Schritt, um diese Ungleichheit zu vermindern.
Gujer ist sich bewusst, dass es sich um einen «progressiven Vorstoss» handle und ihr seien beim Einreichen der Motion auch einige verdutzte Blicke im Einwohnerrat aufgefallen. «Ich kann nur schwer abschätzen, wie die Wettinger Politik darauf reagieren wird, ob sich ein Graben zwischen den Geschlechtern oder den Parteien auftut», sagt die Co-Präsidentin der Fraktion SP/WettiGrüen.
Den beiden Jungpolitikern ist es aber wichtig, über das Thema zu diskutieren und es zu enttabuisieren: «Junge Frauen, gerade Schülerinnen, erleben dadurch einen offenen und rationalen Umgang mit dem Thema Menstruation.» Auch ist es ihnen ein Anliegen, menstruierenden Menschen den Alltag zu erleichtern:
«Stress und Bedenken wegen unangenehmer Situationen werden vermindert.»
Auch müssten Obdachlose oder Personen mit geringem Einkommen, die sich Menstruationsartikel nicht leisten können, nicht mehr auf improvisierte oder unhygienische Notlösungen zurückgreifen.
Gratis-Menstruationsartikel sind derzeit in mehreren Schweizer Städten ein politisches Thema. Auf nationaler Ebene wird schon länger über die Mehrwertsteuer diskutiert. Tampons und Binden werden mit dem vollen Satz von 7,7 Prozent besteuert. Das sorgt für Unmut. Denn gleichzeitig gibt es Produkte, die als «Güter des täglichen Bedarfs» gelten – etwa Kaviar oder Viagra. Für sie gilt ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von 2,5 Prozent.