Daniela Jeanneret über das Schaulaufen im Shoppingcenter – und über gute Vorsätze im neuen Jahr.
Die Zeiten, in denen ich als Jugendliche den ganzen Tag im Shoppingcenter in Spreitenbach verbracht habe, sind Gott sei Dank vorbei. Adventure-Rooms, süsse Cafés und die freie Natur haben es mir letztendlich mehr angetan, als in einem Center mehrere Stunden grundlos hin und her zulaufen. Nichtsdestotrotz musste ich mich letztens – ausgerechnet an einem Samstag – in genau dieses Shoppingcenter stürzen. Wie jedes Jahr hatte ich es nämlich versäumt, rechtzeitig an Weihnachtsgeschenke zu denken. Klar könnte man die auch anderswo besorgen, doch mir blieb nur wenig Zeit und immerhin wusste ich schon ganz genau, was ich schenken wollte.
Der Plan, an diesem Samstag früh aufzustehen und das Shoppi Tivoli quasi als Erste zu betreten, hat natürlich nicht geklappt. Der Wecker hat wohl nicht richtig funktioniert. Mit einem leichten Kater und im Grufti-Outfit kam ich etwa um 13 Uhr im Kaufhaus an. Klar, es war ganz schön überfüllt. Schon vor der Schiebetür gab es Stau. Doch das Schlimme war für die meisten nicht die Menschenmenge, sondern ICH.
Anfangs wusste ich noch nicht wirklich, weshalb mich alle so komisch anstarrten. Und auch nach anstrengendem Gepose vor dem Spiegel verstand ich die komischen Blicke nicht. Bis mir meine Bekannte Brigit mit geschocktem Blick entgegenlief. «Daniela, ist etwas passiert? Wie siehst Du denn aus?» Zu meiner Rechtfertigung würde ich an dieser Stelle noch gerne klarstellen, dass ich total normal aussah, etwa so wie auf diesem weniger guten Foto von mir neben dieser Kolumne. Während ich mir eine schlagfertige Antwort auf ihre Frage überlegte, nahm ich zum ersten Mal meine Umgebung war. Und endlich wurde mir alles klar. Das Shoppingcenter hatte sich in eine Modeschau verwandelt. Egal, wo ich hinblickte, sah ich stark geschminkte, durchgestylte Menschen, und ich war für dieses Spektakel eindeutig nicht richtig angezogen.
Schnell ging ich in eine Parfümerie und fragte, ob ich mich jemand schminken könnte. «Einmal das Übliche bitte.»
«Sie sind zum ersten Mal hier, was soll das denn bitte schön sein?»
«Ich würde gerne normal aussehen, so wie alle», sagte ich. Und obwohl ich danach mein Spiegelbild nicht erkannte und mein Vater einen Schrei ausstiess, als er mich sah, schien die Kaufhauswelt wieder in Ordnung zu sein.
Alles war gut, bis ich zu Hause war und meine Nachbarin fragte: «Frau Jeanneret, wie sehen Sie denn aus?» Ich sagte nur: «Herrgott! Kann ich es denn niemandem recht machen?», und schlug die Tür zu.
Doch sie hatte recht, ich sah furchtbar aus. Dank Kater, Unsicherheit und einer übereifrigen Kosmetikerin hatte ich doch tatsächlich vergessen, auf was ich alles allergisch bin. Meine nächsten paar Einkäufe spielten sich online ab, denn dieser Anblick war unzumutbar. Aber meine Lehre zog ich trotzdem daraus: Online einkaufen ist total öde, ungeschminkt ist besser als aufgeblasen und dieses Jahr, diesmal wirklich, kaufe ich die Weihnachtsgeschenke im Oktober.
*Daniela Jeanneret ist 25 Jahre alt und arbeitet in einer Werbeagentur. Sie ist in Spreitenbach
aufgewachsen und lebt in Neuenhof.