Baden
Wettingen will nicht mehr zahlen: «Solidarität geht verloren»

Wettingen hat mehreren Badener Kulturinstitutionen, darunter dem Kindermuseum, keine Beiträge mehr zugesprochen. Das sorgt in Baden für Kritik, denn Baden und Wettingen arbeiten im Kulturbereich sonst eng zusammen.

Carla Stampfli und Andreas Fahrländer
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Wettingen unterstützte das Museum Langmatt bisher mit einem Förderbeitrag. Nun gibt es kein Geld mehr.

Wettingen unterstützte das Museum Langmatt bisher mit einem Förderbeitrag. Nun gibt es kein Geld mehr.

Alex Spichale

Verschiedene Badener Kulturinstitutionen erhalten seit Jahren von der Gemeinde Wettingen einen Förderbeitrag. Darunter waren bisher das Kindermuseum, das Museum Langmatt und das Bluesfestival.

Doch nun hat Wettingen diesen und weiteren Institutionen mitgeteilt, dass ihnen 2018/19 kein oder ein geringerer Beitrag zugesprochen wird.

Daniel Kaysel, Leiter des Kindermuseums, das die Gemeinde Wettingen in den letzten zehn Jahren mit jeweils bis zu 5000 Franken unterstützt hat, ist erstaunt: «Wir finden den Entscheid nicht nachvollziehbar.»

Klar, viele Gemeinden stünden derzeit finanziell unter Druck. So hätten etwa Oberrohrdorf und Obersiggenthal auch keine Beiträge mehr zugesichert. «Doch im Falle der zweitgrössten Gemeinde im Kanton ist das etwas anderes.»

Schliesslich würden viele Wettinger das Kindermuseum besuchen und auch sonst vom kulturellen Angebot in Baden profitieren. «Für die Zusammenarbeit von Baden und Wettingen ist es ein falsches Signal. Auf diese Weise geht auch der Solidaritätsgedanke ein Stück weit verloren», sagt Kaysel.

«Wie eine Stadt verwachsen»

Ähnlich sieht es Markus Stegmann, Direktor des Museums Langmatt. «Ein Förderbeitrag ist eine wichtige Geste der Solidarität.» Wie dem Kindermuseum sprach Wettingen der «Langmatt» in den letzten Jahren jeweils 5000 Franken zu.

Dafür seien die Institutionen auch sehr dankbar, betonen sie. «Ich finde es schade», sagt Stegmann. Sei es in Bezug auf politische Fairness als auch in Anbetracht dessen, wie sich das gesellschaftliche Leben abspiele.

«Letztlich sind Baden und Wettingen wie eine grosse Stadt miteinander verwachsen. Man kennt sich, besucht sich und nutzt die Angebote des anderen. Auf diese Weise ergänzt man sich.»

Stegmann habe Verständnis für den Entscheid, er fände es aber nicht gut, wenn reflexartig an der Kultur gespart und nur noch auf sich geschaut werde. «In der Kultur ist man aufeinander angewiesen.»

Auch der Gruppe für neue Musik Baden, dem Verein Kulak, dem Nordportal, Sinfonia Baden, Trigon-Film aus Ennetbaden und Argovia Philharmonic werden im Budgetvorschlag 2018 bis 2021 keine Förderbeiträge zugesprochen.

Zudem werden die Beiträge für die Wettinger Kammerkonzerte, die Schola Cantorum, das ThiK und das Bluesfestival Baden gekürzt. Hingegen erhalten das Kino Orient 5000 Franken mehr, die Tambourenvereinigung 1000 Franken und das Stella Maris Orchester neu 3000 Franken.

Dem Bluesfestival zahlte Wettingen bisher 7000 Franken, im Budgetvorschlag sind noch 3000 Franken pro Jahr vorgesehen. «Ich finde das sehr bedauerlich», sagt Susanne Slavicek, Präsidentin des Bluesfestivals.

Es widerspreche dem Gedanken einer Zentrumsstadt, von der die ganze Region profitiert und sich dafür gegenseitig solidarisch zeige. Für das Festival, das jedes Jahr im Frühsommer stattfindet, entspreche dieser Betrag etwa der Gage von ein bis zwei Bands.

