Baden
Wie stark ist unsere vermeintliche Selbstbestimmung gelenkt?

Im 2. Café Philo im Chorherrenhaus wird über Willensfreiheit und die Einschränkung dieser diskutiert. So ist etwa eine Frage: «Wie stark schränken wir uns selber durch Ängste und Vorurteile ein?»

Ursula Burgherr
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Roman Günter.

Roman Günter.

Das Café Philo ist ein Gesprächsraum, der zum öffentlichen Philosophieren einlädt. Menschen jeglichen Alters und in allen Lebenslagen treffen sich zum Debattieren. In der zweiten Ausgabe im Chorherrenhaus Baden fordert Gesprächsführer Roman Günter aus Feldbach ZH das Publikum dazu auf, über das Thema «Willensfreiheit» zu diskutieren.

Wie frei ist der Mensch in seinem Denken, Fühlen und Handeln? Gibt es da Unterschiede? Gemäss neusten Resultaten der Hirnforschung geschieht unser Tun keineswegs aus Freiheit, sondern als Folge eines neurobiologischen Uhrwerks, das unbeeinflussbar hinter unserem Rücken tickt.

Die massive Infragestellung der Willensfreiheit ist verstörend, betrachtet sich das Individuum doch als Wesen, das selbstbestimmt und intuitiv handelt. Wie stark wird aber diese vermeintliche Selbstbestimmung von Faktoren gelenkt und dominiert, die uns gar nicht bewusst sind? Ist ein reicher Mensch freier als ein armer? Können wir durch die vielen Regulative in unserer Gesellschaft überhaupt noch eigene Entscheidungen treffen?

Wie stark schränken wir uns selber durch Ängste und Vorurteile ein? Diese und viele andere Fragen werden an den drei Abenden beleuchtet. «Ziel ist es nicht, zu einem endgültigen Schluss oder einer Lösung zu kommen, weil es das bei solch komplexen Themen gar nicht gibt», sagt Günter, «wir zeigen Denkmodelle auf und diskutieren sie anhand von praktischen Beispielen. Dann machen wir eine Auslegeordnung über die verschiedenen Meinungen und Erkenntnisse, die während der Diskussionen an den Tag kommen.»

Das sei für jeden Teilnehmenden eine Horizonterweiterung und eröffne jeweils neue Denkräume, freut sich der Café-Philo-Leiter. Wer am Gesprächszyklus über «Willensfreiheit» teilnehmen will, braucht kein Fachwissen. Die Lust am gemeinsamen Gedankenaustausch ist die einzige Voraussetzung.

Die Themen gehen uns alle an

Günter, ursprünglich Mathematiker, geriet mit 50 in eine berufliche Sinneskrise. War das schon alles? Weil er den essenziellen Fragen des Lebens auf den Grund gehen wollte, studierte er Philosophie.

Heute fühlt er sich erfüllt, arbeitet als freischaffender Philosoph und organisiert mit seiner Frau Kulturreisen in Italien. Das Café Philo rief er in mehreren Schweizer Städten ins Leben. Letzten Frühling auch in Baden.

Thema des ersten Zyklus war «Würde». Günters Vorbild ist der französische Schriftsteller Marc Sautet, welcher 1992 das erste philosophische Café in Paris aus der Taufe hob.

Es wird noch heute, 7 Jahre nach seinem Tod, jede Woche abgehalten und lädt die Öffentlichkeit dazu ein, über ein bestimmtes Thema zu diskutieren. «Sautet war es ein Anliegen, dass die existenziellen Fragen der Philosophie nicht nur in den heiligen Hallen der Universitäten zur Sprache kommen, sondern in ein breites Publikum hinausgetragen werden.

Dreiteiliger Zyklus im Chorherrenhaus (1. Stock), Kirchplatz 12, 3./10./17. Dezember jeweils 19 bis 21 Uhr. Voranmeldung erforderlich: roman.guenter@philocafe.ch oder 055 210 97 77.