«Ich finde es ein sehr schlechtes Zeichen in der heutigen Zeit», sagt Slavicek, die für das Team Baden im Einwohnerrat politisiert. Politisch könne man vermutlich nicht viel unternehmen gegen den Entscheid.

Sie habe beim Wettinger Kultursekretär nach einer Begründung gefragt, bisher aber nichts gehört. Ihm will sie keinen Vorwurf machen. «Aber eine Begründung wäre hilfreich.»

Die Gemeinde Wettingen sieht sowohl wiederkehrende Beiträge als auch einmalige Förderungen vor. Institutionen können dafür einmal bzw. dreimal pro Jahr ein Gesuch stellen. Das Budget sieht für 2018 insgesamt 256 300 Franken vor, davon sind 60 000 für einmalige Förderungen vorgesehen. 2017 waren noch 288 600 Franken budgetiert, davon 45 000 für einmalige Förderungen. Wiederkehrende Beiträge erhalten unter anderem das Blasorchester Baden-Wettingen, die Eduard-Spörri-Stiftung, das Figurentheater Wettingen, das Kino Orient und die Wettinger Kammer- sowie Sommerkonzerte. Einmalige Beiträge wurden 2017 unter anderem für die Jazztage in der Stanzerei Baden (Jazz geht Baden) gesprochen, für das Konzert Himmelslichter (Vocalino Wettingen) und für die Ausstellung Orte der Zeit (Galerie 94, Baden) gesprochen. Wer für das laufende Jahr projektbezogene Beiträge erhält, wurde noch nicht publiziert. Die Empfänger der vorangegangenen Jahre sind auf der Website der Gemeinde ersichtlich.

«Keine unendlichen Ressourcen»

Weshalb hat sich die Gemeinde Wettingen entschieden, verschiedenen Badener Institutionen keine oder kleinere Förderbeiträge zuzusprechen?

«Wir wollen eine möglichst vielfältige Palette an Institutionen unterstützen», sagt der parteilose Gemeinderat und Kulturvorsteher Philippe Rey. «Doch dafür haben wir nicht unendlich viele Ressourcen zur Verfügung.»

Umgekehrt sei es nicht selbstverständlich, dass man jahrelang Geld hin- und herschiebt. «Wir haben keine Bringschuld.» Die Kulturkommission prüfe Jahr für Jahr und anhand des Budgets, welche Anträge gutgeheissen würden.

Nach welchen Kriterien dies geschieht, gibt er nicht preis. «Das sind Interna.» Auch werde nie begründet, weshalb ein Gesuch abgelehnt wird. «Das würde zu endlosen Diskussionen führen», sagt Rey, der die zwölfköpfige Kulturkommission präsidiert.

Und wie entgegnet Rey der Kritik, dass mit dem Wegfall von Förderbeiträgen der Solidaritätsgedanke verloren geht? «Ein negativer Bescheid ist nie gegen eine einzelne Kulturinstitution gerichtet», betont er.

Das habe auch nichts mit der Beziehung zwischen Baden und Wettingen zu tun. «Wir beteiligen uns mit fünf Millionen Franken am Umbau des Kurtheaters, und jährlich mit 95 000 Franken an der Theaterstiftung.

Baden wiederum unterstützt uns bei der Sanierung des ‹Tägi›. Das ist gelebte Solidarität.» Zudem könnten Institutionen jederzeit wieder Anträge für wiederkehrende oder einmalige Beiträge stellen.

In der Rechnung des Kindermuseums fällt nun ein Puzzleteil weg, wie Leiter Daniel Kaysel sagt: «Jetzt müssen wir uns auf die Suche nach einem neuen Partner machen.»

Auch das Museum Langmatt muss nun schauen, wo es sparen kann. «Unser Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm 2018 haben wir bereits im Januar publiziert. Nachträglich können wir nicht einfach etwas wieder streichen», sagt Direktor Markus Stegmann.

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